Wer die Rechnung für Klingbeils „Investitions-Booster“ zahlt

Die deutsche Wirtschaft wieder in Schwung bringen – das hat sich Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) vorgenommen. Der Vizekanzler und selbst erklärte „Investitionsminister“ will den Gesetzentwurf seines Ministeriums „für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ mehreren Medienberichten zufolge am Mittwoch, 4. Juni 2025, im Bundeskabinett absegnen lassen, damit die Änderungen möglichst noch vor der Sommerpause Mitte Juli die Hürden Bundestag und Bundesrat nehmen sollen.
Es handele sich um einen „ersten Schritt zur Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen, dem umfassendere weitere Maßnahmen – wie sie im Koalitionsvertrag vereinbart sind – folgen müssen“, heißt es auf Seite 1 des Referentenentwurfs aus Klingbeils Haus (PDF).
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Der Minister schlägt im Einklang mit den Absichtserklärungen aus dem Koalitionsvertrag (PDF) dafür eine Reihe von Maßnahmen vor, die auf Änderungen im Einkommensteuergesetz, im Körperschaftsteuergesetz und im Forschungszulagengesetz hinauslaufen.
2025 bis 2027: „Investitions-Booster“ durch degressive Abschreibung
Schon ab dem 30. Juni dieses Jahres soll der sogenannte „Investitions-Booster“ kommen. Ab dann will Klingbeil den Unternehmen bis zum 31. Dezember 2027 erlauben, bewegliche Wirtschaftsgüter zu maximal 30 Prozent ihres Anschaffungswertes steuerlich abzusetzen. Diese „Absetzung für Abnutzung“ (AfA) soll „in fallenden Jahresbeträgen“ erfolgen, also degressiv. Das bedeutet: Im ersten Jahr soll mehr, in den Folgejahren immer weniger abgeschrieben werden dürfen. Folglich mindert die Anschaffung oder Herstellung etwa einer Produktionsmaschine die Steuerlast im ersten Jahr stärker als in den Jahren danach.
Diese Sonderabschreibung via „Investitions-Booster“ darf allerdings nicht höher sein als der dreifache Wert jenes Prozentsatzes, der für eine jährlich konstante Abschreibung normalerweise angewendet werden würde. Bislang sah Paragraf 7 (2) des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur den zweieinhalbfachen Prozentsatz vor. Die „Wirtschaftswoche“ wies darauf hin, dass die lineare Abschreibung etwa von Photovoltaikanlagen damit auf höchstens 15 Prozent begrenzt würde, denn diese durften bislang mit jährlich maximal 5 Prozent ihres Kaufpreises linear abgeschrieben werden.
Als Ziel der neuen Abschreibungsbedingungen verspricht sich Klingbeil eine „Erhöhung der Rentabilität von Investitionen“ und eine Stärkung der Unternehmensliquidität „insbesondere in der unmittelbaren Phase nach der Investition“.
2025 bis 2027: Förderung der Elektromobilität
Die Anschaffung von neuen E-Autos in Unternehmen soll mit gleich zwei Maßnahmen angekurbelt werden. Wenn ein Arbeitgeber im Zeitfenster vom 1. Juli 2025 bis zum 31. Dezember 2027 ein neues E-Fahrzeug kauft, soll er die Anschaffungskosten schon im Jahr des Kaufes zu 75 Prozent steuerlich abschreiben dürfen. Der Restwert darf in den folgenden fünf Steuerjahren in immer kleineren Schritten von 10 bis 2 Prozent abgeschrieben werden. Dazu will Klingbeil den Paragrafen 7 EStG gezielt um einen neuen Absatz 2a erweitern.
Auch die bisherige Regelung zur Einkommensbesteuerung der halbprivaten Nutzer von E-Dienstfahrzeugen soll angepasst werden: Ihre steuerliche Besserstellung gegenüber anderen Dienstwagenbesitzern soll künftig nicht mehr nur bis zu einem Anschaffungspreis von 70.000, sondern bis zu 100.000 Euro gelten.
Zum Hintergrund: Nutzer von E-Dienstwagen genießen den Vorteil, monatlich nur 0,25 Prozent des Anschaffungspreises als geldwerten Vorteil privat versteuern zu müssen. Nutzer von Verbrennerdienstwagen müssen dagegen ein volles Prozent des Anschaffungspreises versteuern – zuzüglich 0,03 Prozent des Bruttolistenpreises pro Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Die Impulse aus Klingbeils Entwurf, die schon 2025 für einen wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland sorgen sollen, sind also zusammengefasst:
- „Absetzung für Abnutzung“ (AfA)
- eine höhere steuerliche Abschreibung für E-Fahrzeug
- eine weitere steuerliche Besserstellung für E-Dienstfahrzeuge
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Ab 2026: Mehr Fördergelder für die Forschung
In einem nächsten Schritt möchte der SPD-Finanzminister die Bemessungsgrundlage für Forschungsförderungen ab dem Jahr 2026 von 10 auf 12 Millionen Euro erhöhen. Außerdem sollen ab 2026 „zusätzliche Gemeinkosten und sonstige Betriebskosten“, die im Rahmen eines begünstigten Forschungs- und Entwicklungsprojekts entstehen, im Rahmen einer Pauschale von 20 Prozent aller förderfähigen Aufwendungen berücksichtigt werden. Auch dafür soll ein eigener Absatz in Paragraf 3 des Forschungszulagengesetzes (FZulG) hinzugefügt werden.
