Union streitet über Kurs bei Rückführungen nach Syrien: Kritik an Wadephul-Aussagen

Ein Besuch von Außenminister Johann Wadephul in Syrien sorgt für Spannungen in der Union. Seine Aussage, ein würdiges Leben sei dort „kaum möglich“, stößt auf Widerspruch – vor allem von Innenminister Dobrindt, der auf Rückführungen drängt. CDU-Vertreter mahnen nun Geschlossenheit an.
Titelbild
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) im Gespräch mit Syriens Interimspräsident Ahmed al-Scharaa in Damaskus am 30. November 2025.Foto: SANA/AFP via Getty Images
Von 3. November 2025

In Kürze:

  • Außenminister Wadephul sorgt mit Aussagen aus Syrien für Irritationen in der Union.
  • Dobrindt pocht auf Rückführungen und verweist auf den Koalitionsvertrag.
  • CDU-Vertreter Krings spricht von „aus dem Zusammenhang gerissener“ Äußerung.
  • Sachsen-Anhalts CDU-Spitzenkandidat Schulze fordert eine klare Rückkehrstrategie.

In der Union sorgen die jüngsten Äußerungen von Bundesaußenminister Johann Wadephul nach wie vor für Irritationen. Der Minister hatte am Freitag, 31. Oktober, Syrien besucht. Von einem zerstörten Stadtviertel am Rande von Damaskus aus verkündete er, dort könnten Menschen „wirklich kaum richtig würdig leben“. Über die Parteigrenzen hinweg wurde dies als Absage an eine zeitnahe Rückkehr einer großen Anzahl syrischer Flüchtlinge aus Deutschland interpretiert.

Krings: Wadephul-Äußerungen in Syrien „aus dem Zusammenhang gerissen“

Die Aussage läuft den Ankündigungen von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt zuwider, möglichst zeitnah Rückführungen auch nach Syrien zu ermöglichen. Diese sind auch im Koalitionsvertrag angesprochen. Priorität soll dabei die Abschiebung straffälliger und ausreisepflichtiger syrischer Staatsangehöriger haben.

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Derzeit ist lediglich eine freiwillige Rückkehr nach Syrien möglich. Zwar stellt die Bundesregierung dafür Hilfsprogramme zur Verfügung, die neben einer Beteiligung an den Reisekosten auch Starthilfen vorsehen, bislang hat jedoch nur eine geringe Anzahl syrischer Asylbewerber in Deutschland von dieser Option Gebrauch gemacht.

CDU/CSU-Fraktionsvize Günter Krings will in den Aussagen Wadephuls dennoch keine Absage an die Ziele des Koalitionsvertrages sehen. Gegenüber „BILD“ nannte er diese eine „spontane Äußerung“, die außerdem „ganz offensichtlich aus dem Zusammenhang gerissen“ worden sei.

Zerstörungsgrad eines Landes kein Maßstab für Aufenthaltsrecht

„Irgendeine Relevanz für die anstehenden und notwendigen Rückführungen nach Syrien“ will Krings den Ausführungen des Ministers nicht zubilligen. Der Bürgerkrieg in Syrien sei vorbei und „in weiten Teilen des Landes für die allermeisten ausgereisten Syrer eine Rückkehr nun möglich und zumutbar“.

Krings erklärte, dass der Zerstörungsgrad eines Landes kein Argument gegen eine freiwillige oder pflichtgemäße Rückkehr sei. Er warf die Frage auf, wer dieses wiederaufbauen solle, „wenn das nicht seine eigenen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen tun“. Die Grundlage eines jeden Schutzes für Bürgerkriegsflüchtlinge könne und müsse sein, „dass sie unser Land wieder verlassen, wenn der Krieg in ihrer Heimat beendet ist“.

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Demgegenüber hatte Wadephul angedeutet, eine möglichst schnelle Rückkehr syrischer Staatsangehöriger aus Deutschland auch nicht in jedem Fall für die ideale Lösung zu halten. Vor allem bei jüngeren Menschen sei es sinnvoller, ihnen eine Perspektive in Deutschland zu ermöglichen.

