Nationaler Sicherheitsrat: Kanzler Merz übernimmt Vorsitz – Beschluss für Ende August geplant

Am 27. August will das Bundeskabinett die Geschäftsordnung für den neuen Nationalen Sicherheitsrat (NSR) beschließen. Das Gremium im Kanzleramt soll künftig alle sicherheitsrelevanten Fragen bündeln, strategische Vorausschau leisten und ressortübergreifend Lagebilder koordinieren. Während die Regierung darin einen Modernisierungsschritt sieht, warnen Kritiker vor einer möglichen Machtkonzentration.
Titelbild
Bundeskanzler Friedrich Merz bei seinem Amtsbesuch in England. Nun wird er den Nationalen Sicherheitsrat leiten.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Von 8. August 2025

In Kürze:

  • Bundesregierung will am 27. August Geschäftsordnung für Nationalen Sicherheitsrat beschließen.
  • Gremium soll den Bundessicherheitsrat ablösen und ressortübergreifend arbeiten.
  • Kanzler Merz führt den Vorsitz, Nachrichtendienste nehmen nach Bedarf teil.

Der Nationale Sicherheitsrat (NSR) für Deutschland, auf dessen Bildung sich Union und SPD im Koalitionsvertrag geeinigt hatten, soll Ende des Monats konkrete Formen annehmen. Am 27. August will das Bundeskabinett dessen Geschäftsordnung beschließen. Schon tags darauf soll diese in Kraft treten. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) berichtete, ist diese bereits an die Ressorts verschickt. Alle Bundesministerien sind zur Mitarbeit aufgefordert.

Kanzler wird Sicherheitsrat führen – Dienste auf Abruf

Der NSR soll den bisherigen Bundessicherheitsrat ablösen, der geheim getagt hatte und vorwiegend für die Genehmigung von Rüstungsexporten zuständig war. Die neue Struktur soll demgegenüber breiter aufgestellt sein, ressortübergreifend arbeiten und Deutschland schneller und besser auf wahrgenommene Herausforderungen und Bedrohungen vorbereiten.

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Alle Fäden sollen bei Bundeskanzler Friedrich Merz zusammenlaufen, der das Gremium auch leiten soll. Stellvertreter soll Vizekanzler Lars Klingbeil sein. Als feste Mitglieder sind die Minister für Auswärtiges, Inneres und Heimat, Verteidigung, Justiz, Wirtschaft, Digitales und wirtschaftliche Zusammenarbeit vorgesehen. Dazu kommt der Kanzleramtschef.

Nicht permanent, aber nach Bedarf ist die Teilnahme der Präsidenten der Nachrichtendienste vorgesehen. Dies betrifft den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz und den Militärischen Abschirmdienst.

Ressortprinzip gewahrt – Koordinierung soll jedoch enger werden

Anders als in den USA wird es keinen eigenen Nationalen Sicherheitsberater geben. Die Einrichtung des neuen Gremiums ist jedoch auch mit einem Stellenaufwuchs verbunden. So werden für den NSR im Bundeskanzleramt 13 neue Stellen geschaffen. Diese sind in drei Referaten organisiert. Sie werden unter der einheitlichen Leitung eines ressortübergreifenden Büroleiters stehen.

Der Nationale Sicherheitsrat soll kein Ersatz für das Kabinett sein. Dennoch soll er dazu befugt sein, in bestimmten Fällen verbindliche Beschlüsse zu fassen. Dies betrifft beispielsweise die Abstimmung von Lagebewertungen oder die strategische Setzung von Prioritäten. Formal bleibt das Ressortprinzip auch unabhängig vom Gebaren des NSR gewahrt. In der Praxis dürfte dieser eine stärkere Koordinierung und Zentralisierung der Regierungsarbeit bedeuten.

