Social Media erst ab 16 erlauben – Sorge um Anonymität im Internet

In Deutschland wächst der politische Druck, die Nutzung sozialer Medien und Smartphones für Kinder und Jugendliche zu beschränken. Während einige Politiker ein vollständiges Verbot bis 16 Jahre fordern, warnen Kritiker vor übertriebenen Eingriffen und Ausweitung staatlicher Kontrolle.
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Politiker mehrerer Parteien fordern Altersbeschränkungen zum Umgang mit Smartphones und Sozialen Medien.Foto: iStock/dolgachov
Von 14. August 2025

In Kürze:

  • Politiker mehrerer Parteien fordern Social-Media-Verbote für Jugendliche bis 16 Jahre
  • Streit zwischen Befürwortern strenger Altersgrenzen und Gegnern von Verboten
  • Internationale Beispiele zeigen mögliche Modelle für Altersverifikation
  • Datenschützer warnen vor Eingriffen in Anonymität und Informationsfreiheit

In mehreren Ländern der Welt und auch in deutschen Bundesländern gelten an Schulen Einschränkungen bezüglich des Mitführens und des Nutzens von Smartphones. Diese Maßnahmen sollen die Konzentration der Kinder verbessern, die Abhängigkeit von elektronischen Anwendungen reduzieren und schädliche Einflüsse minimieren. Einigen deutschen Politikern gehen diese Maßnahmen aber nicht weit genug – und sie fordern gesetzliche Altersgrenzen für die Nutzung von Social Media.

Özdemir will Jugendliche „wie beim Autofahren“ an Social Media heranführen

Um, wie es heißt, Kinder und Jugendliche vor extremen Inhalten, Suchtverhalten und Schäden für die psychische Gesundheit zu schützen, sieht die Politik Handlungsbedarf. Der Spitzenkandidat der Grünen für die Landtagswahl in Baden-Württemberg, Cem Özdemir, hat sich zu Beginn der Woche zu dem Thema zu Wort gemeldet.

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Özdemir forderte ein gesetzliches Verbot der Nutzung sozialer Medien wie TikTok oder Instagram für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre. „Wie beim Autofahren“ sollen die Betroffenen auf diese Weise an diese Medien „schrittweise herangeführt“ werden.

Den Kindern und Jugendlichen selbst fehle es an Medienkompetenz, so Özdemir. Gleichzeitig seien Eltern und Lehrkräfte mit dem Thema überfordert. Dass eine technische Umsetzung von Alterskontrollen schwierig sei, lässt der frühere Bundesminister als Argument nicht gelten. Am Ende sei dies alles eine Frage des politischen Willens.

CDU-Bildungssprecher Baden-Württemberg: „Grüne trauen Menschen nichts zu“

Der bildungspolitische Sprecher der Landtags-CDU, Andreas Sturm, hat sich gegen das Vorhaben gestellt. Gegenüber der „Südwest-Presse“ kritisiert er den paternalistischen Ansatz und verwahrt sich gegen ständige Rufe nach Verboten. Die Grünen zeigten erneut, dass sie die Lebenswirklichkeit der Menschen nicht verstünden. Ihr Verbotsreflex offenbare eine Geringschätzung der Bürger:

„Die Grünen trauen den Menschen so wenig zu, dass sie immer wieder mit neuen Verboten kommen.“

Man könne soziale Medien nicht einfach wegsperren. Stattdessen gelte es, Medienkompetenz zu fördern und auf diese Weise einen konstruktiven Umgang mit digitalen Plattformen zu erlernen.

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Mit seiner Meinung steht Sturm in der Führungsetage der CDU jedoch weitgehend allein. Auch der Spitzenkandidat der Partei zur Landtagswahl, Manuel Hagel, hat sich für Altersbeschränkungen im Bereich der Nutzung sozialer Medien ausgesprochen. Beim Bildungsminister von Thüringen, Christian Tischner, stößt er damit ebenso auf offene Ohren wie bei Bundesbildungsministerin Karin Prien.

Auch Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt forderte in einem Gastbeitrag der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) am Mittwoch: „Smartphone ab Vierzehn, Social Media ab Sechzehn!“ Er beruft sich dabei unter anderem auf den Hirnforscher Gerald Hüther und argumentiert:

„Unsere Kinder verlieren Tag für Tag etwas, das man mit keinem Update zurückholen kann – ihre seelische Un­versehrtheit, ihre Entdeckerfreude, ihre Fähigkeit, sich selbst zu spüren.“

Sein Ziel sei eine „achtsame Gesellschaft“. Diese sei nicht mit dem „Dopamin-Sog der Apps“ zu vereinbaren. Wer soziale Medien zu früh nutze, so Voigt, „entwickelt weniger Selbstwertgefühl, mehr Vergleichsdenken und oft depressive Symptome“.

