Paus übernimmt De-facto-Vorsitz im Haushaltsausschuss – AfD ohne Mehrheitschance

Grünen-Politikerin Lisa Paus agiert ab sofort faktisch als Vorsitzende im Haushaltsausschuss des Bundestags – obwohl die AfD laut parlamentarischer Gepflogenheit Anspruch auf die Leitung hätte. Die Wahl ihrer Kandidatin scheiterte jedoch.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) wurde dafür kritisiert, dass ihr Entwurf zu einem verbesserten Hilfsangebot für von Gewalt betroffene Frauen jetzt erst vorgelegt wurde.
Ex-Ministerin Lisa Paus plant, das Büro des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses im Bundestag zu beziehen.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 28. Juli 2025

In Kürze:

  • Grünen-Politikerin Lisa Paus übernimmt de facto den Vorsitz im Haushaltsausschuss.
  • AfD-Kandidatin ohne Mehrheit, die zweite Wahl bislang nicht angesetzt
  • Paus: Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts macht Konsenswahl für AfD-Kandidaten in Bundestagsausschüssen aussichtslos

 

Am Mittwoch, 30. Juli, wird der Haushaltsausschuss des Bundestags zu seiner nächsten Sitzung zusammentreten. Am Tag darauf steht eine weitere Sitzung an. Die Grünen-Politikerin und frühere Ministerin Lisa Paus hat nun angekündigt, auch im Ausschusssekretariat ein Büro als Vorsitzende zu beziehen. Derzeit hat Paus die Vorsitzfunktion inne – allerdings nur als gewählte stellvertretende Vorsitzende.

Paus übernahm als Stellvertreterin die Amtsführung

Am 21. Mai hatte sich der Ausschuss für die 21. Wahlperiode unter Leitung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner konstituiert. An jenem Tag stand auch die Wahl zum Vorsitz an. Allerdings konnte die Kandidatin der AfD, der nach bisherigen parlamentarischen Gepflogenheiten die Leitungsfunktion zustünde, nicht die erforderliche Mehrheit auf sich vereinen.

Unter den 42 Ausschussmitgliedern konnte deren Kandidatin, Ulrike Schielke-Ziesing, in geheimer Wahl keine Mehrheit auf sich vereinen. Sie erhielt zwölf Ja-Stimmen – zwei mehr, als ihre Fraktion Sitze im Ausschuss hat. 29 Mitglieder stimmten gegen sie. Dazu kam eine Enthaltung. CDU und CSU stellen im Haushaltsausschuss 14 Mitglieder, die AfD zehn, die SPD acht, die Grünen sechs und die Linksfraktion vier.

Nachdem die Wahl gescheitert war, übernahm der dienstälteste Abgeordnete, Klaus-Peter Willsch (CDU), die Sitzungsleitung. Anschließend wählten die Ausschussmitglieder Paus zur stellvertretenden Vorsitzenden.

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Entscheidung zum Verdachtsfall macht Mehrheiten für AfD noch unwahrscheinlicher

Die AfD-Fraktion hatte zunächst auf die Ansetzung eines zweiten Wahlgangs verzichtet. Sie könnte dazu einen neuen Anlauf nehmen – entweder erneut mit Schielke-Ziesing oder mit einem neuen Vorschlag. Allerdings rechnet Paus nicht damit, dass es eine Aussicht auf entsprechende Mehrheiten gebe. Am Montag, 28. Juli, äußerte sie dazu:

„Viele Abgeordnete haben deutlich gemacht, dass es keine Mehrheiten für Kandidierende der AfD geben wird.“

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Zur Begründung verweist Paus auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts von vergangener Woche. Dieses hat drei Beschwerden der AfD gegen die Nichtzulassung einer Revision in Berufungsurteilen zurückgewiesen. Diese betrafen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster vom 13. Mai 2024.

Noch keine Vorentscheidung über Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“

Mit dem Beschluss vom 20.05.2025 – BVerwG 6 B 21.24 hat das Bundesverwaltungsgericht bewirkt, dass diese rechtskräftig wurden. Das OVG Münster hatte die Beobachtung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als zulässig bestätigt.

Der Inlandsgeheimdienst stützte seine Einstufung auf ein entsprechendes Gutachten aus dem Jahr 2021. Dieses hatte der Partei unter anderem angelastet, deutschen Staatsangehörigen mit sogenanntem Migrationshintergrund nur einen rechtlich abgewerteten Status zuerkennen zu wollen. Zudem verfolge die AfD Bestrebungen, den Schutz der Menschenwürde für Muslime infrage zu stellen.

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Bezüglich der im Mai verkündeten Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Bundesverfassungsgericht hat die jüngste Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts keine Auswirkung. Das dazu geführte Verfahren ist weiterhin vor dem Verwaltungsgericht Köln anhängig.

Paus als Kandidatin der zweitgrößten Oppositionsfraktion gewählt

Der Vorsitz im Haushaltsausschuss gilt als eine Schlüsselposition im Bereich der ständigen parlamentarischen Ausschussarbeit. Lisa Paus hatte in der Zeit der Ampelkoalition das Amt der Bundesfamilienministerin inne.

Die Vorsitzenden der ständigen Ausschüsse werden üblicherweise während der konstituierenden Sitzungen im Konsens bestimmt. Allerdings können einzelne Fraktionen auf eine Wahl des Vorsitzenden bestehen. Dann benötigt der von der Fraktion mit dem Vorschlagsrecht benannte Kandidat eine Mehrheit unter den Ausschussmitgliedern, um bestätigt zu werden.

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Im Fall der AfD ist dies in allen Ausschüssen geschehen, in denen der Fraktion ein Vorschlagsrecht zugekommen wäre. In keinem Ausschuss in dieser Legislatur erreichte deren Kandidat oder Kandidatin die erforderliche Mehrheit. Während der 19. Wahlperiode von 2017 bis 2021 amtierten drei gewählte Ausschussvorsitzende der AfD. Peter Boehringer leitete den Haushaltsausschuss und Sebastian Münzenmaier jenen für Tourismus.

Im Rechtsausschuss wurde Stephan Brandner gewählt. Nach mehreren kontroversen Äußerungen auf Twitter, heute X, veranlassten die übrigen Fraktionen jedoch dessen Abwahl. Seither erreichte kein AfD-Kandidat mehr die erforderliche Mehrheit für einen Ausschussvorsitz im Bundestag.



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