Ein typischer Montag – ein Albtraum für das Nervensystem

Nichts für schwache Nerven: Informationsüberlastung, Krisen, Konflikte und Gewalteskalationen, gepaart mit Alltagsstress und ständigen Reizen, versetzen das Nervensystem in einen dauerhaften Krisenmodus. Die Folge: Erschöpfung, Unruhe und ein Gefühl der Überforderung. Doch es gibt Wege, um gegenzusteuern.
Titelbild
Ein stressiger Alltag ist nichts für schwache Nerven.Foto: istock/Jacob Wackerhausen
Von 30. Juni 2025

In Kürze:

Dauerhafter Krisenmodus: Studien zeigen, dass das Nervensystem durch ständige Reize und Krisen belastet ist.

Die Konzentration an Stresshormonen ist dauerhaft zu hoch. Abgeschlagenheit, Erschöpfung und chronische Krankheiten sind die Folge.

Starke Nerven sind das Resulat eines ruhigen, regulierten Nervensystems. Die Funktionsweise des Nervensystems zu verstehen, ist der erste Schritt, um Wege zu finden, es gezielt zu beruhigen.

 

Montagmorgenchaos: Wenn Stress die Woche einläutet

Der Montag startete turbulent. Noch im Bett, das Handy in der Hand, leuchtete eine Nachricht auf: Eine Kollegin ausgefallen, dringende Laborversuche in der Schwebe. Hektisch sprang ich auf, schnappte meine Frühstückssemmel und hastete zur Straßenbahn. Dort flimmerten die Schlagzeilen des Tages: Ukraine-Krieg und explodierende Heizkosten lösten gerade die Nachwehen der Corona-Krise ab.

Im Büro empfing mich mein Kollege mit unheilvoller Miene: „Hast du die neue E-Mail schon gesehen?“ Mein Puls beschleunigte, die letzte Spur Wochenendruhe verpuffte. „Typischer Montag“, seufzte er. Wenn Ihre Woche auch so oder so ähnlich beginnt, ist Ihr Nervensystem bereits vor Montagmittag im Kampf-oder-Flucht-Modus. Dauert ein solcher Stresszustand längere Zeit ohne gezielte Entspannung an, wird das Nervensystem überlastet.

Immer mehr Studien zeigen, dass der moderne Lebensstil mit konstanter Informationsüberlastung, andauernder Erreichbarkeit durch Internet und Smartphones, einer Unmenge an täglichen Entscheidungsmöglichkeiten, wenigen persönlichen sozialen Kontakte und ständig neuen Krisen immer mehr Menschen genau in eine solche dauerhafte Überlastung versetzt.

Symptome eines überlasteten Nervensystems zeigen sich durch Erschöpfung, Müdigkeit, psychische und neurologische Erkrankungen wie Depression oder Alzheimer und ein geschwächtes Immunsystem. Zudem trägt die dauerhafte Überlastung des Nervensystems zu der Entstehung von chronischen Krankheiten wie erhöhtem Blutdruck, Diabetes, Magen-Darm-Erkrankungen, Entzündungen und Schmerzen bis hin zu Krebs bei.

Ein unverzichtbarer Schutz

Das menschliche Nervensystem ist ein wahres Wunderwerk, das nicht nur die Schaltzentrale für bewusste Vorgänge im Körper ist, sondern auch hinter den Kulissen viele unbewusste Reaktionen steuert. Es ist darauf ausgelegt, in gefährlichen Situationen sofort zu reagieren, um uns zu schützen.

Dafür löst das Nervensystem in Gefahrensituationen eine Stressreaktion aus. Man spricht oft vereinfacht vom sogenannten Kampf-oder-Flucht-Modus.

Oft wird dafür zum Verständnis folgendes Beispiel verwendet: Die Menschen zu Urzeiten begegneten auf der Jagd plötzlich einem großen, gefährlichen Tiger. Der Körper bereitete sich blitzschnell vor, um entweder weglaufen zu können oder ums Überleben zu kämpfen.

