Rentenpaket, E-Autos, BauGB: Koalition beschließt Kompromiss und neue Förderungen

Nach einer nächtlichen Sitzung hat sich der Koalitionsausschuss auf ein Maßnahmenpaket geeinigt: einen Begleittext zum Rentenpaket, neue Impulse für klimafreundliche Mobilität sowie einen „Bauturbo“ zur Beschleunigung des Wohnungsbaus. Ob dies die internen Spannungen löst, bleibt offen.
Pressekonferenz der Koalitionsspitzen
Pressekonferenz der KoalitionsspitzenFoto: Michael Kappeler/dpa
Von 28. November 2025

In Kürze:

  • Kompromissversuch beim Rentenpaket: Reformkommission soll bis 2026 Vorschläge vorlegen
  • Junge Gruppe der Union zweifelt an Tragfähigkeit und befürchtet Milliardenkosten
  • Neue E-Auto- und Plug-in-Hybridförderung für Haushalte bis 80.000 Euro Einkommen
  • BauGB-Novelle soll Wohnungsbau beschleunigen und Städte widerstandsfähiger machen

 

In den frühen Morgenstunden des Freitags, 28. November, einigte sich der Koalitionsausschuss nach fast 6 Stunden Beratungen in mehreren Punkten auf das weitere Vorgehen. Im Mittelpunkt stand das umstrittene Rentenpaket. Die Koalitionspartner beschlossen, einen begleitenden Text zu diesem Paket zu verabschieden.

Mit diesem hofft man, auch die 18 Abgeordneten der sogenannten Jungen Gruppe innerhalb der Union umzustimmen, die angekündigt hatten, im Bundestag gegen das Rentenpaket votieren zu wollen. Ob dieser Text ausreichen wird, ist ungewiss. Aus den Reihen der Jungen Gruppe hatte es geheißen, eine unverbindliche Erklärung genüge ihr nicht. Sie forderte – im Einklang mit mehreren Ökonomen und Wirtschaftsverbänden – eine Neufassung oder zumindest Verschiebung.

Koalition hofft auf Geschlossenheit beim Rentenpaket

Die SPD bestand hingegen auf der Verabschiedung der unveränderten Fassung des Rentenpakets im Bundestag. Grundsätzlich soll es dabei bleiben. Ohne die Stimmen der Abgeordneten der Jungen Gruppe verfügt die Koalition jedoch nicht mehr über eine eigene Mehrheit. Im Begleittext werden nun die Zusage einer Grundsatzreform sowie Milliardeninvestitionen zur Förderung der privaten Vorsorge signalisiert.

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Ein Bestandteil des Begleittextes sieht vor, dass eine 13-köpfige Rentenkommission bis Ende des zweiten Quartals 2026 umfassende Reformvorschläge vorlegen soll. Die Vorsitzenden werden einvernehmlich vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie vom Bundeskanzleramt vorgeschlagen. Union und SPD nominieren jeweils vier Wissenschaftler für die Kommission. Die Einsetzung soll im Dezember durch einen Kabinettsbeschluss erfolgen.

Zu den Aufgaben der Rentenkommission gehört auch die Prüfung einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit sowie einer Anpassung an die Lebenserwartung. Dies würde de facto auf ein künftiges Renteneintrittsalter jenseits der derzeit geltenden 67 Jahre hinauslaufen, was die SPD bislang stets strikt abgelehnt hatte.

Kommission soll Nachhaltigkeitsfaktor weiterentwickeln

Für die Zeit nach 2031 ist zudem eine Weiterentwicklung des Nachhaltigkeitsfaktors vorgesehen. Dieser soll bei der Berechnung des Rentenniveaus weiterhin die – anhaltend ungünstige – demografische Entwicklung und das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenempfängern berücksichtigen.

Bis 2031 ist der Nachhaltigkeitsfaktor durch die sogenannte Haltelinie vollständig ausgesetzt. Das Rentenpaket soll in dieser Zeit ein Rentenniveau von 48 Prozent sicherstellen. Auch danach soll der Faktor nicht vollständig greifen. Die Koalition plant, das Rentenniveau etwa 1 Prozent über dem rechnerisch nach geltender Gesetzeslage vorgesehenen Wert zu halten.

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Genau das lehnt die Junge Gruppe vehement ab. Sie befürchtet dadurch allein in den Folgejahren Mehrkosten von mindestens 120 Milliarden Euro bis 2040. Die Beiträge sollen zwar für die kommenden zehn Jahre stabil bleiben, doch die Junge Union hält ein Absinken des Rentenniveaus auf 47 Prozent – wie es ohne weitere Haltelinie zu erwarten wäre – für vertretbar.

