Merz wollte AfD wegregieren – wie ist der Stand nach 100 Tagen?

Bei der Bundestagswahl landete die AfD hinter der Union auf Platz zwei, doch das Kräfteverhältnis verschiebt sich in Umfragen seither immer weiter in Richtung AfD. Die AfD feiert den Zwischenerfolg und leitet daraus einen Anspruch auf Mitwirkung ab, CDU und CSU sind alarmiert.
Schließlich ist die Regierung von Kanzler Friedrich Merz (CDU) auch angetreten, um die AfD politisch „wegzuregieren“. Nach nun 100 Tagen im Amt hat das bisher nicht geklappt. Die Gründe sind verschieden.
Die Lage
Gleich in den Wochen nach der Bundestagswahl legte die AfD von ihrem Wahlergebnis von 20,8 Prozent in den Umfragen weiter zu. Einen kleinen Dämpfer gab es im Mai und Juni, also nach dem Start der Regierung am 7. Mai. Anschließend stiegen die Umfragewerte wieder, die der Union gingen hingegen leicht runter.
Zwar ist eine Bilanz nach 100 Tagen schwierig – vom selbst gesteckten Ziel, die AfD durch Regierungshandeln klein zu machen, ist Merz aber weit entfernt.
Im Gegenteil: Laut Forsa-Umfrage für RTL und ntv vom 12. August liegt die AfD mit 26 Prozent auf Platz eins – CDU und CSU zusammen bei nur noch 24 Prozent auf Platz zwei.
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Migration
Dabei wollte die Union in der Regierung einiges tun, um der AfD das Wasser abzugraben und die hohen Flüchtlingszahlen senken, die die AfD einst groß gemacht hatten. So hat Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) seine gleich am ersten Tag im Amt verkündete Entscheidung der verschärften Grenzkontrollen in Zusammenhang mit der AfD gestellt.
Und auch insgesamt wickelt die schwarz-rote Bundesregierung Stück für Stück die Migrationspolitik der SPD-geführten Ampel-Regierung ab: Aussetzung des Familiennachzugs, leichtere Feststellung sicherer Herkunftsländer, Abschaffung einer schnelleren Einbürgerung.
Die AfD selbst spricht von „Symbolpolitik“ und weist auf die geringe Wirkung etwa bei den Zurückweisungen hin. „Nicht wenige Menschen blicken nach wie vor skeptisch auf die Arbeit der Bundesregierung“, sagt der Politologe Uwe Jun von der Universität Trier der Nachrichtenagentur AFP mit Blick auf den hohen Zulauf für die AfD.
Brandmauer
Über den Umgang mit der AfD und ihrem Erstarken streitet die Union indes weiter. Fraktionschef Jens Spahn (CDU) sorgte in den eigenen Reihen für Diskussionen mit seinem Vorstoß, die AfD im Bundestag so zu behandeln wie die anderen Fraktionen auch. AfD-Politiker wurden erneut nicht in leitende Posten wichtiger Gremien wie dem Präsidium und den Ausschüssen gewählt.
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Der Politologe Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel wirft im AFP-Gespräch der CDU vor, nicht verstanden zu haben, „dass sie durch die Besetzung der AfD-Themen nicht die CDU stark macht, sondern die AfD“.
Er nennt exemplarisch die Abstimmung zur Migrationspolitik vor der Wahl, als die CDU trotz des Unvereinbarkeitsbeschlusses „die AfD als Unterstützer eingeplant hat und damit eine indirekte Kooperation eingegangen ist“. Schröder sagt: „Indem man dieses Migrationsthema so vordergründig stark gemacht hat, hat man gleichzeitig auch die Agenda der AfD bedient.“
Politikverdruss
Als ein Teil des AfD-Erfolgs gilt seit jeher die generelle Unzufriedenheit mit dem Staat und der Regierung. Bei vielen AfD-Anhängern sei nun „die Zuversicht nicht in großem Maße zurückgekehrt. Dort herrscht der Eindruck vor, dass der Staat nicht in dem Maße funktioniert, wie sie sich das wünschen“, sagt Jun.
„Die sehen nicht, dass es große Veränderungen zur Ampel-Koalition gibt.“ Dabei sei das nicht zu erwarten gewesen, „weil die Union nun mit der SPD regiert, die ja die stärkste Partei der Ampel-Koalition war“.
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Ursula Münch von der Akademie für politische Bildung in Tutzing analysiert, dass die AfD vor allem das Wählerklientel anspreche, das die Politik grundsätzlich nicht für fähig hält.
„Es war ein ganz großes Problem, diese ganzen Vorsätze der AfD klein zu halten“, sagt Münch AFP. Die AfD behaupte, „eine Mehrzahl der Bürger wolle doch eine Koalition oder eine Regierung rechts der politischen Mitte und jetzt habe man wieder diese linke Politik“. Das verfange „ganz stark bei den Leuten“.
(afp/red)
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