Setzt sich der Trend bei Zurückweisungen fort? Innenministerium derzeit wortkarg

Zwei Wochen nach der Amtsübernahme von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) wollen sowohl sein Ministerium als auch die Bundespolizei keine neuen Zahlen über die Zurückweisungen herausgeben. Die Schweiz hat klargestellt, dass sie die neue deutsche Praxis nicht akzeptiert.
140 Tage nach Start der Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzen zieht die Bundespolizei Bilanz. (Archivbild)
Das Archivbild zeigt eine Angehörige der Bundespolizei bei der Fahrzeugkontrolle.Foto: Paul Glaser/dpa
Von 21. Mai 2025

Seit dem Auftritt von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) an der deutsch-österreichischen Grenze vom 15. Mai 2025 haben weder das Innenministerium (BMI) noch die Bundespolizei aktuellere Zahlen über die Zurückweisungen an den deutschen Außengrenzen präsentiert.

Die Bundespolizei werde „zu gegebener Zeit Feststellungszahlen zu den vorläufig wieder eingeführten Binnengrenzkontrollen veröffentlichen“, schrieb eine Sprecherin am 19. Mai auf Nachfrage von Epoch Times. „Aussagen zu möglichen quantitativen Veränderungen“ könnten derzeit nicht getroffen werden.

Keine Angaben zu Personal oder Taktik

Beobachtungen, nach denen längst nicht alle Grenzübergänge bewacht würden, trat die Sprecherin entgegen: „Auch wenn dem Anschein nach keine uniformierten Kräfte vor Ort sein sollten, bedeutet das […] nicht zwangsläufig, dass die Bundespolizei nicht präsent ist.“

Aus „einsatztaktischen Erwägungen“ werde man „keine weiteren Angaben zur Stärke des eingesetzten Personals, taktischen Schwerpunktsetzungen oder anderweitiger einsatzrelevanter Aspekte mitteilen“. Die Bürger könnten jedoch sicher sein, dass die Maßnahmen der Bundespolizei „lageanpasst, zeitlich und örtlich flexibel, uniformiert und zivil, zu Lande, zu Wasser und in der Luft sowie rund um die Uhr durchgeführt“ würden.

Das BMI nutzte auf Anfrage von Epoch Times denselben Wortlaut: „Die Bundespolizei kontrolliert lageanpasst, zeitlich und örtlich flexibel, uniformiert und zivil, zu Lande, zu Wasser und in der Luft sowie rund um die Uhr“, hieß es am 20. Mai von einem Sprecher.

Rechtliche Aspekte ungeklärt, GdP warnt vor Überlastung

Nicht erst seit Arbeitsbeginn der neuen schwarz-roten Regierungskoalition bleibt die rechtliche Seite verschärfter Grenzkontrollen und Zurückweisungen Schutzsuchender umstritten. Die Regierungen der Nachbarländer Schweiz und Polen zeigten bislang wenig Bereitschaft, den neuen Kurs mitzugehen und solche Asylantragsteller zurückzunehmen, die sich über ihr Territorium auf den Weg an die deutsche Grenze machen.

Der Schweizer Asylminister Beat Jans und sein Ministerium übten letzte Woche deutliche Kritik auf X. Die Schweiz akzeptiere Zurückweisungen von Asylsuchenden nicht.

Jans möchte Dobrindt noch diesen Monat in Berlin treffen.

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Andreas Roßkopf, der Vorsitzende der Bundespolizei in der Gewerkschaft der Polizei (GdP), warnte zudem vor einer Überforderung der deutschen Grenzschutzbeamten. Die Kapazitäten der Bundespolizei genügten allenfalls noch wenige Wochen, um die Kontrollen in der derzeitigen Intensität aufrechtzuerhalten.

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BMI: „Im Austausch mit den Nachbarstaaten“

Zum Stand der Migrationsgespräche mit den Nachbarstaaten erklärte der BMI-Sprecher gegenüber Epoch Times, dass sein Ministerium im „Austausch mit den Nachbarstaaten und den übrigen EU-Partnern“ stehe. Nachdem Dobrindt am 12. März seinen französischen Amtskollegen besucht habe, sei er am 16. Mai bei dessen österreichischem Pendant vorstellig gewesen.

