Bis zu 5,4 Billionen Euro für die Energiewende: Massive Belastung für Wirtschaft und Verbraucher

Die deutsche Energiewende könnte zum milliardenschweren Risiko für Wirtschaft und Verbraucher werden. Eine neue Studie warnt vor explodierenden Investitions- und Systemkosten, die den Standort Deutschland massiv belasten. Der Bundesrechnungshof sah schon im vergangenen Jahr die Bezahlbarkeit der Stromversorgung in Gefahr.
Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums müssen für die Energiewende bis 2045 rund 18.000 Kilometer an Netz verstärkt oder ausgebaut werden.
DIHK-Studie warnt: Ohne Kurswechsel drohen durch Netzausbau und Energieimporte explodierende Stromkosten.Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa
Von 4. September 2025

In Kürze:

  • Studie von Frontier Economics warnt: Energiewende könnte 4,8 bis 5,4 Billionen Euro kosten und Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit gefährden.
  • Erforderliche private Investitionen müssten bis 2035 auf bis zu 316 Milliarden Euro jährlich steigen.
  • DIHK fordert „Plan B“: technologieoffener Ansatz, internationaler CO₂-Zertifikatehandel und weniger Regulierung.
  • Einsparpotenzial von über 1 Billion Euro möglich – bei flexiblerer Umsetzung und Kostenbewusstsein.

 

Die deutsche Energiewende könnte langfristig deutlich teurer werden als bislang angenommen und Unternehmen wie Haushalte gleichermaßen stark belasten. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Wirtschaftsberatungsgesellschaft Frontier Economics im Auftrag der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Unter dem Titel „Neue Wege für die Energiewende (‚Plan B‘)“ legt sie dar, dass der gegenwärtige Kurs die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland gefährden könnte.

Die Autoren beziffern die jährlichen privaten Investitionen, die für die Energiewende erforderlich sind, auf 113 bis 316 Milliarden Euro im Jahr 2035. Das entspricht mehr als eine Verdopplung gegenüber den durchschnittlich 82 Milliarden Euro, die zwischen 2020 und 2024 in die Sektoren Energie, Industrie, Gebäude und Verkehr investiert wurden. Zum Vergleich: Die gesamten privaten Investitionen in Deutschland beliefen sich laut Angaben der DIHK im Jahr 2024 auf rund 770 Milliarden Euro. Damit müsste das Investitionsvolumen um 15 bis 41 Prozent steigen, um die Energiewende in ihrer derzeitigen Form umzusetzen.

Belastung in Billionenhöhe

Besonders ins Gewicht fallen laut Studie die Gesamtkosten des Energiesystems. Für den Zeitraum 2025 bis 2049 werden diese auf 4,8 bis 5,4 Billionen Euro geschätzt. Dazu zählen nicht nur Investitionen in Erzeugungskapazitäten und Infrastrukturen, sondern auch laufende Ausgaben für Netzbetrieb, Kraftwerke und Energieimporte. Allein die Kosten für importierte Energie liegen demnach bei 2,0 bis 2,3 Billionen Euro. Hinzu kommen rund 1,2 Billionen Euro für Netze, 1,1 bis 1,5 Billionen Euro für Investitionen in die Energieerzeugung sowie etwa 500 Milliarden Euro für Betriebskosten von Anlagen.

 

Foto: Bildschirmfoto Frontier Economics

DIHK-Präsident Peter Adrian äußerte sich besorgt: „Die Zahlen zeigen: Mit der aktuellen Politik ist die Energiewende nicht zu stemmen. Dabei funktioniert die Energiewende nur mit einer leistungsfähigen Wirtschaft.“ Investitionen in neue Anlagen brächten häufig keinen direkten Ertrag. Sie müssten zunächst an anderer Stelle erwirtschaftet werden, was die finanzielle Belastung für Unternehmen wie auch für Verbraucher erhöhe. Adrian weiter:

„Die Belastung erreicht ein Niveau, das unseren Wirtschaftsstandort, unseren Wohlstand und damit auch die Akzeptanz der Energiewende gefährdet.“

[etd-related posts=“5212279″]

Zugleich warnt er vor den Folgen für die Industrie: „Ein zu hoher Transformationsdruck in Form unrealistischer Vorgaben führt zu extrem hohen und weiter steigenden Kosten, Fehlallokationen und Ineffizienzen.“ Schon jetzt verlager­ten energieintensive Unternehmen Teile ihrer Produktion ins Ausland – mit Konsequenzen für Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Deutschland.

Vorschlag für einen „Plan B“

Die von Frontier Economics erarbeitete Studie schlägt einen alternativen Ansatz vor. Im Mittelpunkt steht ein umfassender CO₂-Zertifikatehandel. Dieser soll regelmäßig an internationale Entwicklungen angepasst werden, damit Deutschland ambitionierte Klimaziele verfolgt, ohne durch nationale Alleingänge Wettbewerbsnachteile zu riskieren.

Darüber hinaus empfehlen die Experten, die Regulierung insgesamt zu entschlacken und den Wettbewerb zwischen Technologien zu verstärken. Die bestehende Energieinfrastruktur solle, soweit möglich, weiter genutzt werden. Besonders die Gasnetze könnten künftig Wasserstoff und klimaneutrales Erdgas transportieren. Dabei soll auch die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage, CCS) eine Rolle spielen. Zusätzlich könnten Investitionen in zertifizierte Klimaschutzprojekte im Ausland angerechnet werden.

