Wehrdienst: Freiwillig solange sich genug melden – über Verpflichtungen entscheidet der Bundestag

Verteidigungsminister Boris Pistorius, Fraktionsvize Siemtje Möller und der Abgeordnete Falko Droßmann (alle SPD) haben sich in einem gemeinsamen Brief an ihre Fraktion gewandt.
„Wir wollen nach der Diskussion in der Fraktionssitzung am Dienstag gemeinsam einige Dinge zum neuen Wehrdienst klarstellen“, schreiben sie in einem Papier.
„Der Grundsatz der Freiwilligkeit steht an erster Stelle und bleibt leitend für unser weiteres Handeln“, erklären Möller, Pistorius und Droßmann darin.
Für den Fall, dass sich nicht ausreichend Freiwillige für den Wehrdienst melden, „müssen wir klare gesetzliche Regelungen für etwaige Verpflichtungen schaffen“. „Dabei ist klar: darüber entscheidet der Deutsche Bundestag“.
In dem Brief zeigen sich Möller, Pistorius und Droßmann überzeugt, gemeinsam mit der Union einen zeitgemäßen Wehrdienst entwickeln zu können. Ziel ist, dass das Wehrdienstgesetz zum 1. Januar in Kraft tritt.
Musterung für alle oder Zufallsprinzip?
Der Streit der vergangenen Tage drehte sich vor allem darum, welche Mechanismen greifen sollen, wenn sich nicht genügend Freiwillige für die Bundeswehr finden und ob künftig alle jungen Männer wieder gemustert werden sollen. Dafür hatte sich Pistorius eingesetzt.
Fachpolitiker von Union und SPD hatten stattdessen vorgeschlagen, junge Männer per Losverfahren zur Musterung und wenn nötig später auch per Zufallsauswahl für einen Pflichtdienst heranzuziehen, wenn die Freiwilligenzahlen zu gering bleiben. An dem Kompromiss war auch Möller beteiligt. Pistorius hatte in einer SPD-Fraktionssitzung zu Beginn der Woche heftig dagegen argumentiert.
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In der ersten Lesung im Bundestag am Donnerstag hatten sich Pistorius sowie Abgeordnete beider Regierungsfraktionen dann jedoch zu Kompromissen bereit gezeigt. Auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt verwies am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ darauf, dass alle Beteiligten erklärt hätten, „dass sie Interesse haben an einem Kompromiss“.
Die Politik müsse am Ende verschiedene Möglichkeiten erörtern und sagen: „Das glauben wir, das ist jetzt der beste Weg“, im Optimalfall auch mit großer Zustimmung in der Bevölkerung. „Dass da aber noch ein bisschen Zeit vergeht und noch ein paar Hürden kommen, das sehe ich auch“, sagte der CSU-Politiker.
Kritik vom Reservistenverband
Kritik an der Debatte und der Idee eines Losverfahrens kam von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. „Das geht alles so nicht“, sagte er dem „Spiegel“. Es müsse darum gehen, „dass mehr Menschen sich beteiligen – Jungen und Mädchen, Frauen und Männer – für den Dienst an dem eigenen Land. Das muss die Diskussion sein und das geht jetzt so verloren.“
Der Präsident des Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr, Patrick Sensburg, sieht eine Wehrpflicht per Losverfahren ebenfalls kritisch: „Das klingt, wie wer den Kürzeren zieht. Ich glaube, das geht auch viel, viel einfacher“, sagte er „Politico“.
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Das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz bewertet er dennoch als wichtigen Schritt für Deutschlands Sicherheit. Freiwilligkeit solle zunächst reichen. „Sollte es nicht ausreichen, da stellt sich die Frage, wie man Regelungen einzieht, dass wir dann auch verpflichtend junge Männer zum Wehrdienst einziehen.“
Sensburg sagte die Einbindung ausgebildeter Reservisten: Es würden die einbezogen, die den Status Reservist haben und unter 65 sind.
Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte Sensburg, er befürworte im Fall der Einführung einer Wehrpflicht die Auswahl nach Qualitätskriterien. „Es gibt zwei Verfahren, das Los- und das Nachrückverfahren, bei dem die Qualifiziertesten gezogen werden.“ Er wäre eher für das Nachrückverfahren, sagte Sensburg. „Das wäre die einfachere und gerechtere Variante.“ Aber auch das Losverfahren sei unter Gerechtigkeitsaspekten nicht ausgeschlossen.
Schüler-Union für mehr Mitspracherecht
Der Vorsitzende der Schüler Union, Manuel Stroh, fordert mehr Mitspracherecht und Berechenbarkeit für seine Generation. „Junge Menschen wollen ihre Zukunft verlässlich planen können“, sagte er dem „Spiegel“.
„Es ist wirklich nervenaufreibend, wenn sich die Wehrpflichtdebatte innerhalb weniger Stunden mehrmals dreht und am Ende keiner mehr weiß, was Sache ist.“ Er erwarte „ein wasserdichtes Konzept, mit dem meine Generation planen kann“, sagte Stroh. (dpa/red)
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