Der sogenannte Kampf-oder-Flucht-Modus ist ein Überbegriff für die Strategie des menschlichen Nervensystems, um in bedrohlichen Situationen die bestmöglichen Bedingungen für das Überleben zu schaffen. Körper und Gehirn werden in Alarmbereitschaft versetzt und die Sinne geschärft. Dafür werden Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet, um folgende Mechanismen in Gang zu setzen:

  • Erhöhung der Herzfrequenz und des Blutdrucks und Beschleunigung der Atmung. So wird mehr Sauerstoff zur Verfügung gestellt, um Gehirn und Muskeln optimal zu versorgen. 
  • Durch die erhöhte Sauerstoffversorgung steigen Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit. Die Sinneswahrnehmung ist erhöht, und wir sehen und hören besser.
  • Zusätzlich kommt es zur Anspannung der Muskeln und einem Anstieg des Blutzuckerspiegels. So werden schnelle Bewegungen ermöglicht und zusätzliche Energie bereitgestellt, um beispielsweise ausweichen oder weglaufen zu können.
  • Weitere Schutzmaßnahmen werden in Gang gesetzt, wie die Verdichtung des Blutes. Damit soll im Falle einer Verletzung der Blutverlust verringert werden.

Das Nervensystem in der Krise

Der Mechanismus ist also perfekt darauf ausgelegt, eine kurze Gefahr oder zeitlich begrenzte Stresssituation zu meistern.

Auch wenn man in der modernen Welt selten plötzlich einem gefährlichen Tiger begegnet, setzt das Nervensystem dieselben Maßnahmen bei vielen Stresssituationen im Alltag um, beispielsweise bei einer schwierigen schriftlichen Prüfung, einer knappen Abgabefrist für das wichtigste Projekt der Firma, wenn das Auto vor einem plötzlich abbremst, man im Augenwinkel sieht, wie sich das Kind etwas Gefährliches in den Mund stecken möchte, oder wenn man – wie an jenem Montagmorgen – nach einem chaotischen Tagesstart gerade die Unheil verheißende E-Mail öffnet, vor der der Bürokollege einen schon gewarnt hat.

Allerdings benötigt das Nervensystem nach einer Stresssituation auch wieder Ruhezeiten, um sich zu regulieren. Diese Regulation passiert ebenfalls automatisch durch das parasympathische Nervensystem. Die Voraussetzung ist allerdings, dass die nötige Ruhezeit verfügbar ist oder man gezielt Aktionen setzt, um das Nervensystem zu beruhigen. Das System ist jedenfalls nicht für einen dauerhaften Krisenmodus ausgelegt.

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Es ist gar kein Tiger – nur eine E-Mail

Während ich die Nachricht am Computer öffne, atme ich kurz durch und nehme in Gedanken einen Schritt Abstand von der Situation. Ich denke mir: „Egal was drinsteht, es ist nur eine E-Mail.“

Tatsächlich ist es kein Tiger, der aus dem Computer herausspringt, nur eine Nachricht vom Chef mit der Bitte, in der nächsten Publikation noch Überarbeitungen zu machen. Das ist zusätzliche Arbeit, aber kein Grund für mein Nervensystem, den Überlebenskampf zu starten.

Die gute Nachricht zum Schluss: Man kann das Nervensystem mit verschiedenen Routinen und Methoden gezielt entlasten. Dabei ist es nicht nur möglich, Reize für das Nervensystem von außen zu reduzieren, sondern es auch von innen zu beruhigen und zu stärken.

Erfahren Sie in Teil 2 der Artikelserie, wie Sie Ihrem Nervensystem gezielt Ruhepausen gönnen und damit die Grundlage für ein gesundes, reguliertes Nervensystem schaffen – also für das, was man umgangssprachlich als „starke Nerven“ bezeichnet.

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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