„Stadtbild“: Tübingens OB verteidigt Merz – Kritik an „Empörungskultur“

Kanzler Merz erhält Rückhalt für seine umstrittene „Stadtbild“-Äußerung. Tübingens OB Palmer lobt den Kanzler dafür, eine überfällige Debatte angestoßen zu haben. Umfragen zeigen: Eine Mehrheit der Deutschen teilt seine Einschätzung. Mittlerweile fordern 60 Initiatorinnen eines offenen Briefs, mit Merz „gerne über Sicherheit für Töchter […] zu sprechen“.
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos).
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos).Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Von 30. Oktober 2025

In Kürze:

  • Boris Palmer nennt Merz’ Stadtbild-Äußerung „weiterführend“ und verteidigt ihn gegen Kritik
  • Mehrheit der Deutschen stimmt Kanzler laut ZDF-Politbarometer zu
  • Frauen äußern in Umfragen große Unsicherheit im öffentlichen Raum
  • SPD- und Grünen-Politikerinnen fordern „ernsthafte“ Diskussion über Sicherheit

 

In der Debatte um seine „Stadtbild“-Äußerung hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Rückendeckung aus der Kommunalpolitik erhalten. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) äußerte bei Markus Lanz, die dadurch angestoßene Debatte habe „uns tatsächlich weitergebracht“.

In der ZDF-Talkshow erklärte der frühere Grünen-Politiker am Mittwoch, 29. Oktober, die Debatte sei „ärgerlich und unklar am Anfang“ gewesen. Sie habe jedoch etwas bewirkt, da nun „offener und deutlicher benannt wird, welches Problem wir in zentralen Bereichen der Städte haben“.

Tübingens OB hält Bezug aufs Stadtbild für passend

Palmer warf den Kritikern der Aussage vor, eine „Empörungskultur“ zu pflegen und Menschen, die dem Kanzler zustimmen, „dämonisieren und ausgrenzen“ zu wollen. Er lobte Merz dafür, dem Gegenwind „standgehalten“ zu haben. Dadurch scheine sich „ein Debattenraum zu öffnen“.

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Der Tübinger OB hatte selbst bereits in den späteren 2010er-Jahren durch kritische Aussagen zur Flüchtlingspolitik bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt. So hatte er unter anderem eine Beweislastumkehr bezüglich der Altersangaben von unbegleiteten, vorgeblich minderjährigen Geflüchteten gefordert. Begründet hatte er dies mit den „erheblichen Kosten und offenkundigen Gefahren, die von dieser Gruppe junger Männer ausgeht“.

Auch jetzt im Kontext der Stadtbild-Debatte begrüßt Palmer, dass Merz die Angst von Frauen vor jungen männlichen Migranten zum Thema gemacht habe. Diese Bevölkerungsgruppe müsse man jetzt ansprechen und sagen:

„Die müssen von der Straße runter, die müssen in Arbeit, oder, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben, muss der Staat früher intervenieren – das haben wir die letzten Jahre versäumt.“

Merz: Nur illegale und straffällige Migranten gemeint

Der Rückgriff auf das „Stadtbild“ war nach Aussage Palmers treffend, da auch die Bürger in seiner Stadt diese Veränderungen festgestellt hätten. Der Tübinger OB sprach von „jungen, arbeitslosen Männern ohne Aufenthaltsrecht“, die „den ganzen Tag zusammenstehen, nicht selten mit Drogen gehandelt haben, aggressiv waren und gepöbelt haben“. Merz hatte bei einer Pressekonferenz erklärt, man solle die eigenen Kinder, besonders die Töchter, fragen, was mit dem „Problem im Stadtbild“ gemeint sei.

Umfragen zeigen, dass ein bedeutender Anteil der Menschen in Deutschland die Aussagen von Merz in der Sache selbst als nachvollziehbar empfinden. Dies gilt insbesondere, nachdem dieser klargestellt hatte, dass es ihm nicht pauschal um Menschen mit Migrationsgeschichte gehe. Der Kanzler erklärte, es gehe um Personen ohne Aufenthaltsrecht sowie Regelverletzer.

