Merz scheitert mit Stromsteuerkompromiss: Entlastung für private Haushalte verschoben

Trotz stundenlanger Verhandlungen im Koalitionsausschuss bleibt die Stromsteuer ein Zankapfel der Bundesregierung. Eine Entlastung für private Haushalte wird erneut vertagt, während Industrie und Landwirtschaft profitieren. Die Union macht das Bürgergeld verantwortlich, die SPD kontert mit Warnungen vor einem sozialen Kahlschlag. Eine Einigung gab es jedoch bei der Mütterrente.
Die inhaltliche Baustelle bleibt: Keine Einigung zwischen Union und SPD bei den Beratungen im Kanzleramt zur Stromsteuer-Senkung.
Die inhaltliche Baustelle bleibt: Keine Einigung zwischen Union und SPD bei den Beratungen im Kanzleramt zur Stromsteuersenkung.Foto: Christoph Soeder/dpa
Von 3. Juli 2025

Obwohl die Spitzen von Union und SPD am Mittwoch, 2. Juli, eine Marathonsitzung über 5 Stunden im Koalitionsausschuss absolvierten, gelangten sie bei der Stromsteuer zu keiner Einigung über eine allgemeine Senkung. Wie Koalitionskreise der „Deutschen Presse-Agentur“ anvertrauten, bleibe es bei der bereits zuvor im Kabinett vereinbarten Vorgehensweise.

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte im Vorfeld des Koalitionsausschusses zugesagt, sich um mögliche Kompromisse bemühen zu wollen. Allerdings hatten sich bereits erhebliche atmosphärische Störungen zwischen den Regierungspartnern gezeigt.

Stromsteuer soll für etwa 600.000 Unternehmen sinken

In einem gemeinsamen Ergebnispapier, über das der MDR berichtet, werden Entlastungen angekündigt, „sobald hierfür finanzielle Spielräume bestehen“. Zu welchem Zeitpunkt das sein könnte, blieb offen. Merz hatte in der Sendung „Maischberger“ am Dienstag in Aussicht gestellt, man wolle „mehr tun für die privaten Haushalte“, wenn es dafür im Haushalt Spielräume gebe.

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Vorerst sollen nun Industrie sowie Land- und Forstwirtschaft von der „Verstetigung“ der geringeren Belastung profitieren. Immerhin soll es ab 1. Januar 2026 Erleichterungen bei den Energiepreisen durch Senkung der Netzentgelte und das Aus für die Gasspeicherumlage für Gaskunden geben.

Diese Maßnahme werde für alle Haushalte eine Entlastung „um bis zu drei Cent pro Kilowattstunde (kWh)“, heißt es nun aus der Koalition. Das würde für eine vierköpfige Familie eine Einsparung von bis zu 100 Euro im Jahr bedeuten. Vorerst soll die Senkung der Stromsteuer hingegen nur für etwas mehr als 600.000 Unternehmen gelten.

Union macht Bürgergeldaufwuchs für Engpass verantwortlich

Die Union hatte am Haushaltsentwurf von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil für 2025 Anstoß genommen. Obwohl der Koalitionsvertrag einen solchen Schritt als „Sofortmaßnahme“ zur Entlastung aller Bürger vorgesehen hatte, sollte die Stromsteuer nur für wenige Gruppen sinken.

Obwohl auch Bundeskanzler Friedrich Merz sowie die eigenen Mitglieder der Bundesregierung den Entwurf mitgetragen hatten, forderten Funktionäre von CDU und CSU Nachbesserungen. Das Bundesfinanzministerium hatte deutlich gemacht, dass eine allgemeine Senkung der Stromsteuer bereits im kommenden Jahr etwa 5,4 Milliarden Euro kosten würde.