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Die Idee, einen Nationalen Sicherheitsrat für Deutschland zu schaffen, ist nicht neu. Bereits nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA hatten Sicherheitsexperten und Politiker wiederholt eine zentralere und strategischer ausgerichtete Sicherheitsarchitektur gefordert.

Sicherheitsrat soll „unterschiedliche Perspektiven zusammenführen“

Ereignisse wie die handstreichartige Machtübernahme der Taliban in Afghanistan oder der Ukraine-Krieg hatten den Handlungsbedarf dringlich erscheinen lassen. Diese hatten erhebliche Mängel in der Krisenkoordination offenbart. Die Lagebilder der Dienste hatten Abweichungen aufgewiesen, die Entscheidungswege waren lang, eine gemeinsame strategische Einschätzung hat es nicht gegeben.

An die Stelle von Flickwerk soll nun dieses strategische Element treten. Deshalb hat sich die Koalition darauf geeinigt, unter Wahrung des Ressortprinzips die strategische Koordination im Kanzleramt zu bündeln. Wie ein Sprecher der Bundesregierung am Mittwoch, 6. August, betonte, sei der NSR notwendig, um „unterschiedliche Perspektiven an der Schnittstelle zwischen innerer und äußerer Sicherheit“ zusammenzuführen.

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Der FAZ zufolge beschreibt der Entwurf der Geschäftsordnung, dass der Rat regulär alle zwei Monate zur Tagung zusammenkommen soll. In Krisenfällen soll er jederzeit auch kurzfristig einberufen werden können. Neben Koordination, strategischer Vorausschau und Vereinheitlichung der Lagebilder soll auch die Krisenvorbereitung eine Rolle in der Arbeit des NSR spielen.

Schnittstelle zu Partnern in EU und NATO

Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) betont, die „verschärfte Bedrohungslage“ erfordere neue Wege in der Sicherheitspolitik. Es gehe nicht nur mehr um klassische militärische Bedrohungen. Frei verweist unter anderem auf hybride Angriffe, Cyberattacken und strategische Abhängigkeiten in Lieferketten.

Im Vorjahr hatte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) einen neuen Höchststand an gemeldeten Cyberangriffen auf Regierungs- und Wirtschaftsziele verzeichnet. Auch hier soll der NSR frühzeitig strategische Gegenmaßnahmen koordinieren. Außerdem soll der Nationale Sicherheitsrat als Schnittstelle zu europäischen und transatlantischen Partnern fungieren.

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Auch Brüssel hatte die Mitgliedstaaten dazu aufgefordert, nationale Sicherheitsstrukturen zu schaffen, die schnellere Entscheidungen auch auf EU- und NATO-Ebene ermöglichen. Befürworter der Einrichtung eines solchen Sicherheitsrats sehen darin eine angesichts veränderter Sicherheitslagen erforderliche Modernisierung. Kritiker hingegen warnen vor einer möglichen Machtkonzentration im Kanzleramt und einer Schwächung parlamentarischer Kontrolle – insbesondere des Zusammenspiels von Politik und Geheimdiensten.

Weitere Machtverschiebung hin zur Exekutive?

Die Grünen-Abgeordnete Shahina Gambir glaubt zwar nicht, dass aus dem neuen Gremium ein Staat im Staate wird, dafür sei dieser mit zu wenig Kompetenzen ausgestattet. Sie gibt auf der Plattform „Europäische Sicherheit und Technik“ über den NSR jedoch zu bedenken:

„Mit ihm droht eine Machtverschiebung zugunsten der Exekutive, bei der demokratische Kontrolle schnell zum Feigenblatt werden kann. Ein ineffizienter Sicherheitsrat mag langsam sein – aber nicht ungefährlich.“

In Summe bleibt Deutschlands Nationaler Sicherheitsrat jedoch bezüglich der Machtfülle hinter den Vorbildern in den USA, Großbritannien und Frankreich zurück. Dies dürfte auch ein Zugeständnis an die föderalen Strukturen und die Rolle des Parlaments sein.



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