Hatte Wien dem neuen deutschen Kurs zunächst skeptisch gegenübergestanden, begrüßte der österreichische Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) nun die robusteren Kontrollen. Die „Augsburger Allgemeine“ zitiert Karner mit den Worten „Strenge Kontrollen, gute Freunde und gute Nachbarn“. Statt näherer Details über die künftige Zusammenarbeit in Sachen Migrationspolitik gab es aus dem deutschen Innenministerium aber nur eine Absichtserklärung:

Bundesinnenminister Dobrindt und das BMI werden sich weiterhin mit Nachdruck dafür einsetzen, Migration gemeinsam mit den europäischen Partnern zu ordnen.“

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Der jüngste internationale Austauschtermin fand am Dienstag, 20. Mai, statt: Dobrindt traf sich in Berlin mit Magnus Brunner, dem EU-Kommissar für Inneres und Migration. „Wir sind uns einig, dass wir einen abgestimmten und entschlossenen migrationspolitischen Kurs in #Europa brauchen. Wir müssen gemeinsam die irreguläre #Migration nach Europa weiter eindämmen“, twitterte das BMI.

Auf der Website des Ministeriums ist davon die Rede, Dobrindt und Brunner seien sich einig, „dass die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems [GEAS] rasch und konsequent umgesetzt werden müsse“. Man werde sich „weiterhin mit unseren Nachbarn, den EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission austauschen“, so Dobrindt.  Rückführungen müssten „beschleunigt, das Migrationsgeschehen an die EU-Außengrenzen verlagert und anerkannte Asylbewerber solidarisch unter den Mitgliedstaaten verteilt werden.“ Konkreter wurde das Ministerium auch diesmal nicht.

Nach Angaben der Hilfsorganisation Pro Asyl soll das GEAS erst ab Juni 2026 EU-weit greifen, sofern die EU-Mitgliedstaaten ihre nationalen Asylsysteme bis dahin angepasst haben.

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Pullfaktoren derzeit Thema „regierungsinterner Abstimmungen“

Epoch Times wollte zudem wissen, was Migranten davon abhalten sollte, illegal nach Deutschland einzureisen, solange deren Rechtsansprüche im Inland unverändert blieben.

Der BMI-Sprecher antwortete, dass die „regierungsinternen Abstimmungen über weitere migrationspolitische Maßnahmen“ begonnen hätten und „mit Nachdruck geführt“ würden. „Die Verstärkung der vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen und die Ausweitung der Zurückweisungen“ seien nur ein „erster und wichtiger Schritt, die irreguläre Migration nach Deutschland nachhaltig einzudämmen“.

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Epoch Times bat sämtliche im Bundestag vertretenen Fraktionen um aktuelle Stellungnahmen zur mit Dobrindt geänderten Praxis an den deutschen Außengrenzen. Trotz mehrerer Tage Frist blieben unsere Fragen bis zum 21. Mai unbeantwortet.

739 Zurückweisungen bei 19 erfolgreichen Asylgesuchen in der ersten Dobrindt-Woche

Die neuesten Zahlen zum Erfolg der verschärften Grenzkontrollen stammen vom 15. Mai. Dobrindt selbst sagte an der Grenzkontrollstelle Kiefersfelden in unmittelbarer Nähe zu Österreich, dass die bundesweiten Zurückweisungen seit dem 7. Mai im Vergleich zur Vorwoche um 45 Prozent gestiegen seien. Innerhalb von sieben Tagen seien „739 Versuche der illegalen Einreise zurückgewiesen“ worden. In der Vorwoche seien es nur 511 gewesen.

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32 der insgesamt 51 Asylgesuche innerhalb seiner ersten Amtswoche waren Dobrindt zufolge ebenfalls zurückgewiesen worden. Beim Rest habe es sich um Angehörige „vulnerabler Gruppen“ gehandelt. Sie seien ins Land gelassen worden. In der Vorwoche hätten noch sämtliche 44 Asylgesuche mit der Aufnahme in die Bundesrepublik geendet (Video auf „welt.de“).

