Allergierisiko aus der Waschmaschine und vom Frühstückstisch

Enzyme sind aus dem Alltag kaum wegzudenken: Sie machen Waschmittel wirksamer, spielen eine wichtige Rolle bei der Herstellung von Brot und Käse, verbessern Hautpflegeprodukte und kommen in modernen Textilien und Reinigungsmitteln zum Einsatz. Doch der Nutzen hat auch eine Kehrseite: Rückstände enzymatisch aktiver Substanzen können die Schutzfunktion von Haut und Schleimhäuten stören. Das kann die Entstehung oder Verschlimmerung von Allergien begünstigen – ein bislang oft unterschätztes Gesundheitsrisiko.
„Viele Menschen wissen gar nicht, dass Enzyme in Waschmitteln oder Lebensmitteln ihre Beschwerden auslösen könnten“, sagt Thomas Bohner, Pharmazeut mit molekularbiologischer Doktorarbeit. „Dabei können selbst minimale Mengen – etwa Rückstände auf gewaschener Kleidung – ausreichen, um eine chronische Reizung der Hautbarriere auszulösen. Und genau diese Vorschädigung kann eine Sensibilisierung [Anm. d. Red.: Eine erhöhte Reaktion des Immunsystems auf einen äußeren Reiz] nach sich ziehen.“
Vom Labor auf den Teller: Die stille Verbreitung technischer Enzyme
In industriell hergestellten Produkten wie Waschmitteln, Reinigern, Spülmitteln, Hautpflegeprodukten und Lebensmitteln finden sich heute zahlreiche Enzyme:
- Proteasen zum Aufspalten von Proteinen
- Lipasen zur Fettlösung
- Amylasen zum Zersetzen von Stärke
Während sie ursprünglich aus natürlichen Quellen wie Pilzen oder Bakterien gewonnen wurden, kommen heute häufig biotechnologisch veränderte Varianten zum Einsatz, etwa durch gentechnisch modifizierte Mikroorganismen. Beispiel: Bei Käse hilft gentechnisch hergestelltes Chymosin bei der Gerinnung.
Die Herstellung von Chymosin mithilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen war Ende der 1990er-Jahre eine der ersten kommerziellen Anwendungen der Gentechnik im Lebensmittelsektor.
Genaue Zahlen über Marktanteile der verschiedenen Labenzyme in der Käseherstellung sind nicht bekannt; in den USA und in Großbritannien soll Käse zum Großteil mit gentechnisch gewonnenem Chymosin erzeugt werden. Es ist davon auszugehen, dass Chymosin-Präparate auch bei zahlreichen Käseprodukten zum Einsatz kommen, die in Deutschland und der EU auf dem Markt sind.
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In der Regel gelten Enzyme lebensmittelrechtlich nicht als Zutat, sondern als Verarbeitungshilfsstoffe, die nicht auf der Zutatenliste aufgeführt werden.
Auch mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen erzeugte Enzyme müssen nicht besonders gekennzeichnet werden. Die können sich auf dem Etikett hinter Begriffen verstecken wie:
- Enzympräparate
- Mikrobielle Enzyme
- Technologische Hilfsstoffe
- Backhilfsmittel
- modifizierte Stärke oder
- Fermentationsprodukte
Generell gilt: Bei industriell gefertigten Lebensmitteln mit langer Zutatenliste ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Enzyme eingesetzt werden.
Haushaltshelfer und ihre Wirkung: Zersetzung bis in die Hautbarriere
Enzyme verbessern die Verarbeitung und Haltbarkeit von Lebensmitteln oder erhöhen bei Reinigungsmitteln die Reinigungswirkung.
Sie können jedoch auch allergieauslösend sein – vor allem bei Hautkontakt. Problematisch ist, dass Enzyme in vielen Produkten nicht als Inhaltsstoffe angegeben werden müssen. Im Gegensatz zu Duft- oder Konservierungsstoffen gelten sie häufig nicht als kennzeichnungspflichtige Allergene – obwohl Studien zeigen, dass sie allergische Reaktionen oder Hautreizungen hervorrufen können.
In einer Studie von 2015 des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf wurden die Auswirkungen von gentechnisch veränderten Enzymen in Bezug auf Allergien untersucht. In der Studie zeigten 23 Prozent der Arbeitnehmer, die im Rahmen ihrer Tätigkeit gentechnisch veränderten Enzymen ausgesetzt waren, eine Sensibilisierung. Die Studienmacher sahen eine starke allergene Wirkung dieser Enzyme bestätigt.
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„Waschaktiv“ – aber hautgefährlich: Warnung vor Proteasen
Enzyme stecken nicht nur in Lebensmitteln im Kühlschrank, sondern auch in vielen Produkten zu Hause – zum Beispiel in Kosmetika, Reinigern, Weichspülern und fast allen modernen Waschmitteln. Auch nach dem Waschen können Reste dieser Enzyme in der Kleidung bleiben. Wenn die Kleidung dann auf die Haut trifft, können die Enzyme weiterhin wirken – und genau das kann problematisch sein.
Versuche von Dr. Bohner zeigen, dass Wäsche, welche mit enzymhaltigen Waschmitteln gewaschen wurde, mindestens drei komplette Spülgänge benötigt, damit keine Enzymreste mehr auf der Wäsche sind.
Für Verbraucher ist dieses Risiko schwer einzuschätzen. Es fehlt an klaren, verbindlichen Kennzeichnungsvorgaben – weder für Wasch- noch für Lebensmittelprodukte existiert eine flächendeckende Pflicht zur Angabe enzymatischer Inhaltsstoffe.
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Ein Fall für die Politik: Warum klare Kennzeichnung überfällig ist
„Verbraucher können nicht erkennen, ob und welche Enzyme in einem Produkt enthalten sind. Dabei haben sie ein Recht darauf, über mögliche Risiken für ihre Haut- und Schleimhautbarriere informiert zu werden“, kritisiert Bohner.
Seine Forderung: Enzyme müssen wie andere sensibilisierende Stoffe klar deklariert werden.
Zudem bedürfe es unabhängiger toxikologischer Prüfungen durch staatliche Stellen, bevor Produkte mit Enzymen in den Handel gelangen.
Der promovierte Pharmazeut hat einen eigenen Leidensweg hinter sich. Allergieschübe ließen ihn den Sport aufgeben, später entwickelte er, frustriert von mangelnder Aufklärung und begrenzten Behandlungsmöglichkeiten, das Unternehmen Kalixan, mit dem er enzymfreie Produkte entwickelt, die Allergikern echte Alternativen bieten – von Waschmitteln über Körperpflege bis hin zu Alltagsgegenständen. Epoch Times berichtete.
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Für Betroffene empfiehlt Bohner eine kritische Selbstbeobachtung: Wer unter chronischen Haut- oder Schleimhautreizungen leidet, sollte gezielt enzymfreie Produkte testen – insbesondere bei Waschmitteln, Kosmetika und Haushaltsreinigern. Auch der Umstieg auf enzymfreie Lebensmittel und der Griff zu weniger verarbeiteten Lebensmitteln kann helfen, die Haut zu entlasten und ihre Schutzfunktion zu stärken.
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„Je besser wir verstehen, was uns im Alltag auf molekularer Ebene reizt, desto besser können wir uns schützen“, sagt Bohner. „Enzyme sind keine Feinde – aber wir müssen ihre Wirkung auf unseren Körper ernst nehmen. Nur so lässt sich verhindern, dass sie unbemerkt chronische Erkrankungen fördern.“
Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
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