Alle weiteren Ideen sollen nach den Vorstellungen von Klingbeils Finanzministerium erst mit Beginn des Jahres 2028 greifen – also genau dann, wenn der „Investitions-Booster“ und die Sonderförderung für E-Autos zum Jahresende 2027 auslaufen.
2028: Schrittweise Senkung der Körperschaftsteuer
Zum Ausgleich können sich Unternehmen ab 2028 auf niedrigere Körperschaftsteuersätze einstellen. Statt der bis dahin gemäß Paragraf 23 KStG erhobenen 15 Prozent soll der Fiskus dann nur noch 14 Prozent einstreichen können.
In den Folgejahren soll die Körperschaftsteuer weiter sinken, und zwar jeweils um einen Prozentpunkt. Im siebten Jahr, nämlich im Steuerjahr 2032, würde die Belastung bei nur noch 10 Prozent stehen. Bei dieser Marke soll es danach bis auf Weiteres bleiben – etwaige Regierungswechsel nicht berücksichtigt.
Niedrigerer Steuersatz für nicht entnommene Gewinne
Auch für Gewinne, die auf den Bankkonten der Unternehmen verbleiben, statt sie an Investoren auszuschütten, hat sich das Bundesfinanzministerium etwas überlegt: Für diese soll es auf Antrag – ebenfalls ab 2028 – eine Steuerentlastung geben.
Dann soll der „Thesaurierungssteuersatz“ gemäß Paragraf 34a EStG von derzeit 28,25 Prozent zunächst für zwei Jahre auf 27 Prozent sinken. 2030 und 2031 sollen jeweils nur noch 26 Prozent Steuern für nicht entnommene Gewinne anfallen, ab 2032 dauerhaft 25 Prozent.
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Erleichterungen für die Wirtschaft – Verluste für den Fiskus
Das Ministerium geht davon aus, dass Bund, Länder und Gemeinden noch im ersten „Investitions-Booster“-Jahr 2025 mit Steuermindereinnahmen von letztlich 630 Millionen Euro zu rechnen haben. Dabei hätten die Gemeinden mit einem Minus von 248 Millionen den Löwenanteil zu verkraften. Der Bund sei mit 200 Millionen dabei, die Länder mit 182 Millionen.
Im kommenden Jahr würden die Gesetzesanpassungen die Steuerzahler insgesamt schon gut 4 Milliarden kosten, 2027 sogar knapp 10 Milliarden. 2028 (16,8 Milliarden) und 2029 (17,07 Milliarden) täten sich noch größere Löcher auf. Insgesamt müssten Bund (18,25 Milliarden), Länder (16,63 Milliarden) und Kommunen (13,53 Milliarden) bis einschließlich 2029 auf über 48 Milliarden Euro in ihren Kassen verzichten.
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Dennoch stellen diese Zahlen offenbar das kleinere Übel dar. Laut Referentenentwurf vertraut das Ministerium darauf, dass es gelingt, mithilfe der geänderten Rahmenbedingungen „die Attraktivität des Standorts Deutschland zu steigern, Vertrauen in den Wirtschaftsstandort hinsichtlich attraktiver Wettbewerbsbedingungen zu stärken und so den Wohlstand für alle zu mehren“.
Zumindest für die Unternehmen stünden nach Berechnungen aus dem Referentenentwurf Steuerentlastungen in Höhe von zunächst 2,53 Milliarden Euro anno 2025 zu Buche. 2026 sollen sich die Maßnahmen mit einer Entlastung von 8,11 Milliarden bemerkbar machen, 2027 mit 11,82 Milliarden, 2028 mit 12 Milliarden und 2029 mit 11,3 Milliarden. Sollten sich diese Prognosen bewahrheiten, hätte die deutsche Wirtschaft innerhalb von viereinhalb Jahren 45,76 Milliarden Euro weniger zum Steueraufkommen beigetragen als ohne Investitionssofortprogramm.
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Klingbeils Pläne sind nicht zu verwechseln mit dem Sofortprogramm der Bundesregierung, das noch in diesem Jahr die Strompreise, Steuern und Mieten für Arbeitnehmer, Familien und Rentner verringern soll. Für den 1. Januar 2026 steht neben anderen Vorhaben die Absenkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie sowie die Wiedereinführung der vollständigen Agrardieselrückvergütung für Landwirte im Raum.
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Nach Informationen von „ntv“ soll das neue Gesetz für Klingbeils steuerliches Investitionsprogramm gemeinsam mit den Haushaltsgesetzen für 2025 und 2026 sowie mit dem 500 Milliarden schweren Sonderkreditgesetz für Infrastruktur und Klima Ende Juni der Bundesministerriege vorgelegt werden.
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