Wadephul und Dobrindt einig über Abschiebung straffälliger Syrer

Es sei nach wie vor jeder willkommen, der „bei uns bleibt und sich bei uns in unsere Gesellschaft einbringt und integriert arbeitet“, äußerte Wadephul in der Vorwoche. Es müsse jedoch auch eine Lösung geben, um die Rückführung schwerer Straftäter zu ermöglichen. Das Auswärtige Amt stehe diesbezüglich mit seinen syrischen Amtskollegen im Kontakt.

Bundesinnenminister Dobrindt hatte zudem angekündigt, optimistisch zu sein bezüglich einer Einigung mit syrischen Stellen über die Rückführung von Straftätern. Er rechne sogar noch vor dem Ende des Jahres mit einer entsprechenden Vereinbarung. Bereits jetzt bearbeite das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wieder Asylanträge alleinreisender junger Männer.

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Außerdem trage man Daten wie jene zu Inhaftierungen zusammen, um Rückführungskandidaten zu identifizieren. Um den Wiederaufbau in Syrien zu unterstützen, sagte Wadephul bei seinem Besuch in der Vorwoche auch knapp 40 Millionen Euro an Unterstützung zu.

Dobrindt: Keine „Erkundungsreisen“ nach Syrien gestattet

Kritik an den Aussagen Wadephuls kommt auch aus Sachsen-Anhalt. Am Wochenende wählte die dortige Landesvertreterversammlung in Oschersleben Sven Schulze zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2026. Dieser betonte gegenüber „BILD“, dass mit dem Ende des syrischen Bürgerkrieges auch der Fluchtgrund entfallen sei.

Es müsse „jetzt ganz gezielt an einer Strategie zur schnellen Rückkehr dieser Menschen gearbeitet werden“. Das Ausmaß der Zerstörung in Teilen des Landes sei kein Grund, nicht an einer Strategie zur Rückführung zu arbeiten. Aus diesem Grund könne er „die Aussagen des Außenministers nicht nachvollziehen“. Schulzes CDU liegt in Umfragen zur Landtagswahl derzeit bei 26 Prozent – 14 Punkte hinter der AfD.

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Unterdessen hat sich Minister Dobrindt von der Idee der früheren Ampelregierung distanziert, Syrern sogenannte Erkundungsreisen zu ermöglichen. Diese sollten nach den Vorstellungen der Vorgängerregierung Rückkehrwilligen Orientierung über mögliche Optionen verschaffen. Dobrindt hingegen betonte, dass Einreisen in Deutschland ansässiger Syrer deren Schutzstatus in Deutschland gefährdeten.

Kornelius: „Stabilisierung und Rückkehr zwei Seiten einer Medaille“

Im „Bericht aus Berlin“ der ARD bestreitet CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann einen substanziellen Meinungsunterschied zwischen Wadephul und Dobrindt. Beide seien der gleichen Meinung, wenn es um die zügige Abschiebung von Straftätern gehe.

Regierungssprecher Stefan Kornelius erklärte, dass „Stabilisierung und Rückkehr zwei Seiten einer Medaille“ seien. Straftäter müssten zeitnah abgeschoben werden. Die Stabilisierung Syriens hingegen solle eine Rückkehr syrischer Bürger auf breiter Ebene fördern.

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Die Reaktionen auf die Aussagen Wadephuls in traditionellen und sozialen Medien sind unterschiedlich. In der „Süddeutschen Zeitung“ äußerte Sina-Maria Schweikle, es grenze an „Zynismus“ und verkenne die Realität, „Menschen gegen ihren Willen in ein solch gefährliches und zerstörtes Land zurückzuschicken“. Abschiebungen im großen Stil könnten die ohnehin explosive Lage weiter verschärfen. Das sollte „selbst für solche Menschen aus Syrien gelten, die hier straffällig geworden sind“.

Auf X hingegen bezweifeln Nutzer, dass die Lebensbedingungen in Syrien tatsächlich flächendeckend so schlecht seien. So kommt beispielsweise Argwohn dahingehend zum Ausdruck, dass seine Gastgeber Wadephul bewusst in ein besonders stark zerstörtes Wohnviertel geführt haben könnten, um Mittel für den Wiederaufbau einzuwerben und die Belastung durch Rückkehrwillige zu minimieren.



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