Antiparasitenmittel: Wie das Fallbeispiel einer Krebsheilung Debatten und neue Forschungen auslöste

Joe Tippens setzte bei seiner Krebsbehandlung auf einen unkonventionellen Ansatz, der auf einem Medikament basiert, das nur zur Behandlung von Darmparasiten bei Tieren zugelassen ist, und löste damit eine hitzige Debatte aus.
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Antiparasitikum gegen Krebs: Kann das funktionieren?Foto: Illustration von The Epoch Times
Von , , , 11. September 2025

In Kürze:

  • Joe Tippens verwendete im Rahmen seiner Krebstherapie ein nicht zugelassenes Medikament namens Fenbendazol, das eigentlich nur gegen Darmparasiten bei Tieren eingesetzt wird.
  • Sein unkonventioneller Ansatz, das „Joe-Tippens-Protokoll“, sorgt für Hoffnung, aber auch für Kritik.
  • Es gibt nach wie vor keine klinischen Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit, jedoch rückte es die Wirkstofffamilie der Antiparasitika stärker in den Fokus der Krebsforschung.

 

Joe Tippens wollte lediglich überleben. Der heute 67-jährige Unternehmer hatte nicht im Sinn, durch die Anwendung eines nicht zugelassenen Medikaments zum Namensgeber eines viel diskutierten Behandlungsansatzes zu werden. In einem Gespräch mit Epoch Times berichtet der seit mehreren Jahren krebsfreie Amerikaner, wie er einer schweren Krebserkrankung mit geringer Überlebenschance erfolgreich entgegenwirkte und damit eine Debatte auslöste, die bis heute anhält.

Die Geschichte des Joe-Tippens-Protokolls

Im August 2016 wurde bei Joe Tippens kleinzelliger Lungenkrebs mit einem faustgroßen Tumor diagnostiziert. Nach einer Chemotherapie und fünfmal wöchentlicher Bestrahlung war der große Tumor in seiner linken Lunge verschwunden. Allerdings erhielt er nach Neujahr 2017 eine niederschmetternde Nachricht: Bei einer Nachuntersuchung wurden Metastasen im nahezu ganzen Körper gefunden, darunter in den Knochen, der Bauchspeicheldrüse, der Leber und im Nackenbereich.

Joe Tippens’ Onkologe sagte ihm, es blieben ihm nur noch wenige Monate zu leben.

Angesichts dieser düsteren Aussicht setzte der Unternehmer neben einer konventionellen Krebstherapie auf einen ungewöhnlichen Ansatz. Tippens hörte von einem befreundeten Tierarzt eine Geschichte, die ihm Hoffnung machte: Eine Wissenschaftlerin mit Krebs im Endstadium hatte laut der Erzählung ihre Labormäuse und anschließend sich selbst mit Fenbendazol, einem Antiparasitikum, geheilt.

Das Medikament Fenbendazol, das seit 30 Jahren zur Behandlung von Darmparasiten bei Tieren eingesetzt wird, hat keine Zulassung der Food and Drug Administration (FDA; US-amerikanische Behörde für Arzneimittel) oder der Europäischen Arzneimittel-Agentur für die Anwendung am Menschen. Laut den Behörden gibt es keine klinischen Studien, die zeigen, dass die Anwendung von Fenbendazol am Menschen sicher sei.

Dennoch begann Tippens in der dritten Januarwoche 2017 in Eigenverantwortung mit der Einnahme des Tierarzneimittels Panacur, das etwa 222 Milligramm Fenbendazol pro Gramm enthält. Er nahm laut eigenen Angaben 1 Gramm pro Tag an drei aufeinanderfolgenden Tagen pro Woche. Nach vier Tagen Pause ohne das Medikament wiederholte er seine dreitägige Routine. Zu seinem eigenmächtigen Behandlungsansatz gehörten auch Theracurmin, eine Form des Wirkstoffs in Kurkuma, und CBD, ein Extrakt aus Cannabis, der keine berauschende Wirkung hat.

Drei Monate später war Tippens krebsfrei und ist es bis heute. Er machte seine persönliche Erfahrung im Internet öffentlich, was schließlich zum „Joe-Tippens-Protokoll“ wurde.

Lob und Kritik am Joe-Tippens-Protokoll

Während für manche Ärzte der positive Effekt von Antiparasitenmitteln, sogenannten Antiparasitika, auf Krebs keine Überraschung war, kritisierten andere die Anwendung eines nicht zugelassenen Medikaments und warnen Patienten vor einem nicht wissenschaftlich fundierten „Internet-Hype“.

„Ich hatte mehrere Patienten, die nach mehrmonatiger Anwendung des Protokolls für krebsfrei erklärt wurden“, sagte Dr. William Makis, ein kanadischer Onkologe, gegenüber Epoch Times.

Makis erzählt von Fallbeispielen von Patienten mit verschiedenen Krebsarten, die er behandelt hat. Darunter seien Patienten mit häufigen Krebsarten wie Brust-, Prostata-, Darm- und Lungenkrebs sowie mit selteneren Formen wie Cholangiokarzinom (Gallenwegskrebs) und Sarkomen (Weichteiltumoren). Obwohl Makis selbst Antiparasitika wie Ivermectin und Fenbendazol unterstützend zur Krebsbehandlung empfiehlt, räumt er ein, dass viele Ärzte davon Abstand nehmen.

Besonders starke Kritik kommt beispielsweise von Ärzten und Behörden aus Korea. Dort sprach sich die Gesundheitsbehörde MFDS bereits im Jahr 2019 klar gegen die Anwendung von Fenbendazol bei Krebs aus, und koreanische Wissenschaftler veröffentlichten Publikationen, in denen das Joe-Tippens-Protokoll als „Fake News“ im Gesundheitsbereich bezeichnet wurde.

