SPD vor personeller Weichenstellung: Wackelt Eskens Vorsitz?

Die SPD ringt nach ihrem Wahldebakel mit der eigenen Führung. Parteichefin Saskia Esken gerät zunehmend unter Druck – Rücktrittsforderungen werden immer lauter. Ob sie bleibt, ist offen, die Nachfolge ist unklar.
Saskia Esken will trotz des Wahldesasters SPD-Parteichefin bleiben. (Archivbild)
Sind die Tage von Saskia Esken als SPD-Vorsitzende gezählt? Im Juni fällt die Entscheidung.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 26. März 2025

Seit der Bundestagswahl und dem schlechten Abschneiden der SPD schwelgt in der Partei eine Führungsdebatte. Im Mittelpunkt der Diskussion steht Co-Parteichefin Saskia Esken.

Kurz nach der Bundestagswahl machte sich Unmut bei der Parteibasis gegen Esken, die seit fünf Jahren an der Parteispitze steht, breit. Einen Tag nach der Wahl hatte die Parteichefin auf einer Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz und ihrem Co-Chef Lars Klingbeil erklärt, sie wolle auch nach der Niederlage an der Parteispitze bleiben. Sie habe mehr als fünf Jahre mit großer Freude an der Geschlossenheit der Partei gearbeitet, sagte Esken in der Berliner Parteizentrale. „Und das gedenke ich auch weiter zu tun.“

Im Wahlkreis Calw (Baden-Württemberg), in dem Esken als Direktkandidatin angetreten war, erreichte sie lediglich 17,2 Prozent der Erststimmen und musste sich ihrem CDU-Kontrahenten Klaus Mack geschlagen geben, der mit 33,8 Prozent den Wahlkreis gewann.

Auch auf dem Instagram-Account von Saskia Esken entlud sich in den Kommentaren die Enttäuschung vieler SPD-Anhänger. Immer wieder wurden dort Rücktrittsforderungen laut.

So schrieb etwa eine Nutzerin unter dem Dankespost von Esken:

Weniger als 20.000 Stimmen gewonnen und weiter im Amt bleiben wollen. Rücktritt oder Austritte werden folgen. Wir Mitglieder machen das nicht mehr mit. Eine Bundesvorsitzende muss überzeugen können. Und das kannst Du absolut nicht. Sicher gibt es andere Wege für Dich, der Partei wieder zu dienen.“

Vom Parteivorsitz ins Ministeramt?

Nicht nur an der Basis entlud sich der Ärger über die SPD-Politikerin. Der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) war der Erste, der einen Rücktritt von Esken öffentlich forderte. Gegenüber dem „Tagesspiegel“ sagte Jung sehr deutlich:

Für die Genossin Esken sehe ich eigentlich keine weiteren Aufgaben in der Parteiführung, die letztlich für die SPD auch Fortschritt und Mehrwert bringen könnten.“

Auch die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Dagmar Freitag hatte im „Tagesspiegel“ den Rücktritt Eskens ins Spiel gebracht. Eine langjährige Parteivorsitzende, die im eigenen Bundestagswahlkreis ein schlechtes Ergebnis der Erststimmen hole, habe „erkennbar keine Akzeptanz“ bei den Bürgern, sagte Freitag. Das aber sei eine unbedingte Voraussetzung für Akzeptanz in der Partei. „Daher wäre es im Interesse der SPD wünschenswert, wenn Saskia Esken zeitnah selbst zu dieser Erkenntnis kommen und von sich aus zurücktreten würde.“

In der Debatte um ein mögliches Ministeramt für Esken meldete sich auch Franziska Giffey (SPD) in der „Rheinischen Post“ zu Wort. „Ich denke, dass die SPD mit der Kabinettsbesetzung neben Erfahrung und Expertise auch ein Zeichen des Neubeginns setzen sollte“, so die stellvertretende Regierende Bürgermeisterin und Wirtschaftssenatorin von Berlin. „Alles andere wäre in der Bevölkerung nach der historischen Wahlschlappe nicht erklärbar“, sagte Giffey weiter.

Parteitag um sechs Monate vorgezogen

Anfang März hat der SPD-Parteivorstand das Papier „Verantwortung in schweren Zeiten mit Mut zur Erneuerung“ beschlossen. Die SPD stehe jetzt „am Beginn eines Neuaufbaus“, heißt es dazu im Papier. Der Parteitag mit Neuwahl, ursprünglich zum Jahresende geplant, soll jetzt im Juni stattfinden, heißt es im Papier weiter.

Im „ZDF-Morgenmagazin“ erklärte Esken selbst, dass das Wahlergebnis auf dem vorgezogenen Parteitag im Sommer analysiert werde. „Da werden auch personelle Konsequenzen notwendig sein. Das werden wir als Team entscheiden“, so die SPD-Chefin weiter. In der Sendung „Neustart“ auf n-tv hatte Esken schon zuvor angedeutet, eventuell als Parteivorsitzende zurückzutreten. „Ich kann auch so was nicht ausschließen, weil solche Gespräche ja immer wieder stattfinden“, sagte Esken damals. Das Amt der Parteivorsitzenden sei sehr ehrenhaft, aber befristet.

Anke Rehlinger schließt Kandidatur zum Parteivorsitz aus

Wer Saskia Esken im Amt folgen könnte, ist noch unklar. Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger möchte es nicht werden. Das sagte sie schon kurz nach der Wahl dem „ARD-Morgenmagazin“. Sie stehe für dieses Amt nicht zur Verfügung, so Rehlinger.

Im „SR-Interview“ begründete sie wenig später noch einmal ihre Entscheidung. „Ich will meiner Verantwortung für das Saarland gerecht werden.“ Daher sei auch eine Doppelfunktion als Ministerpräsidentin und Parteichefin im Bund für sie ausgeschlossen. „Ich glaube, man kann bei den Herausforderungen, die es gerade gibt, den Bundesvorsitz nicht von Saarbrücken aus führen. Das wäre weder gut für die SPD noch für das Saarland.“

Nun hat sie diese Position am Dienstagabend noch einmal bei der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ bestätigt. „Ich werde es nicht“, antwortete Rehlinger dort auf die Frage nach einer möglichen Nachfolge von Co-Parteichefin Saskia Esken. „Ich glaube nicht, dass man von Saarbrücken aus momentan den Herausforderungen, die die Sozialdemokratie an dieser Stelle auch zu bewältigen hat, gerecht werden kann.“

„Weder für die eine noch für die andere Rolle“, so Rehlinger weiter. Sie sei froh, mit absoluter Mehrheit im Saarland regieren zu können. Auf Nachfrage, ob sie den Parteivorsitz für sich ausschließe, antwortete Rehlinger zweimal mit „Ja“. Rehlinger ist stellvertretende Parteichefin.



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