Merz sieht keinen schnellen Wasserstoffhochlauf für Industrie

Wettbewerbsfähige Preise für den Umstieg auf Wasserstoff sieht Merz aktuell nicht. Die Partnerländer würden allerdings auf ein Signal aus Deutschland warten und hätten sich bereits auf den Wasserstoffhochlauf vorbereitet, erfuhr Epoch Times von einem Haushaltspolitiker.
Kanzler Merz ist der Meinung, dass seine Regierung einen Stimmungsumschwung in Deutschland herbeigeführt hat.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) im Plenum am Mittwoch, 9. Juli.Foto: Niklas Treppner/dpa
Von 10. Juli 2025

In Kürze:

Merz sieht Wasserstoffhochlauf als eine langfristige Aufgabe.

Der SSW-Abgeordnete Seidel bemängelt stockende Zusammenarbeit mit Partnerländern und sieht Industrieregionen im Norden gefährdet.

Der Kanzler kündigt eine nationale Kraftwerkstrategie an.


 

Günstiger, grüner Wasserstoff als klimafreundlicher Energieträger für die deutsche Industrie bleibt weiterhin Zukunftsmusik. Dies ging aus der Befragung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) im Plenum am Mittwoch, 9. Juli, hervor.

Merz unterstütze die Gewinnung von Wasserstoff aus Windenergie im Norden des Landes. „Wir brauchen dafür allerdings in Deutschland ein weitgehend neues Leitungsnetz, sowohl für die Stromversorgung als auch für die Versorgung mit Wasserstoff. Das ist eine langfristige Aufgabe“, so Merz. Dafür stelle man auch „umfangreiche Mittel“ zur Verfügung.

Ziel seien wettbewerbsfähige Preise, um zu verhindern, dass für den Umstieg mittelfristig keine Subventionen mehr notwendig seien.

Mit grünem Wasserstoff plant die Regierung, das jahrelang genutzte günstige russische Erdgas und das danach teuer bezogene LNG-Gas zu ersetzen und gleichzeitig ein Erreichen der Klimaziele zu ermöglichen.

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Insolvenzen und Abwanderung deutscher Unternehmen

Die deutsche Industrie leidet unter hohen Energiepreisen. Betriebe gehen unter anderem aus dem Grund in die Insolvenz oder wandern ins Ausland ab. Ein subventionierter Industriestrompreis, der in Planung ist, soll energieintensive Unternehmen entlasten. Auch soll es ab 1. Januar 2026 Erleichterungen bei den Energiepreisen durch Senkung der Netzentgelte und das Aus für die Gasspeicherumlage für Gaskunden geben.

Für Unternehmen plant die Bundesregierung zudem bei Überschreitung eines Stromverbrauchs von 12,5 Megawattstunden beziehungsweise einer jährlichen Stromsteuer von mindestens 250 Euro Entlastung bei der Stromsteuer.

Der fraktionslose Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler befragte den Kanzler zu den Plänen der Wasserstoffnutzung am Mittwoch. Er ist einziges Parlamentsmitglied des Südschleswigsche Wählerverbands (SSW), der die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein vertritt.

Er sieht durch einen zu zögerlichen Wasserstoffhochlauf in Deutschland die Zukunftsfähigkeit der Industrieregionen im Norden gefährdet und kritisiert, dass trotz der im Koalitionsvertrag zugesagten Umstellung auf „klimaneutralen“ Wasserstoff die Regierung Haushaltskürzungen bei der Förderung des Hochlaufs plant.

Mit „klimaneutralem“ oder blauem Wasserstoff sind durch Erdgas gewonnener Wasserstoff gemeint. Grüner Wasserstoff wird nur mithilfe von erneuerbaren Energien gewonnen.

Das Mitglied im Haushaltsausschuss sieht zudem kritisch, dass die Finanzierung der Gasumlage künftig laut Haushaltsentwurf 2025 mit Mitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds bestritten werden soll, statt sie für den „echten Transformationsrohstoff“ wie Wasserstoff bereitzustellen.

Der fraktionslose Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler ist einziges Parlamentsmitglied des Südschleswigschen Wählerverbands (SSW), der die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein vertritt. Foto: Epoch Times

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Kritik an Zusammenarbeit auf europäischer Ebene

Seidler bemängelt auch eine stockende Zusammenarbeit mit den Partnerländern beim Wasserstoffhochlauf.

Er bezieht sich dabei auf den Koalitionsvertrag, wo es heißt, dass man sich auf europäischer Ebene für „eine Energieunion in Vollendung des Energiebinnenmarktes mit einer leistungsfähigen grenzüberschreitenden Infrastruktur und mit dem Abbau beihilferechtlicher Hürden“ einsetze.

Die Niederlande und Dänemark würden laut Seidler derzeit entsprechende Wasserstoffinfrastruktur und Produktionskapazitäten schaffen mit der Erwartung, dass die Bundesrepublik den Wasserstoffhochlauf und die industrielle Nachfrage nach grünem Wasserstoff auch für wasserstofffähige Gaskraftwerke anregt.

Merz erwidert auf Seidler dazu im Plenum: „Wir erwarten einen weiteren Hochlauf der Wasserstoffproduktion und der Wasserstoffversorgung. Wir wissen allerdings auch, dass wir die grundlastfähige Energieversorgung unseres Landes gegenwärtig jedenfalls allein mit Windenergie und Solarenergie nicht sicherstellen können.“

Deswegen habe man eine Kraftwerkstrategie entwickelt, die weitestgehend fertig sei. „Die Bundeswirtschaftsministerin hat darüber auch mit der Europäischen Kommission gesprochen, weil es hier auch um genehmigungsfähige Beihilfetatbestände geht“, so der CDU-Politiker.

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„Wann können wir Wasserstoff nach Deutschland liefern?“

Im Gespräch mit Epoch Times macht Seidler nach der Kanzlerbefragung deutlich, dass er eine Diskrepanz im Regierungshandeln sieht: Im Ausland werde Wasserstoff für Deutschland produziert. „Und die fragen mich natürlich als Vertreter der dänischen Minderheit ganz oft aus Dänemark: ‚Sag mal, wann können wir denn unseren Wasserstoff nach Deutschland liefern? Wir haben jetzt alles hochgefahren‘“.

Laut Seidler sollen 80 Prozent des gesamten Wasserstoffexports aus Dänemark nach Deutschland gehen. Das soll ungefähr 15 Prozent des norddeutschen Bedarfs decken. „Aber im Augenblick erleben sie nicht die Abnahme, die ihnen eigentlich versprochen wurde. Und da sehe ich ein Problem auch unseren europäischen Partnern gegenüber“, so der Abgeordnete.

Merz selbst erklärt, dass er die enge Zusammenarbeit mit den europäischen Nachbarn – in diesem Falle den Dänen und den Niederländern – suche und daher mit beiden im intensiven Austausch stehe. „Damit wir genau da auch eine gemeinsame Strategie entwickeln können“.

Seidler hingegen sieht einen ins Stocken geratenen Dialog: „Der Kanzler hat mir erwidert, es stockt nichts. Die Praxis bei uns im Norden zeigt aber etwas anderes.“



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