Leopoldina für Social-Media-Verbot bis 13 – Plattformen haben dieses aber schon

Voigt und Tischner halten ein Social-Media-Verbot bis 16 Jahre für einen Beitrag gegen Mobbing und negative psychische Auswirkungen – und verweisen auf Australien als Vorbild. Prien hat sich für ein Mindestalter für soziale Medien zwischen 14 und 16 Jahren ausgesprochen. Zudem soll eine Expertenkommission der Bundesregierung Empfehlungen für einen modernen Jugendmedienschutz erarbeiten.

Ob einer solchen auch Mitglieder der Nationalakademie Leopoldina angehören werden, ist offen. Diese hat sich in der Debatte jedoch ebenfalls zu Wort gemeldet und ein striktes Nutzungsverbot für Social Media für Kinder unter 13 Jahren gefordert. Kinder zwischen 13 und 15 sollten nur mit schriftlicher elterlicher Zustimmung diese Dienste nutzen können. Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram oder TikTok setzen allerdings bereits jetzt ein Mindestalter von 13 Jahren voraus.

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Großbritannien hat Altersbeschränkungen bereits eingeführt

Eine „neue Kultur der Kindheit“ müsse ohne „digitalen Dauerbeschuss“ auskommen, argumentiert Voigt. Er wolle deshalb die Verwendung von Smartphones unter 14 Jahren und die Social-Media-Nutzung bis 16 vollständig unterbinden. Schulen sollten dabei generell „smartphonefrei“ bleiben.

In Großbritannien gilt bereits ein Gesetz, das den Zugang auf bestimmte Seiten von einer verbindlichen Altersverifizierung abhängig macht. Dabei geht es nicht nur um Seiten mit pornografischem oder sonstigem sozialschädlichem Material, sondern auch um viele soziale Medien. Auch die EU arbeitet in diesem Bereich an Verschärfungen. Es solle perspektivisch nicht mehr ausreichen, durch einen einfachen Mausklick zu versichern, dass man älter als 18 Jahre sei.

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Während Umfragen eine deutliche Mehrheit unter den Deutschen für gesetzliche Altersbeschränkungen in Social Media ausweisen, bleibt offen, ob allen Befragten die praktischen Konsequenzen davon bewusst sind. Um verifizieren zu können, ob ein Social-Media-Nutzer ein gesetzliches Mindestalter dafür aufweist, muss de facto jeder Social-Media-Nutzer dies nachweisen. Dies liefe auf eine generelle Ausweispflicht oder verpflichtende Altersverifikation hinaus.

Voigt hatte im Vorjahr stärkere staatliche Kontrolle im Internet gefordert

In der EU könnte dazu eine verpflichtende Nutzung einer digitalen Ausweis-App, des sogenannten EUDI-Wallets, gehören. Diese soll bereits ab diesem Jahr in der Lage sein, den Zugang zu bestimmten Webseiten und Apps zu steuern. Immerhin soll diese App anonym funktionieren. Es müssten demnach keine persönlichen Daten oder Geburtsdaten an den Dienstanbieter übermittelt werden. Es würde ein schlichter Zero-Knowledge-Proof verwendet, der nur das Alter bestätigt.

Allerdings müssen die entsprechenden Daten im Vorfeld staatlichen Institutionen übermittelt werden. Datenschützer befürchten, dass ein Voranschreiten von Ausweiszwängen oder biometrischer Erfassungen die Rechte auf Anonymität, Informationsfreiheit und digitale Teilhabe einschränken könnten. Eine Verpflichtung, Alter oder gar Identität vor dem Zugriff zu bestimmten Diensten nachzuweisen, könnte auch dazu führen, dass Menschen gerade auf Informationen zu sensiblen Themen nicht mehr zurückgreifen.

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Mario Voigt war im Vorjahr selbst in die Kritik geraten, weil er einen Maßnahmenkatalog zur stärkeren staatlichen Kontrolle des Internets gefordert hatte. Neben einer Klarnamenspflicht hatte er auch von „verwirkbaren Lizenzen“ zur Nutzung sozialer Medien gesprochen. Später korrigierte er sich und erklärte, es sei ihm lediglich darum gegangen, Sperren nachgewiesener und gerichtlich verurteilter Gefährder zu ermöglichen.



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