SPD-Petition entschärft: Vorwürfe gegen Union von der Website entfernt

In einer Petition gegen „rechte Netzwerke“ hat die SPD die Union am Abend des 29. Juli in ein schlechtes Licht gerückt: Die Union übernehme „rechte Narrative“, anstatt sich abzugrenzen. Wenige Stunden später ist der Passus wieder verschwunden.
Titelbild
Das Symbolbild zeigt SPD-Flaggen im Wind.Foto: ODD ANDERSEN/AFP/Getty Images
Von 30. Juli 2025

In der Auseinandersetzung zwischen SPD und Union in der Bundesregierung scheinen bei manchen die Nerven blank zu liegen. Am Abend des 29. Juli 2025 veröffentlichten die Sozialdemokraten auf ihrer Website eine Stellungnahme unter dem Titel „Es reicht!“. Es ist eine Kombination aus Brandbrief und Petition, in der sie unter anderem der Solidarität zu ihren beiden Verfassungsrichterkandidatinnen Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold Nachdruck verleihen und dafür Unterschriften von Websitebesuchern anfragen.

Das Ungewöhnliche: Die erste Fassung enthielt eine Attacke auf die Koalitionspartner von CDU und CSU: Die Union übernehme „rechte Narrative“ von „rechten Netzwerken“, „statt sich klar abzugrenzen“. Desinformation, Hass und Einschüchterung würden „oft befeuert von der Union“, hieß es.

Passage gekürzt

Inzwischen ist dieser unionskritische Passus wieder verschwunden. In der aktuellen Fassung der Stellungnahme vom 30. Juli heißt es an gleicher Stelle nur noch:

„Was wir erleben, ist keine Serie von Einzelfällen. Es ist eine gezielte Strategie: Rechte Netzwerke wollen die demokratischen Institutionen angreifen – von der Justiz über die Parlamente bis in die Mitte unserer Gesellschaft. Und sie tun das mit System. Mit Desinformation, mit Hass, mit Einschüchterung. Doch wir sagen: Nicht mit uns.“

Die Ursprungsbotschaft war allerdings von Nachrichtenportalen wie „NiUS“ oder „Apollo News“ gesichert worden und lässt sich auch auf der Website des Onlinedienstes „archive.today“ finden.

So sah die Originalversion des Textes „Es reicht!“ bis zum Morgen des 30. Juli 2025 auf der SPD-Website aus. Danach wurden die Vorwürfe in Richtung Union offensichtlich entfernt. Foto: Bildschirmfoto/Apollo News

So sah die Originalversion des Textes „Es reicht!“ bis zum Morgen des 30. Juli 2025 auf der SPD-Website aus. Danach wurden die Vorwürfe in Richtung Union entfernt. Foto: Bildschirmfoto/archive.today

Gibt man auf der SPD-Website im Suchfeld das Wort „Einschüchterung“ ein, erscheint in der Trefferliste mit Stand 30. Juli 2025, 15 Uhr, noch immer ein Vorschautext, der per Mausklick zur neuen Version der Stellungnahme führt. Dort heißt es unter der Schlagzeile „Demokratie verteidigen – Solidarität mit FBG – Leads“ noch immer:

„Während CDU/CSU und die europäische EVP die Tür nach rechts bewusst offenhalten, schließen europäische Sozialdemokrat*innen jede Form der Kooperation mit Rechtsaußen aus.“

Die Stichwortsuche auf der SPD-Website förderte am frühen Nachmittag des 30. Juli 2025 noch immer eine verbale Spitze gegen die CDU/CSU und die EVP im EU-Parlament zu Tage. Foto: Bildschirmfoto/SPD

Die Stichwortsuche auf der SPD-Website förderte am frühen Nachmittag des 30. Juli 2025 noch immer eine verbale Spitze gegen die CDU/CSU und die EVP im EU-Parlament zutage. Foto: Bildschirmfoto/SPD.de

Klingbeil: Koalition ist sehr stabil

Handelte es sich um einen Fauxpas? Oder wollte die SPD den Druck auf ihre Koalitionspartner erhöhen?

Am Mittwoch wurde SPD-Chef Lars Klingbeil in der Regierungspressekonferenz dazu befragt. Dazu sagte er: „Ich weiß ehrlicherweise gar nicht, welche Unterschriftenliste sie meinen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass die Koalition sehr stabil ist.“

Dabei warnte er auch davor, dass „rechte Mobs und rechte Nachrichtenportale […] versuchen, auf politische Debatten Einfluss zu nehmen“.

