Neue WHO-Gesundheitsvorschriften überzeugten nicht jeden Experten

In Kürze:
- Die neuen Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO stecken im Bundestag noch im nationalen Umsetzungsverfahren.
- Am 13. Oktober wurden Experten im Gesundheitsausschuss dazu angehört.
- Die Juristin Pfeil warnte vor „Willkür“ und einem „Einfallstor für fremde Interessen“.
- Der Medizinprofessor Bärnighausen hofft auf bessere Informationsflüsse und Transparenz zum Schutz von Menschenleben.
Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hat am Montag, 13. Oktober, seine öffentliche Expertenanhörung zum Umsetzungsgesetz für die neuen Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) abgehalten. Epoch Times hatte als einziges Medium ein Kamerateam vor Ort. Auch sonst war der Presseandrang eher spärlich.
Mit Ausnahme der AfD-Abgeordneten Dr. Christina Baum war kein einziger Fraktionsvertreter zu einer Stellungnahme gegenüber Epoch Times bereit.
Ihre Fraktion sehe die IGV nach wie vor kritisch, sagte Baum. Beim vorgeschriebenen Umgang mit „Falschinformationen“ laufe es auf die WHO als „eine Art Wahrheitsministerium“ hinaus, denn diese bestimme, „was wahr und was falsch“ sei. Schon aus der Corona-Zeit wisse man aber, dass „sehr seriöse Wissenschaftler, die Kritik geübt“ hätten, nicht nur ausgeschlossen, sondern auch „diffamiert, ausgegrenzt, sogar verächtlich gemacht“ worden seien. Das habe den ganzen Diskurs nur „auf eine Linie gebracht“. Die daraus resultierende „Expertise“ der WHO habe dann schließlich zu den Corona-Maßnahmen geführt.
„Die WHO ist nicht unabhängig“, so die gelernte Zahnärztin. Sie sei zu „über 70 Prozent von Spenden finanziert“. Dahinter stünden „große Konzerne, die natürlich ihre eigenen Interessen haben und dementsprechend auch die WHO beeinflussen“.
Ihrer Einschätzung nach gehe es bei den IGV darum, im Sinne der juristischen Bindung noch mehr Macht an die WHO zu vergeben. Ansonsten „hätte man der Änderungen ja gar nicht bedurft. Wir wünschen uns das nicht“, sagte Baum.
Angesichts der psychischen Schäden bei Kindern, der materiellen Schäden bei Unternehmen und der „schweren Schäden durch diese mRNA-Therapie“ wäre sie zu Corona-Zeiten lieber den „schwedischen Weg“ gegangen, als die Menschen global „zu Versuchskaninchen zu machen“.
Während der Anhörung stand immer wieder die Frage nach einem mutmaßlichen Verlust nationaler Souveränitätsrechte im Raum, wie sie in den vergangenen Jahren von Kritikern wie dem EU-Abgeordneten Dr. Friedrich Pürner (parteilos), dem Internisten Dr. Wolfgang Wodarg oder der Juristin Beate Sibylle Pfeil aufgeworfen wurde.
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Juristin Pfeil: Fundamentale Strukturfehler
Pfeil, die im Gesundheitsausschuss auf Vorschlag der AfD-Fraktion eingeladen war, bestätigte den Standpunkt des Bundesgesundheitsministeriums, nach dem die WHO über die IGV zwar nicht direkt in nationale Gesundheitspolitik eingreifen dürfe. Das IGV-Gesetz (BT-Drucksache 21/1508, PDF), welches eine völkerrechtliche Bindung Deutschlands an die IGV schafft, würde allerdings den „Umsetzungsdruck“ erhöhen, da die WHO mit ihrer „Machtquelle Expertise“ noch immer großes Vertrauen genieße. Dabei habe die WHO gerade wegen dieses Vertrauens speziell während der Corona-Jahre doch durchaus Schäden angerichtet.
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Sie sei persönlich davon überzeugt, dass die WHO „unter fundamentalen Strukturfehlern“ leide, betonte Pfeil im Einklang mit ihrer zuvor eingereichten schriftlichen Stellungnahme. Dazu gehörten die „eklatante Spendenabhängigkeit“ der WHO, zumal ein Großteil ihres Haushalts von zweckgebundenen Spendengeldern abhänge. Die Verträge dazu müssten noch nicht einmal offengelegt werden, sodass Profitinteressen vor Gesundheitsinteressen gestellt werden könnten:
„Hier haben wir ein Einfallstor für potenzielle Fremdinteressen.“
Ein „verstärktes Potenzial für Fremdsteuerung“ sehe sie auch im per IGV verbrieften Recht der WHO, Informationen auf Social-Media-Plattformen verbieten zu können, die der WHO-Linie widersprächen. Sogar Expertenmeinungen könnten auf diese Weise unterdrückt werden. Für Pfeil ein „eklatanter Eingriff in die Meinungsfreiheit“ und in die „Wissenschaftsfreiheit“, der zu einem „Dauerspannungsverhältnis zum Grundgesetz“ führen werde.
„Gefahr von Willkür“?
