Wie Deutschland im Anti-Drohnen-Kampf aufrüstet

Immer mehr Vorfälle mit mutmaßlich russischen Drohnen lassen auch in der Bundesregierung die Alarmglocken läuten: Zu unklar wäre hierzulande derzeit die rechtliche Lage bei einem möglichen Abschuss, zu machtlos wären Polizei und Streitkräfte.
Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) will das baldmöglichst ändern, schon am Mittwoch soll sich das Kabinett mit den Plänen befassen. Auch die Bundeswehr will rasch Versäumnisse aufholen – und, wie es heißt, „Fähigkeitslücken schließen“. Wie ist Deutschland auf die Gefahr in der Luft eingestellt? Ein Überblick:
Warum diskutiert die Politik über Drohnen?
In den vergangenen Wochen meldeten mehrere europäische Länder wie Polen, Litauen, Rumänien, Lettland und Finnland Verletzungen ihres Luftraums. In Kopenhagen und Oslo führten Drohnen-Sichtungen zu Unterbrechungen des Flugverkehrs.
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Europas Spitzenpolitiker gehen von russischen Provokationen aus. Auch in Deutschland ist die Bedrohungslage laut Dobrindt hoch. In Schleswig-Holstein wurden vor einer Woche „Drohnenschwärme“ gesichtet, wie Dobrindt sagte. Am Donnerstagabend wurde der Flugbetrieb in München wegen Drohnensichtungen eingestellt.
Wie ist die deutsche Drohnenabwehr aufgestellt?
Kritiker sagen: Im Ernstfall nicht gut genug. In Deutschland ist die Polizei zuständig – es sei denn, die Drohnenflüge finden über militärischem Gebiet statt, zum Beispiel Kasernen. Dann darf die Bundeswehr eingreifen.
Das gleiche gilt laut Luftsicherheitsgesetz zur Verhinderung eines „besonders schweren Unglücksfalls“. Die Bundeswehr darf demnach „Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben“. Ein Abschuss ist also nicht vorgesehen.
Was plant die Bundesregierung?
Dobrindt kündigte eine rasche Anpassung der Rechtslage an. Mit einer Änderung des Luftsicherheitsgesetzes und des Bundespolizeigesetzes sollen die Zuständigkeiten zwischen Polizei und Bundeswehr klarer verteilt werden. Der Bundeswehr soll damit im Ernstfall ausdrücklich auch der Abschuss erlaubt werden. Ein Kabinettsbeschluss ist schon kommende Woche geplant.
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Damit greift die schwarz-rote Regierung eine Initiative der rot-grünen Minderheitsregierung auf. Diese hatte bereits im Januar eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes beschlossen, damit die Bundeswehr Drohnen künftig abschießen kann. Die Vorlage wurde wegen des Regierungswechsels nicht mehr im Parlament verabschiedet.
Über welche Drohen verfügt die Bundeswehr selbst?
Die Streitkräfte haben Drohnen unterschiedlicher Gattungen und Größen, die bisher nur der Aufklärung dienen. Die Mini-Drohne Black Hornet 4 etwa kann aus der Hand gestartet werden, wiegt nur 70 Gramm und ist mit rund 25 Zentimetern Länge etwa so groß wie eine Amsel. Der Quadrocopter Mikado ähnelt optisch den im Baumarkt verfügbaren Drohnen.
Die aus Israel stammende German Heron TP ist dagegen deutlich größer. Mit Propellern betrieben hat die 14 Meter lange Bundeswehr-Drohne eine Spannweite von 26 Metern, kann 27 Stunden am Stück und bis zu 12.500 Meter hoch fliegen und beim Start bis zu 5,4 Tonnen wiegen. Auch sie kann zu Aufklärungszwecken genutzt werden, könnte aber künftig auch mit Präzisionsmunition bewaffnet werden.
Welche Erfahrungen hat die Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen?
Bisher keine. Zuletzt war 2020 ein Vorstoß der damaligen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Koalitionspartner SPD gescheitert, Kampfdrohnen anzuschaffen beziehungsweise bestehende Drohnen zu munitionieren.
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Mit der German Heron TP aus Israel, von denen die Bundeswehr fünf Systeme hat, ist nun eine Bewaffnung möglich. Das Mandat dafür müsste der Bundestag geben.
Welche technischen Möglichkeiten gibt es bei der Drohnenabwehr?
In Magdeburg erprobt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt derzeit verschiedene Wege des Anti-Drohnen-Kampfes, etwa Abfangdrohnen, Störsignale oder direkte Eingriffe in der Luft wie das Rammen von Drohnen. Allen Methoden gemein ist ein mehrstufiges System von der Erkennung über die Wahl der geeigneten Gegenmaßnahme bis zu deren Start.
Die Bundeswehr will in diesem Bereich wieder aufrüsten: Bis 2028 sollen 19 Flugabwehrpanzer vom Typ Skyranger 30 geliefert werden. Die Rheinmetall-Panzer verschießen aus einer Kanone so genannte Air-Burst-Munition mit etwa 1250 Schuss pro Minute und können Ziele in bis zu drei Kilometern Entfernung in der Luft treffen.
Mit der Beschaffung schließt die Bundeswehr eigenen Angaben zufolge eine selbstverursachte „Fähigkeitslücke“: 2012 war der Flugabwehrpanzer Gepard ausgemustert worden – die Bedrohungslage wurde damals als niedrig eingeschätzt. (afp/red)
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