Stadträte wählen AfD-Vizebürgermeisterin wieder aus dem Amt – Sondersitzung geplant

Die AfD-Kommunalpolitikerin Sabine Reinknecht ist zwei Wochen nach ihrer Wahl zur dritten Vizebürgermeisterin von Bad Salzuflen wieder von ihrem Ehrenamt abgewählt worden. Bürgermeister Tolkemitt (CDU) und die übrigen Nicht-AfD-Angehörigen im Stadtrat wollten ihre Gemeinde nicht durch ein Mitglied der AfD repräsentiert sehen.
Titelbild
57 von 70 Stadträten von Bad Salzuflen wollten keine AfD-Politikerin als Repräsentantin der Kurstadt – und entbanden ihre frisch gekürte dritte Stellvertretende Bürgermeisterin bereits nach 14 Tagen wieder von den Verpflichtungen ihres Ehrenamts.Foto: Staatsbad Salzuflen GmbH
Von 25. November 2025

In Kürze:

  • Der Stadtrat von Bad Salzuflen hat seine dritte Vizebürgermeisterin Sabine Reinknecht (AfD) nach nur zwei Wochen Amtszeit wieder abgewählt.
  • Alle Stadtratsmitglieder stimmten dafür, mit Ausnahme der AfD-Räte.
  • Hintergrund sollen umstrittene Facebook-Reposts von Reinknecht gewesen sein.
  • Bürgermeister spricht von „hoch demokratischem“ Vorgang.
  • Fraktionsvorsitzende Reinknecht: „Die Demokratie wird mit Füßen getreten.

 

Die vor wenigen Tagen von ihrem Ehrenamt als dritte stellvertretende Bürgermeisterin von Bad Salzuflen, Nordrhein-Westfalen, abgewählte AfD-Kommunalpolitikerin Sabine Reinknecht hat sich zu Vorwürfen geäußert, nach denen sie einen „rassistischen“ Facebook-Beitrag geteilt habe. Mehreren Medienberichten zufolge sollen darin die Worte „eingewanderter ‚Zuchtbulle‘“ im Kontext eines Fotos aufgetaucht sein, das einen dunkelhäutigen Mann zeigte. Daran hätten sich die Ratsmitglieder gestört.

Nach Informationen der „WELT“ soll Reinknecht nach dementsprechenden Berichten alle ihre Facebook-Einträge gelöscht haben. Auf dem YouTube-Kanal von Peter Weber („Hallo Meinung“) erklärte sie nun, dass der Hintergrund des strittigen Postings ein Artikel der „Tagesschau“ gewesen sei. Das Bild habe sich auf den aus Nigeria stammenden Deutschen „Mr. Cash Money“ bezogen, der 24 Kinder ausländischer Frauen als seine eigenen anerkannt habe.

„Hexenjagd“ wegen Facebook-Accounts

Der von ihr unkommentierte dazugehörige Text des Facebook-Postings entspreche nicht ihrer eigenen „Sprachwahl“, betonte Reinknecht: „Das muss nicht meine Meinung widerspiegeln, ich hab’s einfach nur zur Diskussion gestellt.“ Außerdem hätten ein von ihr geteilter Timm-Kellner-Beitrag und ein gemeinsames Foto mit Björn Höcke zu einer 14-tägigen „Hexenjagd“ vor Ort geführt.

Reinknecht gab sich im Gespräch mit Weber dennoch optimistisch: „Je stärker man auf uns draufhaut, umso stärker sind wir immer noch geworden.“

Ein Fragenkatalog der Epoch Times an Reinknecht blieb bis zur Veröffentlichung dieses Artikels unbeantwortet.

Reinknecht: „Wähler mit Füßen getreten“

Gegenüber der „WELT“ hatte Reinknecht ihre Abwahl als Vizebürgermeisterin mit den Worten kommentiert:

„Die Demokratie wird mit Füßen getreten, die Wähler von Bad Salzuflen werden mit Füßen getreten.“

Sie wies darauf hin, dass die AfD im September mit beinahe 20 Prozent zur drittstärksten Kraft im Stadtrat gewählt worden war. (Video auf YouTube) Die Grünen hatten nur knapp 11 Prozent der Stimmen geholt.