Die Juristin kritisierte zudem die „überbordenden Machtbefugnisse“ des WHO-Generaldirektors Tedros Adhanom Ghebreyesus. Da dieser durch Immunität geschützt und somit persönlich nicht rechenschaftspflichtig sei, bestehe die „Gefahr von Willkür“.
Immerhin genüge laut IGV ja bereits ein „hohes Risiko“, um eine „pandemische Notlage“ von internationaler Tragweite ausrufen zu können. Dem Begriff „hohes Risiko“ mangele es aber „an Bestimmtheit“, weswegen „dieser Tatbestand sofort zerlegt werden“ müsste, wie Pfeil vorschlug. Sie erinnerte daran, dass Tedros schon einmal eigenmächtig gehandelt habe, als er anlässlich der Affenpocken einen Notstand ausgerufen habe, und zwar gegen den Rat seiner Expertenkollegen aus der WHO.
Jurist Kruse verweist auf Fehler der Corona-Jahre
Ähnlich argumentierte der ebenfalls von der AfD-Fraktion zur Anhörung eingeladene Rechtsanwalt Philipp Kruse. Die WHO, so Kruse, habe während der Corona-Krise angeordnet, dass ein „Test ohne Aussagekraft zur Kausalität einer Erkrankung“ angeordnet worden sei, während man umgekehrt „durchaus sichere Behandlungsalternativen“ zurückgewiesen habe – seiner Meinung nach „zu Unrecht“.
Auch den Umstand, dass die WHO die „Herdenimmunität“ nur noch über den Weg der Impfung, nicht aber über eine Neuinfektion für erreichbar deklariert habe, erscheine ihm fragwürdig. Zuvor habe eine Expertengruppe der WHO den Impfstoffherstellern auch noch empfohlen, auf Kontroll- oder Placebogruppen zu verzichten, obwohl damit gegen den Goldstandard für die Produktionssicherheit verstoßen worden sei, gab Kruse zu Protokoll. Überhaupt sei ein starker Einfluss der Pharmaindustrie auf die WHO festzustellen, besonders durch die Gates Foundation und Gavi, the Vaccine Alliance, deren „Ziel und Zweckbestimmung in der Förderung des Absatzes von Impfstoffen“ liege.
Kruse gab zu bedenken, dass es bei der WHO bis heute „keine Anstrengungen“ gebe, „den zahlreichen Hinweisen auf eine menschengemachte Ursache des [COVID-19-]Erregers auf den Grund zu gehen“. All seine Kritikpunkte gelte es, zu prüfen, bevor man ein solches Gesetzgebungsvorhaben verabschiede und der WHO damit noch weitreichendere Kompetenzen einräume.
Bärnighausen: WHO-Macht liegt im Wissen und Austausch ihrer Experten
Dr. Till Bärnighausen, der auf Vorschlag der Unionsfraktion aussagte, lobte das IGV-Umsetzungsvorhaben im Gespräch mit Epoch Times vor allem wegen der „deutlichen Verstärkung der Informationsflüsse, der Transparenz“. Die Macht der WHO liege in der „Macht der Expertise“.
Die Staaten wären im Fall eines Pandemieausbruchs per IGV verpflichtet, der WHO und damit auch allen anderen Ländern schneller Informationen zu liefern. Das werde „sehr wahrscheinlich Menschenleben retten“. Denn „umso besser der globale Konsensus zum Stand der Wissenschaft, umso mehr werden natürlich Produkte, die nicht evidenzbasiert sind, aus diesem Wettbewerb herausgehalten, die nur Schaden anrichten würden“, sagte Bärnighausen.
Er gehe davon aus, dass die „nächste Pandemie“ ähnlich wie zur Corona-Zeit aussehen werde, nämlich mit „Testimpfung, Verhalten, Masken, Abstände halten“.

Dr. Till Bärnighausen, der Direktor des Heidelberger Instituts für Global Health des Universitätsklinikums Heidelberg. Foto: Epoch Times
Es sei aber nicht so, dass die WHO durch die neuen IGV „gesetzesfähig“ werde und irgendjemandem „aufoktroyieren“ könne, wie zu handeln sei. „Sie hat auch keine große Armee an Public-Health-Intervenierenden, die jetzt nach Deutschland kommen könnten“, so Bärnighausen. Ihre Macht liege vor allem im Wissen und im Austausch ihrer Experten, um „die beste Evidenz schnell zu eruieren und dann auszudrücken und weiterzugeben“.
Aufgrund früherer Teilnahmen an WHO-Prozessen denke er nicht, dass die Unabhängigkeit der WHO durch Geldgeber wie die Gates Foundation beeinflusst werden könne: „Diese Prozesse auf der Arbeitsebene funktionieren als Experten- und Konsensusprozesse. Das sind keine politischen Prozesse“, sagte Bärnighausen. Dennoch gelte es, „als Weltgemeinschaft“ daran zu arbeiten, die Unabhängigkeit der WHO weiter zu stärken, über alle Interessen von zerstrittenen Staaten oder Regionen wie Indien, China, den USA oder Europa hinweg. Die IGV-Änderungen würden den Ansatz der selbst auferlegten Transparenz jedenfalls unterstützen.