Die potenziellen Einsparungen sind erheblich: Bis 2050 ließen sich laut Studie 530 bis 910 Milliarden Euro vermeiden – das entspricht 11 bis 17 Prozent der Gesamtkosten. Weitere 80 bis 220 Milliarden Euro könnten eingespart werden, wenn das Ziel der Klimaneutralität um wenige Jahre verschoben würde. Insgesamt sehen die Gutachter die Chance, durch internationale Kooperation und technologieoffene Strategien über eine Billion Euro an Kosten zu reduzieren.

[etd-related posts=“5184629″]

Neben den langfristigen Perspektiven betont die Studie auch kurzfristige Handlungsmöglichkeiten. So sollte die Förderung erneuerbarer Energien für Anlagen, die sich bereits am Markt behaupten können, auslaufen. Neue Gaskraftwerke sollten nicht über staatliche Zuschüsse, sondern durch marktwirtschaftliche Mechanismen finanziert werden. Eine Möglichkeit wäre die Einführung einer Absicherungspflicht für Stromversorger.

Zudem fordert der DIHK eine übergreifende Netzplanung sowie einen effizienteren Energiemix, in dem auch alternative Optionen wie Biomethan, blauer Wasserstoff oder mit CCS dekarbonisiertes Erdgas berücksichtigt werden.

Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer, kritisierte zudem die hohe Komplexität regulatorischer Vorgaben:

„Die Transformation stockt bei Unternehmen und Verbrauchern, weil sie durch energiewendebedingte Regulierung und Bürokratie belastet und zunehmend überfordert sind.“

Insbesondere auf europäischer Ebene sei durch den Green Deal ein „Wildwuchs an Bürokratie“ entstanden. Dieser müsse dringend zurückgedrängt werden. Auf nationaler Ebene spricht sich der DIHK für eine Vereinfachung des Gebäudeenergiegesetzes sowie eine Verschlankung der Effizienzgesetzgebung aus.

Stärkeres Kostenbewusstsein und Technologieoffenheit

Noch in diesem Jahr stehen laut der Website des Energiekonzerns Vattenfall mehrere Überarbeitungen und Neueinführungen zentraler Gesetze der Energiewirtschaft an. Dazu gehören Novellen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG), des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), gesetzliche Regelungen zu Kraftwerkskapazitäten und Maßnahmen für den flexiblen Netzbetrieb sowie zur Integration erneuerbarer Energien und Speichertechnologien.

Die DIHK-Vertreter fordern rund um die deutsche Energiepolitik einen Kurs, der stärker auf Kostenbewusstsein und Technologieoffenheit setzt. Nur so könne die Akzeptanz in der Bevölkerung gesichert und die Wirtschaft als Grundlage für wirksamen Klimaschutz erhalten bleiben. „Um die Energiewende erfolgreich zu gestalten, muss sie flexibler und einfacher werden“, sagt Dercks. Es brauche einen Ansatz, der Kosten reduziert, Raum für Innovationen schafft und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes als Voraussetzung für Klimaneutralität ernst nehme.

Bundesrechnungshof warnt vor hohen Strompreisen

Auch der Bundesrechnungshof (BRH) hat bereits vor erheblichen Belastungen durch die Energiewende gewarnt. In einem Sonderbericht vom März des vergangenen Jahres betonte die Behörde, dass eine sichere und bezahlbare Energieversorgung eine Grundvoraussetzung für Wohlstand und wirtschaftliche Stärke sei. Es heißt in dem Bericht:

„Hohe Strompreise stellen ein erhebliches Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung dar.“

[etd-related posts=“4643018″]

Kritisiert wurde insbesondere, dass die Bundesregierung wiederholt mit Steuermitteln in den Strommarkt eingreifen musste, um Kostensteigerungen abzufedern. Ohne Subventionen wären die Strompreise noch höher ausgefallen. So etwa beim geplanten Bau von zehn wasserstofffähigen Gaskraftwerken, die über den Klima- und Transformationsfonds finanziert werden sollen. Der BRH schlussfolgerte, die Bundesregierung erkenne damit selbst an, dass die Strompreise ohne solche Eingriffe nicht tragbar wären.

Ferner beleuchtete der Bericht deutliche Kostensteigerungen im Bereich der Netzentgelte. Zwischen 2013 und 2023 stiegen diese für Haushaltskunden um 43 Prozent, für die Industrie sogar um 84 Prozent.

Auch die Investitionen in Übertragungs- und Verteilernetze haben sich erheblich erhöht und könnten nach neuesten Schätzungen mehrere hundert Milliarden Euro betragen. Infolge dieser Entwicklungen sieht der Bundesrechnungshof die Bezahlbarkeit der Energieversorgung ernsthaft gefährdet. Er forderte die Bundesregierung auf, klare Zielgrößen und Schwellenwerte für eine bezahlbare Stromversorgung festzulegen und mehr Transparenz über die tatsächlichen Kosten der Energiewende zu schaffen.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion