Von Ukraine bis Zölle – was erwartet Merz bei Trump?

Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz ist erstmals seit seinem Amtsantritt in die USA gereist. Gespräche mit Präsident Donald Trump selbst und eine Pressebegegnung sind für den heutigen Donnerstag geplant.
Mehrfacher Telefonkontakt zwischen Trump und Merz im Vorfeld
Bereits zwei Tage, nachdem der Bundestag Merz im zweiten Wahlgang zum Kanzler gewählt hatte, gab es zwischen diesem und dem US-Präsidenten ein Telefongespräch. Merz versicherte Trump am 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa, die USA würden „ein unverzichtbarer Freund und Partner“ Deutschlands bleiben.
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Zudem sprachen die beiden Staatsmänner wechselseitig Einladungen aus. Merz erwähnte in dem Telefonat, das Regierungskreisen zufolge „bemerkenswert positiv, entspannt und höflich“ verlaufen war, auch Trumps familiäre Vergangenheit in Deutschland. Ende des 19. Jahrhunderts waren die Großeltern des heutigen US-Präsidenten aus Kallstadt an der Weinstraße, Rheinland-Pfalz, nach New York ausgewandert.
Ob für den Fall eines Deutschlandbesuchs Trumps auch ein Termin in jener Gemeinde angedacht sei, ist nicht bekannt. Der US-Präsident hat jedoch signalisiert, sich eine weitere Reise nach Deutschland vorstellen zu können. Bis dato hatte Trump in seiner ersten Amtszeit lediglich Zwischenstopps auf dem US-Armeestützpunkt in Ramstein eingelegt und den G20-Gipfel 2017 in Hamburg besucht. Nach dem Telefonat vom 8. Mai hatte es noch weitere Telefonate zwischen Trump und Merz gegeben.
Uneinigkeit über Bedingungen für Waffenstillstand im Ukraine-Krieg
Am Donnerstag werden mehrere zentrale Themen der Wirtschaft, Sicherheit und Geopolitik auf der Tagesordnung stehen. Eines davon wird der Krieg in der Ukraine sein. Die USA hatten sich seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump proaktiv um die Vermittlung eines Friedensabkommens bemüht.
Sie haben zuletzt aufgrund einer nicht hinreichend konstruktiven Haltung der Konfliktparteien diese Bemühungen vorerst eingestellt. Allerdings hat es immerhin dazu gereicht, dass Delegationen der Russischen Föderation und der Ukraine mittlerweile in Istanbul wieder gemeinsame Gesprächsrunden absolvieren.
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Merz hatte im Ukrainekonflikt mehrfach auf eine enge Abstimmung mit den USA und anderen EU-Ländern gedrängt. Gleichzeitig hat er jedoch verkündet, dass auch Deutschland der Ukraine keine Reichweitenbeschränkung mehr für Angriffe mit deutschen Waffen auf russisches Staatsgebiet auferlege.
Trump beharrt auf mehr Eigenverantwortung der NATO-Partner
Sowohl Merz als auch Trump drängen auf ein Ende der Kampfhandlungen. Trump hält dabei im Vorfeld jedoch auch Zugeständnisse der Ukraine an Russland für erforderlich. Demgegenüber bestehen der deutsche Regierungschef sowie seine Kollegen aus Frankreich und Großbritannien auf einer bedingungslosen Waffenruhe. Konkrete Lösungsvorschläge jenseits eines Friedensschlusses zu ukrainischen Bedingungen unterbreiteten sie bislang nicht.
Merz und Trump werden auch das Thema der kollektiven Sicherheit und der Zukunft der NATO erörtern. Der US-Präsident hatte zuletzt mehrfach mehr Eigenverantwortung der europäischen Partner innerhalb des Bündnissystems eingefordert. Trump erklärte, er könne sich eine Erhöhung des Ziels bei der NATO-Finanzierung auf 5 Prozent des BIP für jedes Mitgliedsland vorstellen.
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Eine zentrale Rolle wird auch der Zollkonflikt bei den bilateralen Gesprächen spielen. Merz kündigte an, die europäischen Positionen „selbstbewusst vertreten“ zu wollen. Trump stellte hingegen Einfuhrzölle von 50 Prozent auf Importe aus der EU in Aussicht. Um einer Verhandlungslösung eine Chance zu geben, hat er das anvisierte Datum des Inkrafttretens vom 1. Juni auf 9. Juli verschoben.