Gesundheitspolitikexperte Villarreal setzt große Hoffnungen in IGV
Die Ausschussmitglieder abseits der AfD-Fraktion wendeten sich öfter an den Juristen Pedro Alejandro Villarreal Lizárraga, einen Fachmann für globale Gesundheits- und Handelspolitik an der Stiftung Wissenschaft und Politik am Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit.
Dieser sah wie Bärnighausen keinen Konflikt zwischen dem IGV-Umsetzungsgesetz und der nationalen Souveränität. Die Entscheidungsfindung über Maßnahmen werde stets bei nationalen Behörden, vom Bundestag bis hinunter zur kommunalen Ebene, verbleiben. Die WHO werde keinerlei Maßnahmen vorschreiben können, sondern beziehe ihre Daten ja selbst von nationalen Behörden wie dem Paul-Ehrlich-Institut, der Europäischen Arzneimittel-Agentur oder dem amerikanischen Pendant, der FDA.
Der Generaldirektor müsse außerdem stets begründen, warum er etwas mache. Demokratisch legitimiert sei er ohnehin durch die Vertretung der Mitgliedstaaten. Auch wenn der WHO-Generaldirektor schließlich „evidenzbasiert“ eine pandemische Notlage erklären sollte, sei dies zudem nur eins von mehreren Kriterien, an denen man sich in einem Mitgliedstaat orientieren könne.
Villarreal erinnerte daran, dass die WHO zu COVID-Zeiten kritisiert worden sei, weil sie stets „diplomatische Lösungen“ angestrebt habe. Es habe lediglich zwei Fälle gegeben, in denen sich die WHO „gegen den Willen eines Staates positioniert“ habe. Das sei das letzte Mittel, wenn „Staaten überhaupt nicht kooperieren“ wollten.
Bei den Mitgliedern der WHO-Beratungsgremien handele es sich um unabhängige Fachleute, die ehrenamtlich tätig seien, erklärte Villarreal. Wenn man auf den schnellen Zugang zu deren Informationen verzichten wolle, bedeute dies für Deutschland, „blind“ auf Ereignisse reagieren zu müssen.
Einen großen Vorteil der IGV sehe er überhaupt in der verbesserten internationalen Zusammenarbeit. Das neue Ausschussgremium, in dem dann Vertreter aller Mitgliedstaaten säßen, werde die Durchführung der Vorschriften erleichtern. Genau das sei vormals immer „problematisch“ gewesen. Auch die deutsche Bevölkerung werde dadurch substanziell geschützt, versicherte Villarreal auf Nachfrage der Grünen-Abgeordneten Dr. Kirsten Kappert-Gonther. Von daher sei es auch angebracht, der WHO mehr Geld zur Verfügung zu stellen.
Villarreal räumte ein, dass Spenden „manchmal“ an „bestimmte Bedingungen“ geknüpft seien. „Aber es ist die Weltgesundheitsversammlung, das Hauptorgan der WHO mit den Regierungsvertreterinnen und -vertretern, die die Entscheidung trifft, wie das Geld verwendet werden muss“, betonte der Jurist. Somit seien es letztlich die Regierungen der Mitgliedstaaten, die den Haushalt der WHO verabschieden.
Befragte Verbandsvertreter positiv gestimmt
Auch Dr. Michael Müller, der Vorsitzende des Vereins Akkreditierte Labore in der Medizin, lobte die IGV für ihr Potenzial, Laborarbeit künftig strukturierter gestalten zu können. Das berge die Chance, im Fall einer Pandemie schneller „vor die Lage zu kommen“.
Eine Vertreterin des Deutschen Caritasverbands gab ihrer Hoffnung Ausdruck, mittels der IGV die „Verteilungsgerechtigkeit bei Impfstoffen“ für ärmere Länder durchzusetzen. Immerhin gehörten Solidarität und Gerechtigkeit zum satzungsgemäßen Selbstverständnis der Caritas.
Ein Vertreter des Verbandes Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen beschrieb die „selbstverpflichtenden Signale“ der IGV als „wichtig“, weil man „nur gemeinsam solche Pandemien bewältigen kann“. Er wünsche sich ein höheres finanzielles Engagement der Regierung. Denn es gehe „nicht nur um ökonomische Interessen der Impfstoffproduzenten“, sondern auch um Hilfe für andere Länder, die „nicht die tiefen Taschen von Deutschland haben“.
Gesetzgebungsverfahren läuft noch
Das Bundeskabinett hatte Mitte Juli 2025 den Weg für die IGV-Vorgaben der WHO frei gemacht. Am 19. September traten die IGV bereits völkerrechtlich in Kraft.
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Am 26. September erklärte der Bundesrat, dass er gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung nichts einzuwenden habe. (BT-Drucksache 21/1905, PDF) Der Bundestag beriet am 9. Oktober den Gesetzentwurf in erster Lesung. Er wurde danach in den Gesundheitsausschuss unter der Leitung der SPD-Abgeordneten Tanja Machalet verwiesen.
Wann die zweite und die dritte Lesung im Bundestag stattfinden werden, steht noch nicht fest.
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