Die AfD sieht in der Absetzung Reinknechts als Vizebürgermeisterin einen „Frontalangriff auf die Demokratie“ und forderte „Achtung vor dem Wählerwillen“. „CDU, SPD & Co.“ hätten keinen Respekt vor dem Wahlergebnis gezeigt, hieß es auf dem X-Account der Partei.

Stadtratssondersitzung am 3. Dezember

Wie der WDR berichtete, hegen die Ratsmitglieder außerhalb der AfD-Stadtratsfraktion nun den „Wunsch, die Zahl der stellvertretenden Bürgermeister*innen auf zwei festzulegen und damit ein Zeichen für effiziente und wirtschaftliche Strukturen in der Stadtverwaltung zu setzen“. Das gehe aus einer gemeinsamen Pressemitteilung hervor.

  • Paragraf 67 (1) der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) schreibt die Zahl der stellvertretenden Bürgermeister einer Gemeinde nicht zwingend vor. Dort heißt es: „Der Rat wählt für die Dauer seiner Wahlperiode aus seiner Mitte ohne Aussprache ehrenamtliche Stellvertretungen der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters. Sie vertreten die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister, sofern gesetzlich nicht anders bestimmt, bei der Leitung der Ratssitzungen und bei der Repräsentation.“
  • Andererseits schreibt Paragraf 67 Absatz 2 eine Nachwahl für den Fall vor, dass „eine Stellvertretung während der Wahlperiode“ ausscheidet.

„Nach Auffassung seitens der Verwaltung ist eine nachträgliche Reduzierung auf zwei stellv. Bürgermeister*innen nicht umsetzbar“, stellte ein Pressesprecher der Stadt Bad Salzuflen am 24. November auf Nachfrage der Epoch Times klar. Am 3. Dezember werde es eine Sondersitzung des Stadtrates geben.

Was war passiert?

Am frühen Abend des 19. November 2025 hatte der Stadtrat der AfD-Fraktionsvorsitzenden Reinknecht ihr frisch errungenes Ehrenamt als dritte stellvertretende Bürgermeisterin wieder weggenommen. Nach Angaben des „Focus“ sprachen sich 57 der 70 Stadtratsmitglieder bei einer öffentlichen Sitzung im Kurhaus für die Abwahl der hauptberuflichen Friseurmeisterin als Vizebürgermeisterin aus.

Es hätte auch eine Zweidrittelmehrheit genügt, also nur 47 Stimmen. Eine vorherige Aussprache hatte es gemäß GO NRW nicht gegeben. Vor dem Gebäude hatten sich nach WDR-Angaben sowohl Befürworter als auch Gegner der Abwahl eingefunden.

Überraschender Wahlausgang zwei Wochen zuvor

Reinknecht war erst am 5. November überraschend zur dritten Vizebürgermeisterin des 56.000-Einwohner-Kurstädtchens im Teutoburger Wald gewählt worden.

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Nach Angaben des WDR stimmten damals nicht nur die 13 AfD-Angehörigen im frisch konstituierten Stadtrat, sondern auch drei weitere bislang unerkannte Ratsmitglieder für Reinknecht. Laut WDR hatte sich der Stadtrat im Vorfeld ursprünglich auf die Wahl einer grünen Kommunalpolitikerin zur dritten Vizebürgermeisterin geeinigt. Die beiden ersten Stellvertreterposten sollten an je einen Kandidaten von CDU und SPD gehen. Doch diese Wahlliste erhielt nicht genug Stimmen. Reinknecht gewann das Amt.

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Rathauschef Tolkemitt: AfD-Mitglieder „nicht die richtigen Repräsentanten“

Bürgermeister Dirk Tolkemitt (CDU) bezeichnete dieses Ereignis postwendend als „schlimme Sache“ und verlangte von der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion den Zusammenschluss, um „der Bevölkerung in Bad Salzuflen zu zeigen, dass wir zusammen in der Lage sind, zu gestalten – ohne Kräfte drumherum“.