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Laut dem jüngstem „Politbarometer“ des ZDF vom 24. Oktober erklärten 63 Prozent der Befragten, der Aussage von Merz zuzustimmen, es gebe „immer noch ein Problem im Stadtbild“, das man durch Rückführungen lösen könne. Eine jüngst veröffentlichte Umfrage von Civey zeigte, dass sich 55 Prozent der befragten Frauen im öffentlichen Raum in Deutschland nicht sicher fühlen. 49 Prozent der befragten Frauen und Männer gaben zudem an, dass sie sich an keinem der genannten öffentlichen Orte sicher fühlen.

SPD und Fraueninitiative fordern konkrete Maßnahmen zu Stadtbild und Sicherheit

Kritik an den Aussagen von Merz gab es unter anderem von Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die langjährige CDU-Vorsitzende mahnte bei einer Lesung in Bonn dazu, „Maß und Mitte“ zu bewahren. Ohne den Namen des Kanzlers zu nennen, warnte sie auch davor, sich als Politiker „von der AfD gleichsam am Nasenring durch die Manege führen“ zu lassen.

Teile des Koalitionspartners SPD forderten Merz dazu auf, einen „Stadtbild-Gipfel“ einzuberufen. In diesem Rahmen wollen die Sozialdemokraten über „Probleme im Stadtbild“ sprechen, ohne die Thematik auf das Thema der Migrationspolitik zu verengen.

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In eine ähnliche Richtung geht der Vorstoß von etwa 60 Initiatorinnen eines offenen Briefs an Kanzler Merz vom 28. Oktober, unter ihnen die Grünen-Politikerin Ricarda Lang und die Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Sie wollen mit Merz „gerne über Sicherheit für Töchter, also Frauen, sprechen“. Allerdings solle dies „ernsthaft“ geschehen und „nicht als billige Ausrede dienen, wenn rassistische Narrative gerechtfertigt werden sollen“.

Die Unterzeichnerinnen präsentieren in dem Brief ein Zehn-Punkte-Konzept, das sich unter anderem für die Förderung von Frauenhäusern und eine konsequentere Anwendung des Gewaltschutzgesetzes ausspricht. Daneben enthält es auch sachfremde Punkte wie die Forderung nach einer Aufweichung der Abtreibungsgesetzgebung sowie zur Lohnpolitik.

Kanzleramtschef Frei: Surreale Debatte

Bei Lanz warf Hannovers OB Belit Onay (Grüne) Merz vor, einen „viel zu grobschlächtigen“ Ansatz zur Problemlösung zu wählen. Abschiebungen würden kaum Lösungen bringen. Zudem kritisierte er am Stadtbild-Bezug, es stehe „niemandem auf der Stirn geschrieben, welchen Aufenthaltsstatus er hat“.

Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) hingegen wirft den Kritikern des Kanzlers vor, diesen bewusst missverstehen zu wollen. Deshalb habe man eine Debatte gehabt, „die einigermaßen surreal war“.

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Allerdings können auch die Merz-Kritiker ihre Eindrücke durch Umfrageergebnisse untermauern. In der Civey-Umfrage bewerteten nur 47 Prozent der Befragten die Kommunikation des Kanzlers als positiv – und damit nicht einmal alle, die sich in der Öffentlichkeit ängstigten. 42 Prozent bewerteten sie als negativ.

Außerdem scheinen einige Teilnehmer einer Umfrage von INSA für „BILD“ die Aussage über „Probleme im Stadtbild“ – anders als Merz – nicht allein auf illegale und straffällige Ausländer zu beziehen. Vielmehr stimmten 34 Prozent der Aussage (eher) zu, sie fühlten sich durch „die Präsenz von Menschen mit nicht weißer Hautfarbe oder nicht christlicher religiöser Kleidung“ gestört, unabhängig von Aufenthaltstitel oder Staatsangehörigkeit.



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