SPD erklärt sich offen für Rentenreform nach 2031

Um den jungen Abgeordneten entgegenzukommen, sollen künftig Dividenden eines Bundesaktienpakets in Höhe von 10 Milliarden Euro genutzt werden, um den Aufbau privater Vorsorge zu fördern. Auch die betriebliche Altersvorsorge soll weiter ausgebaut werden. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf erklärte gegenüber dem ZDF-„Morgenmagazin“, seine Partei sei für eine grundsätzliche Rentenreform ab 2031 offen, betonte jedoch, dass die zu erwartende Senkung des Rentenniveaus ab 2031 vom bis dahin garantierten Niveau von 48 Prozent ausgehe.

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Im Beschluss des Koalitionsausschusses ist zudem die Weiterentwicklung des Nachhaltigkeitsfaktors vorgesehen. Geplant ist die Einführung eines „Nachholfaktors“, um den Ausgleichsbedarf infolge der Haltelinie abzubauen. Auch die Einbeziehung weiterer Einkunftsarten in die Beitragsbemessung sowie zusätzlicher Gruppen in die gesetzliche Rentenversicherung steht zur Prüfung. Dies gehört ebenfalls zum Aufgabenbereich der künftigen Rentenkommission.

Förderprogramm für E-Autos wird wieder aufgenommen

Die Koalitionsparteien einigten sich zudem darauf, dass Bundeskanzler Friedrich Merz einen offiziellen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen richten soll. Mit Blick auf die bevorstehende Überprüfung der Verordnung zum Verbrenner-Aus wird sich die Bundesregierung für die Zulassung „hocheffizienter Verbrenner“ auch nach 2035 einsetzen. Am 10. Dezember soll die EU-Kommission einen geänderten Vorschlag dazu vorlegen.

Der Koalitionsausschuss beschloss außerdem, 3 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) in neue Förderprogramme für klimafreundliche Mobilität zu investieren. Damit soll der Kauf oder das Leasing eines neuen, erstmals in Deutschland zugelassenen E-Autos oder Plug-in-Hybrids (Klasse M1) erneut gefördert werden.

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Förderberechtigt sind ausschließlich Privatpersonen. Die Unterstützung gilt für Haushalte mit einem zu versteuernden Einkommen von bis zu 80.000 Euro. Pro Kind erhöht sich die Grenze um 5.000 Euro. Zudem wird eine Mindesthaltedauer festgelegt. Die Basisförderung beträgt 3.000 Euro, für kinderreiche Familien oder sozial schwache Haushalte sind zusätzliche Zuschläge vorgesehen.

„Bauturbo“ soll Verfahren beschleunigen und mehr Wohnraum ermöglichen

Beim „Bauturbo“ geht es darum, den Wohnungsbau zu erleichtern und zu beschleunigen. Geplant sind Vorrangbestimmungen, und Bauleitplanverfahren sollen künftig ausschließlich digital durchgeführt werden können. Auch bei Beteiligungsverfahren, Umweltgutachten und Fristen von Behörden sind Reformen vorgesehen, um Verzögerungen von Bauprojekten zu verhindern.

Die Bundesregierung will zeitnah einen Entwurf für eine umfassende Baugesetz-Novelle vorlegen. Dieser soll unter anderem Bestimmungen zum Milieuschutz, Maßnahmen gegen Schrottimmobilien, sozialverträgliche Erleichterungen für Umbauten und energetische Sanierungen sowie Schutzmaßnahmen gegen Hitze, Hochwasser und Starkregen enthalten.

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Ob die aktuellen Beschlüsse der Koalition den erhofften Befreiungsschlag bringen, ist unklar. Im Interview mit der Epoch Times bescheinigt Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt Bundeskanzler Friedrich Merz zwar ein Bemühen um Sensibilität gegenüber dem Koalitionspartner, betont jedoch, dass die Union von rechts und die SPD von links unter Druck steht.

Patzelt skeptisch zum Koalitionsfortbestand

Folglich, so Patzelt, drifte die Koalition „aus ihren eigenen Antrieben her auseinander“, was auch an den unterschiedlichen Erwartungen ihrer Wählerschaft liege. Diese lasse sich nur durch gelungene Reformen überzeugen. Ob es zu solchen Reformen komme, sei ungewiss.

Der Politikwissenschaftler meint dazu: „Ich würde mich sehr wundern, wenn es jetzt zu gedeihlichen Zusammenleben und so wirklich die Wählerschaft überzeugenden Reformen käme. Kommt es aber nicht zu solchen Reformen, dann sind die Gemeinsamkeiten im Laufe des nächsten Jahres aufgebraucht. Und wann es dann zum Koalitionsende kommt, das hängt von äußeren Umständen und vom Reißen des Geduldsfadens ab.“



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