Lauren-Jei McCarthy, Pressesprecherin der FDA, bestätigte gegenüber Epoch Times, dass es keine Zulassung für Fenbendazol am Menschen gebe. Es habe nicht die strengen Tests und klinischen Studien durchlaufen, die für Arzneimittel zur Anwendung am Menschen erforderlich sind. Fenbendazol ist nur als Antiparasitikum zur Entwurmung bei Tieren zugelassen und ein Einsatz bei Krebs nicht empfohlen.

Die aktuelle Studienlage zu Antiparasitika bei Krebs

Obwohl es aktuell keine Zulassung zur Krebstherapie am Menschen gibt, zeigen mehrere Studien, dass Antiparasitika wie Ivermectin oder Fenbendazol durchaus Potenzial haben, gegen Krebszellen vorzugehen.

Untersuchungen mit Ivermectin, das am Menschen unter anderem zur Behandlung gegen Fadenwürmer und Krätze zugelassen ist, kamen bereits im Jahr 2016 zu dem Schluss, dass das Medikament in Zell- und Tierversuchen das Voranschreiten von bösartigen Hirntumoren hemmte.

Eine Studie aus dem Jahr 2018 lieferte Hinweise, dass Zellen von Parasiten und Krebszellen den Körper über ähnliche Mechanismen schwächen. Daher könnte das Eingreifen in diese Mechanismen mit Antiparasitika laut den Forschern auch eine positive Wirkung gegen Krebszellen haben.

Eine Tierstudie, die im Fachjournal „Anticancer Research“ veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss, dass Fenbendazol den Energiestoffwechsel von Zellen beeinflusst – hauptsächlich durch Erhöhung des p53-Spiegels und Beeinflussung der Zuckeraufnahme. So trägt es dazu bei, Krebszellen auszuhungern, wobei normale Zellen, die einen langsameren Stoffwechsel haben, nur minimal geschädigt werden.

Die Wissenschaftler kritisierten im Rahmen der Publikation, dass „trotz zahlreicher Erfolgsgeschichten mit Fenbendazol und umfangreicher In-vitro- und In-vivo-Forschung die Umwidmung von Fenbendazol für die Krebsbehandlung von konventionellen medizinischen Einrichtungen und Onkologen weiterhin nicht empfohlen wird“. Zudem sprachen sie sich dafür aus, dass klinische Studien am Menschen finanziert und durchgeführt werden sollten.

Forscher des Stanford University Medical Center veröffentlichten drei Fallstudien, in denen Patienten mit schweren urogenitalen Krebserkrankungen zusätzlich zu ihrer konventionellen Krebstherapie Fenbendazol einnahmen. Alle drei Fälle waren nach der Behandlung krebsfrei. Auch in diesem Fall sprachen sich die Wissenschaftler dafür aus, dass klinische Studien vorangetrieben werden sollten, da in den Fallstudien auch eine geringe Toxizität des Medikaments beobachtet wurde.

Klinische Studien am Menschen

Obwohl das Interesse in sozialen Netzwerken an Joe Tippens Erfahrungen vor allem bei betroffenen Krebspatienten mit schwerwiegenden Diagnosen groß ist, wurden bis jetzt keine umfassenden klinischen Studien am Menschen durchgeführt. Nach wie vor gibt es daher keine eindeutige Antwort, ob Antiparasitika tatsächlich Krebsbehandlungen positiv unterstützen können und welche Nebenwirkungen es gibt, obwohl Mittel wie Fenbendazol kostengünstig und für entsprechende Tests leicht verfügbar wären.

Der Immunologe Dr. Kay Klapproth, der selbst über 20 Jahre lang in der Krebsforschung aktiv war, sieht darin folgenden Grund: „Fenbendazol und ähnliche Antiparasitika zeigen in Studien großes Potenzial gegen Krebs und sind gut verträglich. Doch jede Tumorart erfordert eigene, teure Studien – und mit patentfreien Wirkstoffen lässt sich kaum Geld verdienen. Bei nachgewiesener Wirksamkeit könnten andere Hersteller die Therapie einfach kopieren. In der heutigen finanzgesteuerten Forschung entscheidet nicht der Leidensdruck der Patienten, sondern die Rendite, welche Medikamente entwickelt werden.

Wenn wir bezahlbare, wirksame Krebsmedikamente wollen, brauchen wir öffentlich finanzierte und transparente Studienprogramme, die vielversprechende Ansätze ernsthaft und unabhängig prüfen“, so Dr. Klapproth in einer E-Mail an Epoch Times.

Obwohl noch viele Fragen klinisch nicht geklärt sind und das Joe-Tippens-Protokoll viel kritisiert wurde, sieht Tippens selbst auch einen positiven Effekt, den er auf die Veröffentlichung seiner persönlichen Geschichte zurückführt: In den letzten Jahren untersuchen Forschungsgruppen in verschiedenen klinischen Studien Mebendazol auf seine Wirkung bei verschiedenen Krebsarten im fortgeschrittenen Stadium. Dieses Medikament ist ebenfalls ein Antiparasitikum und Fenbendazol sehr ähnlich.

Erste Ergebnisse (1, 2) sind bereits veröffentlicht und eine weitere größere klinische Studie mit Patienten, die an Dickdarmkrebs erkrankt sind und zusätzlich zu ihrer Chemotherapie Mebendazol erhalten, läuft gerade. Ergebnisse dieser klinischen Studie werden im Jahr 2028 erwartet.

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel „How 1 Cancer Survivor Triggered Interest in Repurposed Antiparasitic Drugs. (deutsche Bearbeitung cs)



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