Epoch Times bat auch die Parteizentralen der SPD, der CDU und der CSU um Stellungnahmen. Sobald uns Antworten vorliegen, werden wir darüber berichten.

Hintergrund der SPD-Stellungnahme ist die noch immer nicht erfolgte Wahl dreier von Union und SPD vorgeschlagener Kandidaten für unbesetzte Richterposten am Bundesverfassungsgericht. Die Koalitionspartner hatten sich schon vor Monaten gemeinsam auf die SPD-Kandidatinnen Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold als Nachrücker verständigt. Für die Union sollte Günter Spinner nach Karlsruhe gehen.

Am 11. Juli platzte die Richterwahl im Bundestag

Die Wahl war für Freitag, 11. Juli, angesetzt, den Tag der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause. Während es in der Berichterstattung zuvor hauptsächlich darum gegangen war, wie Union, SPD und Grüne die Fraktion der Linken ermuntern könnten, ebenfalls für die nötige Zweidrittelmehrheit mitzustimmen, markierte dieses Datum plötzlich den Beginn einer Krise zwischen den beiden Regierungsparteien. Denn die Abstimmung wurde am Morgen des Wahltags auf Verlangen der Unionsfraktion kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen.

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Als Grund nannte die Fraktion den Umstand, dass zu viele ihrer Mitglieder ihre Stimmen nicht mehr für Brosius-Gersdorf abgeben wollten, angeblich weil Plagiatsvorwürfe gegen die Potsdamer Hochschullehrerin im Raum standen.

Umstrittene Haltung zum Thema Schwangerschaftsabbruch

Womöglich hatten aber auch frühere Äußerungen von Brosius-Gersdorf dazu beigetragen, dass Teile der Unionsfraktion sie auf einmal für unwählbar hielten. Die Spezialistin für Verfassungs- und Sozialrecht hatte sich in den Jahren zuvor immer wieder offen gegen das Kopftuchverbot für muslimische Rechtsreferendarinnen, für eine gesetzliche Impfpflicht und für ein AfD-Parteiverbotsverfahren ausgesprochen.

Speziell ihre Haltung für ein lockereres Abtreibungsrecht hatte kurz vor dem Wahltag schließlich bundesweit für Aufregung gesorgt, besonders in den sozialen Netzwerken.

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Den Blick darauf gelenkt hatte zwei Tage vor dem 11. Juli die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch. Während einer Fragestunde im Bundestag hatte sie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gefragt, ob er es mit seinem Gewissen vereinbaren könne, eine Richterin zu wählen, die Ungeborenen noch bis kurz vor der Geburt ihre Menschenwürde abspreche.

Merz antwortete daraufhin im Plenum mit den Worten: „Auf die hier gestellte Frage ist meine Antwort ganz einfach: Ja.“ Das kam nicht in allen Teilen der Parteibasen von CDU und CSU sowie bei der Stammwählerschaft gut an.

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Kandidatenstreit bislang nicht erledigt

Seither steht die Frage im Raum, wann beziehungsweise ob sich die beiden Regierungsparteien über neue Personalien für das Bundesverfassungsgericht einigen können.

Die SPD beharrt auf ihren Kandidatinnen, wie auch das aktuelle SPD-Statement belegt. Sowohl der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann als auch Kanzler Merz gaben sich bislang zuversichtlich, dass man noch während der Sommerpause zu einer Lösung gelangen werde.

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Erst vor wenigen Tagen schlug CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann vor, vielleicht doch noch einmal über neue Namen für Karlsruhe nachzudenken. Seiner Ansicht nach könnten einzelne, aber auch alle bisherigen Kandidaten durch neue Bewerber ersetzt werden. Hoffmann sagte:

„Wir müssen aus dieser Situation rauskommen. Da ist Gelassenheit angesagt, da ist Sachlichkeit angesagt und eben auch die Überlegung, ob es gelingen kann über ein neues Personalpaket.“

Die 16 Richter des Bundesverfassungsgerichts werden jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Für die Wahl ist jeweils eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Das Vorschlagsrecht für die Kandidaten orientierte sich bisher an der Stärke der Fraktionen. Die Linke kam dabei ebenso wenig zum Zug wie die AfD.



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