Sozialausgaben unter Druck: Bundesrechnungshof warnt vor Milliardenschub bis 2029

In Kürze:
- Bundesrechnungshof warnt vor dauerhaft steigenden Sozialausgaben – bis 2029 drohen +29 Milliarden Euro jährlich.
- Bürgergeld-Ausgaben steigen stärker als das Bruttoinlandsprodukt – Einsparziele werden deutlich verfehlt.
- Jobturbo zeigt nur begrenzte Wirkung – Vermittlungsprozesse der Jobcenter gelten als ineffizient.
- SPD bringt Digitalsteuer und höhere Einkommensteuer ins Spiel – Kritik an bisherigen Reformen wächst.
Der Bundesrechnungshof zeigt sich besorgt über die anhaltende Ausweitung des Sozialetats des Bundes. In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages, der der „Deutschen Presse-Agentur“ vorliegt, nennt die Einrichtung konkrete Zahlen. Ihrer Schätzung zufolge wird die Summe der für Soziales eingeplanten Mittel bis 2029 jährlich um noch weitere rund 29 Milliarden Euro wachsen.
Bereits in den Jahren von 2016 bis 2024 war in diesem Bereich ein Aufwuchs von etwa 40 Prozent zu verzeichnen. Demgegenüber stieg das Bruttoinlandsprodukt im gleichen Zeitraum lediglich um 35 Prozent. Noch deutlicher war das Plus im Bereich der Grundsicherung. Die Ausgaben für das Bürgergeld – früher ALG II oder „Hartz IV“ – stiegen den Rechnungsprüfern zufolge um die Hälfte.
Bundesrechnungshof schlägt Alarm: Sozialetat droht zu entgleisen
Für das laufende Jahr kann das Bundesarbeitsministerium mit einem Etat von 190,3 Milliarden Euro rechnen. Allein die Vorhaben der Bundesregierung zur Sicherung des Rentenniveaus, die Mütterrente und die Rückzahlung von Darlehen an die Bundesagentur für Arbeit werden eine Steigerung auf 219,2 Milliarden bis 2029 bewirken.
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Im Vorjahr hatte sich der Etat des Ministeriums auf 171,67 Milliarden Euro belaufen, womit dieser sich erneut als ausgabenstärkster des gesamten Bundeshaushalts präsentierte. Von diesen waren 126,87 Milliarden Euro für Rentenversicherung und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung eingeplant. Die Grundsicherung für Arbeitssuchende war mit 43,27 Milliarden Euro ausgestattet. Für 2025 wird mit Ausgaben in der Größenordnung von etwa 50 Milliarden Euro gerechnet.
„Einige positive Effekte seien im Bereich des Bürgergelds zu verzeichnen“, räumt der Bundesrechnungshof ein. So sei es im Zeitraum seit Oktober 2023 zu einer Steigerung der Beschäftigungsquote unter ukrainischen Flüchtlingen von 24,8 auf mittlerweile 33,2 Prozent gekommen.
Vermittlungstätigkeit der Jobcenter weist „Defizite“ auf
Der vom damaligen Bundesminister Hubertus Heil angekündigte „Jobturbo“ habe damit zwar teilweise gegriffen – allerdings nicht in dem erhofften und angekündigten Ausmaß. Die Reformbemühungen, so der Bundesrechnungshof, „konnten bisher nicht vollends überzeugen“. So habe der Jobturbo „seine Einsparerwartungen beim Bürgergeld und den Leistungen für Unterkunft und Heizung“ nicht erreicht.
Konkret habe sich die von der damaligen Ampelregierung geäußerte Einsparerwartung von einer Milliarde Euro für 2024 nicht erfüllt. Die Vermittlungstätigkeit der Jobcenter sei nicht effizient genug und lasse Beschäftigungspotenziale ungenutzt. Mitverantwortlich seien dabei „Defizite im Vermittlungsprozess“.
