Wadephul in Türkei – Besuch mit Themen über Gaza, Syrien, Russland und die Ukraine

Dass Ankara zu einem deutlich wichtigeren Akteur geworden ist, schlägt sich in der Beziehung zu Berlin nieder. Der Außenminister hat schwierige Themen im Gepäck.
Außenminister Wadephul reist in die Türkei (Symbolbild)
Außenminister Wadephul reist in die Türkei (Symbolbild)Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa
Epoch Times17. Oktober 2025

Wie weiter im Gazastreifen? Außenminister Johann Wadephul fordert von der Türkei angesichts des wackeligen Waffenstillstands Druck auf die islamistische Hamas.

„Als eine der Unterstützerinnen des Friedensplans – und als ein Staat, von dem wir erwarten, weiterhin Druck auf Hamas auszuüben – kommt der Türkei eine verantwortungsvolle Rolle zu“, sagte der CDU-Politiker vor dem Abflug zum Antrittsbesuch in der Türkei. Wadephul will in der Hauptstadt Ankara unter anderem mit seinem Kollegen Hakan Fidan sprechen.

Außenpolitisch gebe es großes Potenzial zur Zusammenarbeit, erklärte der Minister, der die Vermittlerrolle der Türkei beim „historischen Waffenstillstand“ für Gaza würdigte.

Gemeinsam dränge man auf vollständigen Zugang der humanitären Akteure, um die schlimmste Not zu lindern. Gemeinsam arbeite man dafür, dass der 20-Punkte-Friedensplan vollständig umgesetzt werde.

Gemeinsames Ziel: Sicheres und stabiles Syrien

Beide Länder eine zudem das Ziel eines sicheren und stabilen Syriens, um eine freiwillige und sichere Rückkehr von Migranten zu ermöglichen.

Die Türkei gilt als eine Hüterin der europäischen Außengrenze. Als direkter Nachbar Syriens kann das Land eine der zentralen Migrationsrouten unterbrechen.

Wadephul: Istanbul wichtiger Ort für Verhandlungen

Gemeinsames Ziel sei es auch, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine rasch ein Ende finde, sagte Wadephul. Dafür müssten auch die Einnahmen der russischen Kriegskasse noch schneller ausgetrocknet werden. Die Türkei habe direkte Verantwortung für den Zugang zum Schwarzen Meer, erklärte er, ohne die sogenannte russische Schattenflotte zu erwähnen.

Mit der „Schattenflotte“ umgeht Russland internationale Sanktionen, um etwa Öl zu exportieren. Wadephul brachte zudem die Bosporus-Metropole Istanbul als wichtigen Ort ins Spiel, an dem Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau möglich seien.

Der Besuch Wadephuls birgt Brisanz. Während bei einigen Punkten Einigkeit herrscht, gehen die Positionen bei anderen weit auseinander. Ein Überblick:

Umsetzung des Gaza-Friedensplans

Die Türkei war als Vermittler an den Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas beteiligt und will eine zentrale Rolle beim Wiederaufbau des Gazastreifens übernehmen – gegebenenfalls mit Soldaten zur Überwachung einer Friedenslösung.

Deutschland und die Türkei plädieren einhellig für eine Zweistaatenlösung, bei der Israelis und Palästinenser friedlich nebeneinander leben sollen. Die offizielle Haltung zu Israel ist aber grundverschieden: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Israel immer wieder des Völkermordes beschuldigt und die Einstellung des Handels mit dem Land verfügt.

Die Bundesregierung hat sich solchen Vorwürfen nicht angeschlossen. Als Reaktion auf das aggressive Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen hatte Kanzler Friedrich Merz (CDU) allerdings im August angeordnet, dass vorerst keine Ausfuhren von Rüstungsgütern nach Israel mehr genehmigt werden, die im Gaza-Krieg verwendet werden können.

Ukraine-Krieg: Türkei als enger Partner beider Kriegsparteien

Anders als Deutschland beteiligt sich die Türkei nicht an Sanktionen gegen Russland. Während das Land die Ukraine mit Verteidigungsgütern unterstützt, bezieht es von Russland große Mengen Öl und Gas. Die Türkei war mehrfach Ausrichter von Friedensverhandlungen zwischen Moskau und Kiew. Als Land mit der längsten Küste am Schwarzen Meer gilt die Türkei aus Sicht der Ukraine als zentraler Akteur bei der Sicherung und Stabilisierung der Region.

Verteidigung und Nato

Die Türkei verfügt über die zweitgrößte Armee in der Nato und gilt als Hüterin von deren Ostflanke. Ankara hofft mit seiner aufstrebenden Rüstungsindustrie, zentraler Bestandteil der Verteidigungsarchitektur Europas zu werden. Das ist umstritten. Nach langem Ringen hat die Bundesregierung im Sommer den Weg für den Export von Eurofighter-Kampfjets in die Türkei frei gemacht.

Migration: Türkei in der Schlüsselrolle

Als direkter Nachbar Syriens kann die Türkei eine der zentralen Migrationsrouten unterbrechen – unter anderem dazu verpflichtete es sich im EU-Türkei-Abkommen von 2016. Im Gegenzug zahlt die EU Milliardenhilfen für die Versorgung von Flüchtlingen, aber auch für den Ausbau der Grenzen.

Umgang mit der Opposition

Zentraler Kritikpunkt war immer eine fortschreitende Autokratisierung der Türkei. Die Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu stellt hier aus Sicht vieler eine dramatische Verschlechterung dar. Imamoglu gilt als aussichtsreichster Herausforderer Erdogans.

PKK und kritisierte Terrorgesetze

Streitpunkt zwischen Ankara und Berlin war oft auch der Umgang der Türkei mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Seit Beginn eines neuen Friedensprozesses zwischen Staat und PKK, die sich im Zuge dessen auflösen soll, ist dieser Konfliktpunkt aber weniger akut. (dpa/red)



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