Am 16. November stellten daraufhin 57 Ratsmitglieder einen Antrag auf Abwahl der AfD-Vizebürgermeisterin (PDF), und zwar ohne eine offizielle Begründung. (PDF)

Noch kurz vor der Abwahl hatte CDU-Bürgermeister Tolkemitt im „WELT“-Interview (Video auf YouTube) betont, dass es ihm „gar nicht um die Person“ gehe, sondern um die Frage, ob seine Stellvertretung „durch die AfD ausgeführt werden“ solle:

„Ich glaube, dass es legitim ist, dass man nach außen postuliert, dass Menschen, die […] bewusst dieser Partei angehören, vielleicht nicht die richtigen Repräsentanten dann nach außen auch für die Stadt Bad Salzuflen sind.“

Immerhin hätten 81 Prozent der Wähler nicht die AfD gewählt. Die Mehrheit sei in Demokratien „ausschlaggebend“ und auch er selbst wolle nicht, dass Bad Salzuflen „durch ein Mitglied der AfD repräsentiert“ werde, sagte Tolkemitt. Dass Reinknecht überhaupt in das Amt gekommen sei, sei durch das Wahlverfahren „ermöglicht“ worden. Seiner Einschätzung nach, so Tolkemitt, hätten dabei „persönliche Animositäten oder Unverständnis“ eine Rolle gespielt. Die Verantwortlichen hätten wohl „nicht überschaut […], was sie da anrichten“.

Der Sichtweise, bei der nachträglichen Abwahl einer bereits gewählten Stellvertreterin womöglich nicht demokratisch zu handeln, erteilte er eine Absage. Da an die Abwahl einer bereits gewählten Amtsinhaberin „hohe Quoten dran gebunden“ seien, handele es sich um einen „hoch demokratischen“ Vorgang:

„Das hat nichts damit zu tun, dass man so lange wählt, bis man das richtige Ergebnis hat.“

CDU-Ratsfraktionschef: AfD soll sich „nicht in die Opferrolle begeben“

Volker Heuwinkel, der Chef der CDU-Ratsfraktion, fand für die Abwahl Reinknechts im Nachgang die Bezeichnung „superdemokratisch“. Das „Zufallsergebnis“ sei nun „korrigiert“ worden, erklärte er gegenüber der „WELT“. Auch er gehe davon aus, dass die Abweichler vor zwei Wochen „die Listenwahl nicht verstanden“ hätten.

Die AfD solle sich nun „nicht in die Opferrolle begeben“, mahnte Heuwinkel, zumal die Partei ja in den Ausschüssen vertreten sei und sogar einen Ausschussvorsitz innehabe. Nun müssten die „demokratischen Parteien“ „enger zusammenrücken“, wünschte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende. Die AfD habe sich in den vergangenen Jahren schließlich „nicht durch konstruktive Anträge hervorgetan“, sondern lediglich davon „profitiert, dass sie ihr etwas schwieriges Menschenbild nach vorn gebracht“ habe. „Wir brauchen eine integre Person, die Bad Salzuflen repräsentieren kann“, sagte Heuwinkel. „Das sehe ich bei der AfD nicht.“ (Video auf YouTube)

Wenn die Mehrheit oder eine Kanzlerin die Dinge anders beurteilt

Dass ein AfD-Politiker auf Betreiben von politischen Gegnern aus anderen Parteien nicht in Funktion kommen durfte, hatte zuletzt Anfang August Schlagzeilen gemacht. Damals entschied der Wahlausschuss von Ludwigshafen auf Betreiben der parteilosen Rathauschefin Jutta Steinruck (Ex-SPD), den AfD-Landtagsabgeordneten Joachim Paul nicht als Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl zuzulassen. Man zweifle an Pauls Verfassungstreue, hieß es damals aus dem Rathaus der Chemiestadt.

Paul wehrte sich durch alle Instanzen bis hoch zum Bundesverfassungsgericht, doch die Karlsruher Richter sahen kein Problem in dessen Ausschluss.

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Der ehemalige Thüringer Ministerpräsident Lothar Kemmerich (FDP), gewählt mit den Stimmen der AfD, hatte zumindest nicht lange Freude an seinem Amt. Nachdem die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 6. Februar 2020 gefordert hatte, dessen gerade erst erfolgte Wahl rückgängig zu machen, trat Kemmerich angesichts des politmedialen Drucks wenige Tage später zurück.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte im Juni 2022, dass Merkels Einschreiten aus der Ferne die Rechte der AfD verletzt hatte. Doch das änderte nichts mehr daran, dass statt Kemmerich wieder der Linke Bodo Ramelow regieren durfte. Er blieb bis zur Konstituierung des Kabinetts Mario Voigt im Dezember 2024 im Amt. Für die Ex-Kanzlerin gab es keine rechtlichen Konsequenzen. (Video auf YouTube)



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