Trump will Nachteile für US-Exporteure nicht mehr hinnehmen
Schon jetzt gelten die 50 Prozent allerdings für Einfuhren von Stahl und Aluminium. Seit dem 5. April gilt auf nahezu alle Einfuhren auch ein zusätzlicher Wertzoll von 10 Prozent. Ursprünglich war ab dem 9. April ein erhöhter Zusatzzoll von 20 Prozent für die EU angedacht.
Wie für fast alle anderen Handelspartner setzten die USA diese Zölle jedoch für 90 Tage aus, sodass lediglich der Aufschlag von 10 Prozent gilt. Bis Juli haben die Unterhändler jetzt noch Zeit, eine Lösung zu finden, um das Wiederinkrafttreten der länderspezifischen Einfuhrgebühren zu verhindern.
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Trump wirft der EU vor, US-Exporteure auf dem europäischen Markt gezielt zu benachteiligen. Dies äußere sich nicht nur im Bereich der – häufig deutlich höheren – Einfuhrzölle etwa für Kraftfahrzeuge. Die EU operiere zudem mit weitreichenden, nichttarifären Handelshindernissen. Dazu zählen die USA besonders strenge Umwelt- oder Lebensmittelstandards ebenso wie EU-Gesetze zum Nachteil der Digitalbranche. Erwähnt wird dabei häufig der Digital Markets Act, der Digital Service Act oder die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
Naher Osten als weiteres kontroverses Gesprächsthema
Bereits in den 2010er-Jahren hatten die USA und die EU jahrelang über ein mögliches transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP) verhandelt. Die Gespräche blieben jedoch ergebnislos – hauptsächlich, weil die EU nicht bereit war, ihre Vorschriften in Bereichen wie Umwelt, Gentechnik oder Lebensmittelrecht zu adaptieren. Das sogenannte Chlorhuhn wurde zum Symbol für die gescheiterten und bislang nicht wiederaufgenommenen TTIP-Gespräche.
Trump und Merz werden auch der Lage im Nahen Osten einen Teil ihrer gemeinsamen Tagesordnung widmen. Merz hatte sich jüngst in Israelkritik geübt und dem jüdischen Staat vorgeworfen, beim Krieg in Gaza gegen die Hamas das Völkerrecht zu verletzen. Der deutsche Kanzler unterstreicht die Bedeutung einer Zweistaatenlösung – obwohl diese seit Mitte der 2000er-Jahre bereits an den uneinheitlichen Machtverhältnissen in Gaza und im sogenannten Westjordanland scheitert.
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Trump will Israel im Kampf gegen den Terror hingegen mehr Freiräume lassen und hat sogar eine mögliche temporäre Übernahme des Gazastreifens durch die USA in Aussicht gestellt. Der US-Präsident strebt zusammen mit der Regierung in Jerusalem eine Entmachtung der Hamas an. Zuletzt haben die USA und Israel bereits in Eigenregie die Verteilung von Hilfsgütern an die Bevölkerung über die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) organisiert.
Erster USA-Besuch von Kanzlern meist etwa zwei Monate nach Amtsantritt
Der Besuch von Merz in den USA vier Wochen nach Amtsantritt liegt im für deutsche Bundeskanzler üblichen Zeitrahmen. Traditionell führen die ersten Auslandsreisen deutscher Regierungschefs in europäische Länder. Helmut Kohl hatte seine erste Auslandsreise nach Paris geführt, in die USA ging es erstmals sechs Wochen nach Amtsantritt.
Gerhard Schröder besuchte als Erstes Großbritannien, in die USA reiste er erstmals ein knappes halbes Jahr nach Beginn seiner Amtszeit. Angela Merkels erster Auslandsbesuch führte sie nach Paris, knapp zwei Monate nach Amtsantritt ging es in die USA. Olaf Scholz wählte ebenfalls Paris zum Ziel seiner ersten Auslandsreise – die USA standen nach knapp zwei Monaten auf dem Programm.
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