Union zerstritten wegen Kurswechsel in der Israel-Politik – Kanzleramt: Grundlinien bleiben unverändert

In der Union gibt es offene Kritik an der schwarz-roten Bundesregierung und dem Rüstungsembargo gegen Israel. Das Kanzleramt erklärt, die Grundlinien der Israel-Politik blieben unverändert: „Deutschland unterstützt Israel weiter bei allem, was notwendig ist, seine Existenz und seine Sicherheit zu verteidigen.“ Das sagt Kanzleramtsminister Thorsten Frei.
Wie belastet ist jetzt das Verhältnis der beiden Regierungen? (Archivbild)
Wie belastet ist jetzt das Verhältnis der beiden Regierungen? (Archivbild)Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
Epoch Times9. August 2025

Kanzleramtsminister Thorsten Frei hat Vorwürfe auch aus den Reihen der Union zurückgewiesen, die Bundesregierung vollziehe mit dem Stopp bestimmter Rüstungsexporte einen riskanten Kurswechsel in ihrer Israel-Politik.

„Es darf überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass die Grundlinien der deutschen Israel-Politik unverändert bleiben“, sagte der CDU-Politiker dpa. „Deutschland unterstützt Israel weiter bei allem, was notwendig ist, seine Existenz und seine Sicherheit zu verteidigen.“

Hintergrund ist die von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) mitgeteilte Entscheidung, die schwarz-rote Bundesregierung werde keine Rüstungsgüter mehr exportieren, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten. Der Kanzler hatte den Beschluss damit begründet, dass Israel seinen Militäreinsatz in der Region ausweiten und die Stadt Gaza einnehmen will.

Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) unterstützt ein Aussetzen der Rüstungsexporte. Aus der CSU dagegen kam Kritik: Man sei an der Entscheidung nicht beteiligt gewesen – und halte sie für bedenklich, sagte Hoffmann der „Bild“. Mehrere Unionsabgeordnete schrieben auf X von einem schweren Fehler.

Frei: Selbstverteidigung Israels nicht betroffen

Frei sagte, das Aussetzen bestimmter Exporte beziehe sich auf Rüstungsgüter, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten. Das sei eine gut abgewogene und klare Reaktion auf die Ankündigung Israels, seinen Militäreinsatz ausweiten und die Stadt Gaza einzunehmen.

Man agiere aus Sorge um die humanitäre Lage in der Region. Sollte Gaza-Stadt eingenommen werden, könne das auch einen hohen Blutzoll bei der Bevölkerung bedeuten.

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Nicht betroffen vom Exportstopp sei aber „all das, was der Selbstverteidigung Israels dient, also beispielsweise im Bereich der Luftabwehr, der Seeabwehr“, betonte Frei. „In all diesen Bereichen wird Israel natürlich weiter nach Kräften unterstützt.“

Union plant Sondersitzung

In der Union rumort es heftig wegen der Entscheidung. Für Sonntag ist eine Videoschalte der Außenpolitiker der Bundestagsfraktion geplant. Die AG Außen werde die aktuelle außenpolitische Entwicklung besprechen, hieß es aus Fraktionskreisen. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung über die Sitzung berichtet. Demnach soll auch der außenpolitische Berater des Kanzlers, Günter Sautter, zugeschaltet werden.

Abstimmungen der Außenpolitiker seien bei wichtigen Entwicklungen üblich, hieß es zwar aus Fraktionskreisen. Eine spontane Sitzung an einem Sonntag mitten in der Sommerpause zeigt die Brisanz des Themas. 

„Keiner versteht, was Merz da gemacht hat und es dann auch nicht zu erklären. Wir sind fassungslos.“ sagte ein Parlamentarier zu BILD. Andere Abgeordnete sagen, dass sie für diese Außenpolitik keinen Wahlkampf gemacht hätten, nun fühlten sie sich vom Kanzler getäuscht.

Was wenn es keine Informationen mehr zur Terrorabwehr gibt

„Ich war wie viele andere relativ überrascht von der Entscheidung“, sagte der Münchner Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger der Augsburger Allgemeinen. „Unklar ist für mich, was das heißen soll: Keine Waffen, die im Gazastreifen eingesetzt werden können“, sagte er. „De facto heißt das, wir können fast gar keine Waffen mehr liefern.“

Sicherheitspolitische Zusammenarbeit sei auch im deutschen Interesse, sagte Pilsinger. Man müsse sich fragen, „was passiert, wenn die israelische Regierung den Spieß umdreht und wir auch keine Unterstützung mehr aus Israel bekommen – sei es bei der Luftabwehr oder bei Mossad-Informationen zur Terrorabwehr“. „Aktuell profitieren wir sicherheitspolitisch gefühlt mehr von Israel als Israel von uns.“

Gemeinsam entschieden

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Thomas Röwekamp, bezeichnete den Rüstungsexportsstopp als Beschluss der drei Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD.

„Diese Entscheidung ist eine Entscheidung, die die deutsche Bundesregierung gemeinsam getroffen hat und die auch gemeinsam getragen wird“, sagte der CDU-Politiker in den ARD-„Tagesthemen“. Aus der CSU hieß es zuvor, sie sei an der Entscheidung nicht beteiligt gewesen und davon überrascht worden.

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Der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Müller schrieb auf X, er verurteile die Entscheidung der Bundesregierung „aufs Schärfste“. Sie übersehe auch, „wie wichtig die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Israel für Deutschland ist, um die Bundeswehr und die Nato zu stärken“.

Der Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, Matthias Hauer (CDU), schrieb ebenfalls auf X: „Ich halte es für einen schweren Fehler und ein verheerendes Signal, dass Deutschland seine Waffenlieferungen an Israel einschränkt.“

Der frühere Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) schrieb in einem Gastbeitrag für „Bild“, ausgerechnet Deutschland entziehe nun Israel Rüstungsgüter – „wohl wissend, dass wir beim kleinsten Raketenhagel auf Berlin oder München um den Schutz des Iron Dome flehen würden. Das ist moralisch und politisch doppelt vermessen“. Der Iron Dome ist ein israelisches Raketenabwehrsystem, aus dem Deutschland auch Bestandteile bestellt hat.

Chialo nannte das Embargo einen „Verrat an unseren eigenen Grundwerten“. Sein Parteifreund Röwekamp wiederum sagte, dies sei „kein Bruch mit bisheriger Tradition und auch keine Einschränkung unserer uneingeschränkten Solidarität mit Israel“.

Israelischer Historiker begrüßt Entscheidung

Der israelische Historiker Moshe Zimmermann begrüßte den Rüstungsexportstopp. „Die Entscheidung des Bundeskanzlers war schon lange überfällig“, sagte er dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. Zwar werde sie kaum eine Wirkung haben, da das israelische Militär vor allem von der eigenen Produktion und der Produktion der Amerikaner abhängig sei.

„Trotzdem muss man hier ein Zeichen setzen. Die deutsche Regierung signalisiert etwas. Und das ist schon ein Wert an sich“, sagte der emeritierte Professor für Neuere Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem.

Israel hatte am gestern angekündigt, seinen Militäreinsatz im Gazastreifen auszuweiten: Nach stundenlangen Beratungen beschloss das israelische Sicherheitskabinett die Einnahme der Stadt Gaza. Dies stieß im eigenen Land, darunter auch bei Angehörigen der in der Gewalt der Terrororganisation Hamas befindlichen Geiseln, zum Teil auf heftige Ablehnung. (dpa/red)



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