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Was künftige Reformbemühungen betreffe, sollten diese „beispielsweise den Arbeitskräftebedarf und die Beschäftigungspotenziale besser zusammenbringen“. Die Rechnungsprüfer regten auch eine Neuregelung der Steuerung durch den Bund an. Darüber hinaus komme es darauf an, „das Fördern und Fordern bestmöglich zusammenwirken“ zu lassen.
Bundesrechnungshof: Kalkulationen beruhten auf unzutreffenden Annahmen
Bereits im Vorjahr hatte der Bundesrechnungshof Zweifel an der Erreichbarkeit der Einsparziele zum Ausdruck gebracht. Für 2025 hatte das Kabinett unter Olaf Scholz im Bereich des Bürgergelds Einsparungen von rund 5 Milliarden Euro für realistisch erachtet. Die Rechnungsprüfer hatten diese jedoch als „nicht wahrscheinlich“ bzw. „derzeit zweifelhaft“ bewertet.
Um diese Ziele zu erreichen, hätten den Berechnungen des Bundesrechnungshofs zufolge rund 600.000 Leistungsberechtigte aus dem Bezug ausscheiden müssen. Zum damaligen Zeitpunkt bezogen etwa 5,5 Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld. Erwerbsfähig waren davon 4 Millionen. Bei den übrigen handelte es sich um Kinder unter 15 Jahren oder gesundheitlich beeinträchtigte Personen.
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Der Bundesrechnungshof stellt damals unter anderem fest, dass die Ansätze für das Bürgergeld und die Leistungen für Unterkunft und Heizung vermutlich zu niedrig kalkuliert seien. Dazu seien die Einsparungserwartungen gekommen, die – wie es von den Prüfern schon damals hieß – „auf Annahmen beruhen, die kaum zu erreichen sind“.
Mit Blick auf die angestrebte Neugestaltung der Grundsicherung hatte Bundeskanzler Friedrich Merz jüngst eine mögliche Deckelung der Mietkosten ins Spiel gebracht – ebenso wie eine Kontrolle von Wohnungsgrößen. Merz hält Pauschalierungen oder geringere Sätze für möglich. Grundsätzlich wolle man einen „schrittweisen“ Systemwechsel bewirken, um Spannungen abzubauen. Dazu gehörten auch Regeln zur Zumutbarkeit. Die SPD zeigt sich skeptisch.
Stegner: „Unter Kohl war Spitzensteuersatz höher“
Als mögliche Antwort auf den zu erwartenden Aufwuchs im Sozialetat regen Politiker der SPD nun Steuererhöhungen an. Neben einer Erhöhung der Einkommensteuer sollten auch die Einführung neuer Steuern, insbesondere einer Digitalsteuer, kein Tabu mehr sein. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte hält Deutschland nicht für ein Land mit hoher Steuerbelastung. Gegenüber dem „Tagesspiegel“ äußerte er am Samstag:
„Die Steuerquote in Deutschland, also der Anteil der Steuern am Bruttoinlandsprodukt, liegt aktuell einen Prozentpunkt unter dem Wert von vor der Pandemie.“
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Eine Digitalsteuer gebe es bereits in anderen EU-Staaten wie Frankreich, Spanien, Italien oder Österreich. Eine solche einzuführen, ermögliche „gleich einen gewissen Ausgleich für den schlechten Zoll-Deal mit den USA“. Unterstützung für die Forderung gab es von seinem Parteikollegen Ralf Stegner. Er erinnerte daran, dass die SPD 2007 im Kabinett Merkel I die Reichensteuer für Spitzenverdiener erhöht habe. Dies könne ein Modell sein. Ansetzen könne man bei Verdienstsummen von 250.000 Euro für Singles und 500.000 Euro für Paare. Stegner fügte hinzu:
„Unter Helmut Kohl lag die Spitzensteuer bei bis zu 56 Prozent.“
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