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Die Union wollte dafür das Bürgergeld. CSU-Chef Markus Söder sprach von „Rekordausgaben“ in diesem Bereich und machte diese für den Finanzierungsengpass bei der Stromsteuer verantwortlich. Söder meinte, dass „wir deswegen andere wichtige Anliegen wie Entlastungen bei der Stromsteuer aufschieben müssen“.

Bas: Einsparungen von 5,4 Milliarden Euro bei Grundsicherung illusorisch

Auch Unionsfraktionschef Jens Spahn und der CSU-Landesgruppenchef sahen die nach Beginn des Ukraine-Krieges 2022 tatsächlich angewachsenen Kosten für das Bürgergeld „aus dem Ruder laufen“. Es brauche dort „signifikante Einsparungen“. Wie auch CSU-Chef Söder wollten sie das Thema im Koalitionsausschuss noch einmal ansprechen.

Die SPD winkte allerdings ab. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas, die seit dem Wochenende auch Co-Parteichefin ist, machte deutlich, dass es einen „Sozial-Kahlschlag mit mir nicht geben“ werde. Man sei sich in der Koalition zwar über eine Weiterentwicklung der Grundsicherung einig, diese müsse allerdings mit „Augenmaß und Gerechtigkeit“ vor sich gehen.

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Bas hatte im Vorfeld die Vorstellung der Union, durch Sanktionen und Einsparungen beim Bürgergeld die Stromsteuersenkung für alle finanzieren zu können, als illusorisch bezeichnet. Das Einsparungspotenzial bei der Grundsicherung, die zuletzt insgesamt etwa 46 Milliarden Euro gekostet hatte, sei nicht annähernd groß genug.

Ähnlich sieht es SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf. Er betonte im ARD-„Morgenmagazin“, im Haushaltsentwurf für das nächste Jahr sei beim Bürgergeld 1 Milliarde Euro an Einsparungen vorgesehen. Für 2027 könne man mit 3,5 Milliarden Euro rechnen. Das sei jedoch voraussichtlich das Ende der Fahnenstange, mehr werde man nicht erzielen können:

„Das Bürgergeld ist dafür da, Leute in Arbeit zu bringen. Und das kostet eben auch Geld.“

Kuban wollte die Senkung der Stromsteuer über Kürzung bei Wärmepumpen „retten“

CDU-Energiepolitiker Tilman Kuban schlägt auch Einsparungen von rund 16 Milliarden Euro für die Wärmepumpenförderung vor. Wer mit Strom heize, könne direkt von gesunkenen Preisen infolge einer damit finanzierten Stromsteuersenkung profitieren. Konkrete Zahlen legte er jedoch nicht vor, als er „Bild“ seinen Vorschlag unterbreitete.

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Unterdessen warf SPD-Haushaltspolitiker Thorsten Rudolph der Union vor, diese würde „offenbar die Rolle der FDP in der Ampel übernehmen wollen und Koalitionskompromisse sofort wieder infrage stellen“. Bislang hätten lediglich Bärbel Bas und Reem Alabali-Radovan auf Ministerebene signifikante Beiträge zur Haushaltskonsolidierung geleistet.

Neuregelung bei Mütterrente wird vorgezogen

Wolle die Union bei konsumtiven Ausgaben sparen, solle sie „zuallererst auf ihre extrem teuren Wahlgeschenke bei Gastronomie, Agrardiesel und Mütterrente verzichten“, so Rudolph gegenüber „Politico“. Nun hat sich die Koalition jedoch bei Ausweitung der Mütterrente auf vor 1992 geborene Kinder geeinigt.

Für diese sollen die Kindererziehungszeiten im Umfang von drei statt wie bisher zweieinhalb Jahren erhöht werden. Die Neuregelung soll zum 1. Januar 2027 in Kraft treten. Die Deutsche Rentenversicherung hatte diese erst ab 2028 für realistisch erachtet – aufgrund der Vielzahl der individuellen Anträge, die zu prüfen seien. Nun heißt es, die Auszahlung soll notfalls rückwirkend erfolgen.



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