Streit um AfD-Verbot – Maier und Badenberg für Testlauf in Thüringen
In Kürze:
- Politiker aus Thüringen und Berlin regen Verbotsverfahren gegen die AfD an
- Fokus vor allem auf den als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuften Landesverband Thüringen
- Diskussion über Grundrechtsentzug bei Björn Höcke
- Hohe rechtliche Hürden und massive politische Folgen erwartet
Trotz erheblicher Risiken eines Scheiterns haben sich Thüringens Innenminister Georg Maier und Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg dafür ausgesprochen, mögliche Verbotsanträge gegen die AfD zu prüfen. In der „Süddeutschen Zeitung“ erörterten die Politiker mögliche Wege, gegen die vom Verfassungsschutz beobachtete Partei vorzugehen – insbesondere gegen den Landesverband in Thüringen.
Der Freistaat stellt neben Sachsen-Anhalt eines jener Bundesländer dar, in denen Umfragen zufolge Mehrheiten gegen die AfD nur noch schwierig zu bilden sind. In Thüringen verfügt die Landtagsfraktion unter Fraktionschef Björn Höcke sogar über eine Sperrminorität. Gleichzeitig wird der thüringische Landesverband bereits seit 2021 vom dortigen Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Höcke gilt gleichzeitig als einer der radikalsten Exponenten der Partei.
Hürden für Verbot einer Partei bleiben hoch
Badenberg sprach sich für die Einleitung eines Verbotsverfahrens zumindest gegen den Thüringer Landesverband aus. Zugleich müsse man auch „darüber reden, ob wir bei Björn Höcke die Möglichkeiten der Grundrechtsverwirkung nutzen“. Dies könnte zum Entzug des aktiven und passiven Wahlrechts führen.
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Maier sprach sich für beide Varianten aus. Gleichzeitig forderte er von der Union, die Zurückhaltung bezüglich eines bundesweiten Verbots aufzugeben. Der Minister erklärt: „Wenn unsere Demokratie nicht ihre Waffen zeigt, wird die AfD sie zerstören.“
Der thüringische Minister verwies auf Verfassungsrechtler, die der Auffassung seien, die Radikalisierung der Partei würde die Chancen auf einen erfolgreichen Verbotsantrag erhöhen. Badenberg zeigt sich skeptisch. Die Partei vertrete zwar verfassungsfeindliche Positionen und unterhalte enge Verbindungen zu rechtsextremen Akteuren oder autokratischen Staaten, das reiche jedoch für ein Verbot nicht aus.
Allerdings, so die Senatorin, dürfe die Union „an der Brandmauer nicht rütteln“. Badenberg wies auch auf mögliche Konsequenzen eines Verbots hin, wie den Verlust von Mandaten auf allen Ebenen.
NPD-Urteil via Größenschluss gegen AfD in Stellung bringen?
Maier erklärte dazu, ein Verfahren dieser Art wäre eine „Operation am offenen Herzen der Demokratie“. Es müssten zahlreiche Parlamente neu gewählt werden: „Da fehlt ja teilweise ein Drittel der Stimmen, die Mehrheitsverhältnisse in den Parlamenten würden kippen.“
Die Erfolgsaussichten bezüglich eines Verbotsverfahrens gegen die AfD beurteilen Experten uneinheitlich. Befürworter eines Antrags bemühen einen Größenschluss aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts im Verbotsverfahren gegen die NPD aus dem Jahr 2017.
Dieses scheiterte zwar, allerdings lediglich aufgrund der fehlenden tatsächlichen Möglichkeiten der mittlerweile in „Die Heimat“ umbenannten Null-Komma-Partei, ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen.
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Im Gegensatz dazu stelle die AfD eine Partei dar, die parlamentarisch mittlerweile so stark verankert ist, dass sie tatsächlich die politische Willensbildung im Land beeinflussen könnte. Im NPD-Urteil machte das Bundesverfassungsgericht deutlich, dass unter anderem der ethnisch-kulturelle Volksbegriff, den diese Partei vertritt, gegen das verfassungsmäßige Prinzip der Menschenwürde verstoße. Gleiches gelte für die Negierung der Religionsfreiheit für muslimische Bürger.
Beides werfen Verfassungsschutzbehörden auch der AfD vor. Gerichte haben aus diesem Grund die Beobachtung der Partei durch den Inlandsgeheimdienst bereits als statthaft betrachtet. Dennoch muss in einem Verbotsverfahren einer Partei auch über bloße verfassungsfeindliche Ziele hinaus auch ein „planmäßig auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgerichtetes Handeln“ nachgewiesen werden.
Viermal versucht – immer gescheitert
Auch für ein Verfahren nach Art. 18 GG sind die Hürden außerordentlich hoch. Diesem zufolge können die Grundrechte der Meinungs-, Presse-, Lehr-, Versammlungs-, Vereinigungsfreiheit oder das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis, das Eigentum oder Asylrecht gänzlich oder teilweise entzogen werden.
Voraussetzung dafür ist, dass diese „zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ eingesetzt werden. Zudem muss von dem Grundrechtsträger „auch künftig eine ernsthafte Gefahr für eben diese Ordnung ausgehen“. Auch hier muss der Gebrauch aktiv-kämpferisch, aggressiv und auf die Beseitigung oder erhebliche Beeinträchtigung dieser Ordnung gerichtet sein. Bloße verfassungsfeindliche Überzeugungen oder randständige Verstöße reichen nicht aus, um die Voraussetzungen zu erfüllen.
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Bis dato sind in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland viermal Verfahren nach Art. 18 GG angestrengt worden. Diese hatten sich gegen den Vorsitzenden der 1952 verbotenen, neonationalsozialistischen Sozialistischen Reichspartei, Otto Ernst Remer, gegen den Verleger und späteren DVU-Chef Dr. Gerhard Frey sowie gegen zwei neonazistische Szenegrößen der 1980er- und 1990er-Jahre gerichtet. In keinem der genannten Fälle hatte das Bundesverfassungsgericht die Voraussetzungen für eine Grundrechtsverwirkung als gegeben angesehen.
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