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Zum Vergleich: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte in den ersten vier Monaten des Jahres insgesamt 52.528 Asylanträge entgegengenommen, darunter 45.681 Erstanträge (PDF). Gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum sei dies ein Rückgang von 46,2 Prozent. Mit knapp 12.000 kam ein Großteil der Asylgesuche von Syrern, gefolgt von Afghanen (9.486) und Türken (5.606).

Kaum ein Zehntel der Asylbewerber wird wieder abgeschoben

Im gesamten Jahr 2024 hatten laut „Deutscher Presse-Agentur“ (dpa) 229.751 Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag gestellt – rund 100.000 weniger als im Jahr 2023. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden 2024 insgesamt rund 251.000 Asylanträge gestellt.

Die Grafik zeigt die Zahlen der monatlich gestellten Erst-und Folgeanträge auf Asyl in Deutschland während der Monate Januar bis April 2025. Foto: Bildschirmfoto/BAMF

Die Grafik zeigt die Zahlen der monatlich gestellten Erst- und Folgeanträge auf Asyl in Deutschland während der Monate Januar bis April 2025. Foto: Bildschirmfoto/BAMF (PDF)

Den Asylbewerbern des Jahres 2024 standen laut Statistischem Bundesamt im gleichen Zeitraum genau 20.084 geglückte Abschiebungen gegenüber. Zwischen 2020 und 2023 hatten die jährlichen Abschiebezahlen zwischen 10.800 und 16.430 gelegen. In den fünf Jahren zuvor waren jeweils deutlich über 20.000 Menschen abgeschoben worden, in der Spitze 25.375 im Jahr 2016.

Frontex: Weniger irreguläre Grenzübertritte

Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex hatte zwei Tage vor Dobrindts Auftritt vom 15. Mai einen insgesamt 27-prozentigen Rückgang der irregulären Grenzübertritte zwischen Januar und April 2025 gemeldet, gemessen am selben Vorjahreszeitraum. Knapp 47.000 Versuche hätten die rund 3.200 Frontex-Beamten an den europäischen Außengrenzen dennoch festgestellt.

Der stärkste Rückgang sei mit 58 Prozent auf der Westbalkanroute verzeichnet worden, auf der 3.093 irreguläre Migranten registriert wurden. Im östlichen Mittelmeer, zwischen der Türkei und Griechenland, habe man 12.228 Überfahrten (minus 30 Prozent) gezählt. 10.424 Menschen hatten versucht, via Westafrika übers Meer nach Europa zu gelangen – ein Minus von 34 Prozent.

Am wenigsten habe sich die Lage auf der zentralen Mittelmeerroute geändert: Bei 15.718 irregulären Grenzübertritten habe der Rückgang aus Tunesien nur bei 3 Prozent gelegen.

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Auswärtiges Amt bestätigt Evakuierung deutscher Staatsbürger aus dem Gazastreifen

Nach Angaben der „Berliner Zeitung“ bestätigte das Auswärtige Amt (AA) am 20. Mai, „weitere zwölf“ Menschen aus dem Gazastreifen nach Deutschland geholt zu haben, darunter sechs Kinder. Es handele sich um deutsche Staatsbürger und „ihre engen Familienangehörigen“. Die Aktion stehe aber „in keinerlei Kontext zu der israelischen Politik der sogenannten ‚freiwilligen Ausreise‘ von Palästinensern aus Gaza“, habe das AA betont. Entsprechende Ideen der Regierung Netanjahu lehne die Bundesregierung ab.

Der „Focus“ berichtete am selben Tag, dass bereits im April 28 Palästinenser mit deutscher Staatsangehörigkeit in Begleitung ihrer Familien nach Deutschland geflogen worden seien. Sie würden seitdem von der Nachsorge-, Opfer- und Angehörigenstelle (NOAH) des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe betreut.



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