Milliardenkosten ohne Kontrolle? Kritik an Gebaren rund um Flüchtlingsunterkunft in Tegel

In Kürze:
- Berliner Rechnungshof beanstandet mangelhafte Kontrolle und fehlende Ausschreibungen beim Betrieb des Flüchtlingszentrums Tegel
- Betreiber sollen hohe Verwaltungspauschalen kassiert haben – ohne Anreiz, zu sparen
- Team Wallraff deckte bereits im Mai Missstände bei Unterbringung und Betreuung auf
In Berlin sind erneut Vorwürfe über Ineffizienz im Zusammenhang mit den Kosten für die Flüchtlingsunterkunft Tegel laut geworden. Seit Beginn des Ukraine-Krieges befindet sich auf dem früheren Flughafen ein Gebäudekomplex, der dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) zufolge mehr als 6.000 Geflüchtete aufnehmen kann.
In den ersten Betriebsjahren der Unterkunft waren bis zu 5.000 Menschen dort untergebracht. Heute sind es infolge der sinkenden Ankunftszahlen nur noch etwa halb so viele. Bis Ende des Jahres sollen alle noch dort verbliebenen Geflüchteten den Komplex verlassen. Ab 2026 soll es bis vorerst 2031 nur noch ein sogenanntes Ankunftszentrum geben. In Containerunterkünften sollen bis zu 2.600 Personen zur Registrierung und vorübergehenden Aufnahme dort untergebracht werden.
Flüchtlingsunterkunft Tegel wird Ende 2025 umstrukturiert
Das Zentrum war in der Vergangenheit mehrfach in die Kritik geraten. Eine Mannschaft des „Team Wallraff“ hatte im Mai 2025 eine schonungslose Bestandsaufnahme über Zustände in der Unterkunft veröffentlicht. Darin beanstandeten sie unter anderem eine unzureichende Unterbringung mit wenig Platz und ohne Privatsphäre. Außerdem wirkten die dortigen Beschäftigten unausgelastet, während ihnen für sinnvolle Betreuungsaufgaben die Hände gebunden gewesen seien.
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Bis Ende des Jahres werden 1.400 Beschäftigte abgebaut, deren Verträge mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) auslaufen, berichtete der RBB. Nach jetzigem Stand werden die Verträge nicht verlängert. Ob es sich bei der Maßnahme um eine Flucht nach vorn handelt, ist unklar. An den bisherigen Verträgen von Trägern der Einrichtung – wie dem DRK oder der landeseigenen Messe Berlin – gab es zuletzt jedenfalls harsche Kritik.
So seien allein im Jahr 2023 mehr als 298 Millionen Euro in den Unterbringungskomplex geflossen. Wie das Reporterteam aus der Einsichtnahme in die Verträge erfuhr, konnten die Träger eine zusätzliche Verwaltungspauschale auf Kosten verlangen – beispielsweise jenen für das Personal. Allein schon dies habe keinen Anreiz dargestellt, eigene Kosten gering zu halten.
Ein System ohne Sparanreize in „Deutschlands teuerster Unterkunft“
Nun berichtet auch der „Tagesspiegel“, dass Kosteneffizienz und Sparsamkeit nicht wirklich zu den vorrangigen Zielen beim Betrieb von „Deutschlands teuerster Flüchtlingsunterkunft“ gehört hätten. So habe der Berliner Rechnungshof in einer Prüfmitteilung beanstandet, dass die Messe Berlin Rechnungen der von ihr beauftragten Sicherheitsfirma nur oberflächlich geprüft habe.
Es gehe um Rechnungen in einem Gesamtumfang von 100 Millionen Euro aus den Jahren 2022 und 2023. Der Rechnungshof habe die Prüfmitteilung an das LAF und an die Messe gerichtet. Die Messe soll zudem die Vergaberichtlinien im Vorfeld des Vertrages mit dem Sicherheitsdienst nicht eingehalten haben.
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Der 2013 abgeschlossene Rahmenvertrag hätte 2017 neu ausgeschrieben werden müssen, heißt es in der Prüfmitteilung. Dies sei jedoch nicht geschehen. Das Landesamt habe zudem der Messe selbst die Prüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der Einzelrichtungen überlassen, hieß es weiter.
LAF: Vorgehen in Tegel ist „absolut üblich“
Die Messe habe auf der Grundlage der Rechnungen Verwaltungspauschalen in Höhe von 15 Prozent als Aufschlag erhalten. Die Sozialverwaltung habe dieses Vorgehen gebilligt, weil es sich um ein landeseigenes Unternehmen gehandelt habe, dessen Gebaren auch einer politischen Prüfung unterliege.
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Das LAF nannte das Vorgehen „absolut üblich“. Auch die Messe selbst betonte, dass sie jede an sie ergehende Rechnung „sorgfältig in einem mehrstufigen Freigabeprozess“ prüfe. In der Kritik vonseiten des Rechnungshofs steht jedoch nicht der Vorwurf, dass die Rechnungen der Sicherheitsdienste als solche fehlerhaft gewesen wären.
DRK führt hohen Personalaufwand auf großen Andrang und Vorgaben zurück
Jedoch habe die Vereinbarung der Verwaltungspauschalen für die Träger keinen Anreiz geboten, zu hinterfragen, ob der Personaleinsatz in Anbetracht der tatsächlich zu bewältigenden Aufgaben angemessen gewesen sei. Das DRK habe beispielsweise dem Land Berlin im Jahr 2022 monatlich rund 1 Million Euro für den Posten Leitung/Steuerung/Management in Rechnung gestellt.
Der Rechnungshof argwöhnt, dass die Betreiber der Einrichtung ein Interesse daran hatten, möglichst viel Geld durch den Einsatz von Betreuungspersonal auszugeben – unabhängig davon, ob so viel davon tatsächlich benötigt worden wäre. Immerhin hätten höhere Personalkosten eine höhere Verwaltungskostenpauschale nach sich gezogen. Ein System dieser Art sei intransparent und missbrauchsanfällig. Trotz sinkender Asylbewerberzahlen seien nach wie vor 1.400 Beschäftigte in Tegel im Einsatz gewesen.
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Das DRK verwies darauf, dass in Zeiten sehr hohen Andrangs an Schutzsuchenden auch auf externe Dienstleister zurückgegriffen werden musste. Dies habe den Aufwand hochgehalten. Das LAF erklärte im Mai angesichts der Wallraff-Enthüllungen, es sei „richtig, dass die Unterbringung der Geflüchteten nicht der sonstigen Praxis in Unterkünften des LAF entspricht“.
Man sei sich ebenso wie der Senat selbst bewusst, dass die laufenden Kosten zu hoch seien. Auch sei die stadtferne Unterbringung wenig integrationsfördernd. Dennoch sei die Unterkunft nötig, um Geflüchtete vor der Obdachlosigkeit zu bewahren. Der Personaleinsatz richte sich nach Belegung, Dienstzeiten und Sicherheitsvorgaben.
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