Herz aus dem Takt: Warum wir immer mehr Schrittmacher brauchen – und was wirklich dahintersteckt

Neulich lief eine Meldung über die Ticker der Presseagenturen, die mich innehalten ließ: Forscher in den USA haben den kleinsten Herzschrittmacher der Welt entwickelt. Kabellos, winziger als ein Reiskorn, selbst auflösend. Eine technologische Meisterleistung, keine Frage. Doch je mehr ich darüber nachdachte, desto lauter wurde eine andere Frage in mir.
Zur Klarstellung, Technik rettet Leben. Ich habe selbst Patienten erlebt, denen ein Herzschrittmacher das Leben gerettet hat. Aber wir sollten uns auch fragen, wie es so weit kommen konnte, dass wir „Maschinenteile“ in unseren Körper einbauen müssen.
Was viele nicht wissen: Nicht jeder langsame Herzschlag ist krankhaft. Viele Spitzensportler leben mit einem Puls, bei dem manch ein Hausarzt nervös würde. Auch Schilddrüsenunterfunktionen, Borrelieninfektionen oder Nebenwirkungen von Medikamenten können das Herz verlangsamen. All das sind jedoch noch keine Gründe für einen Schrittmacher, sondern eigentlich Hinweise auf behandelbare Ursachen.

Herkömmliche Herzschrittmacher sind etwa so groß wie eine Streichholzschachtel. Foto: bdspn/iStock
Ein Schrittmacher kommt meist dann ins Spiel, wenn das körpereigene Taktsystem völlig versagt. Genauer gesagt der Sinusknoten oder der AV-Knoten. Sie sind die elektrischen Dirigenten im Inneren des Herzens, die aus Millionen Zellen ein harmonisches Ganzes formen. Wenn hier der Takt verloren geht, kann es zu Schwindel, Leistungseinbruch und sogar einer Ohnmacht kommen oder noch Schlimmerem.
Ein gehetztes Leben, ein erschöpftes Herz
In den vergangenen 25 Jahren habe ich viele Menschen mit Herzrhythmusstörungen begleitet. Die wenigsten von ihnen hatten ein „kaputtes“ Herz im mechanischen Sinn. Viel häufiger war es ein Herz, das über Jahre überhört, überfordert oder mit verschreibungspflichtigen Substanzen übermedikamentiert wurde.
Die Bradykardie – ein zu langsamer Puls – hat selten eine einzelne Ursache. Es ist fast immer die Summe aus Fehlern, Versäumnissen und Missverständnissen im Umgang mit dem eigenen Körper. Dazu gehören:
- Chronischer Stress, der den Vagusnerv überaktiviert und das Herz bremst,
- Medikamente, insbesondere Betablocker, die nicht selten höher dosiert werden, als es gut wäre,
- Elektrolytmängel, etwa bei Kalium oder Magnesium oft übersehen,
- Schilddrüsenunterfunktionen, die jahrelang unbemerkt bleiben,
- Stille Entzündungen oder Infektionen wie Borreliose
- und nicht zuletzt: Ein Lebensstil, der das Herz nicht nährt, sondern lähmt.
Es ist kein Zufall, dass viele meiner Patienten nicht einfach „Herzpatienten“ sind, sondern sich insgesamt erschöpft, aus dem Takt, nicht mehr richtig im Leben verankert fühlen.

Ein falscher Lebensstil kann das Herz lähmen und müde machen. Foto: fizkes/iStock
Die verpasste erste Wahl
Was mich nach all den Jahren immer noch bewegt: Wie viel früher man hätte eingreifen können. Nicht mit Technik, sondern mit gründlicher Diagnostik, Lebensstilveränderungen, guter Medizin – und ja, auch mit naturheilkundlichen Verfahren.
Ich erinnere mich an einen Patienten, Mitte 50, Postbeamter, leicht übergewichtig, müde. Sein Puls lag bei 43, der Kardiologe war schon in Gesprächen mit dem Herzchirurgen. In unserer ersten Sitzung sagte er: „Ich funktioniere, aber ich lebe nicht mehr.“
Wir begannen mit dem, was in keinem Rezept steht: tägliche Spaziergänge, gezielte Atmung, bitterstoffreiche Ernährung, Weißdornextrakt, ein langsames Ausschleichen der Betablocker in Rücksprache mit seinem Arzt. Drei Monate später war sein Puls bei 58 – ganz ohne Schrittmacher.
Natürlich muss man unterscheiden: Ein 43er-Puls ist nicht gleich ein 43er-Puls. Es macht einen Unterschied, ob der Herzschlag regelmäßig ist – etwa bei einem gut trainierten Sportler – oder ob es sich um Pausen, AV-Blockierungen oder gar um einen sogenannten Sinusarrest handelt.
Gerade bei älteren Menschen ist eine sogenannte Sinusknotendysfunktion nicht selten – eine degenerative Störung im elektrischen Taktgeber des Herzens. In solchen Fällen ist ein Schrittmacher oft keine Frage der „Philosophie“, sondern eine medizinisch sinnvolle Entscheidung. Auch naturheilkundlich lässt sich dann meist nur noch begleitend unterstützen und nicht mehr kurativ eingreifen.
Und was die Medikamente angeht: Das Ausschleichen von Betablockern gehört selbstverständlich in die Hände eines erfahrenen Arztes, vor allem bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit. Ich erwähne das nicht, weil ich Zweifel an der Wirkung der Naturheilkunde hätte, sondern weil es mir wichtig ist, dass gute Medizin immer aus beiden Welten schöpft: Naturheilkunde und Schulmedizin.

Gute Medizin schöpft immer aus beiden Welten: der Naturheilkunde und der Schulmedizin. Foto: Inna Dodor/iStock
Herz in Gefahr: Wie die Naturheilkunde helfen kann
Es gibt gute Gründe, das Herz mit Naturheilkunde zu unterstützen – und das ganz ohne Esoterik, sondern evidenzbasiert:
- Weißdorn – zum Beispiel Crataegusextrakt – stärkt nachweislich die Kontraktilität und Durchblutung des Herzmuskels. In Studien haben sich Dosierungen von 450 bis 900 Milligramm Extrakt pro Tag (standardisiert auf Flavonoide und Procyanidine) bewährt.
- Magnesium und Kalium stabilisieren die Reizleitung und wirken regulierend auf den Herzrhythmus, vorausgesetzt, es liegen keine Kontraindikationen wie eine Niereninsuffizienz vor. In der Praxis sind häufig 300 bis 600 Milligramm Magnesium – etwa als Citrat – und 300 bis 500 Milligramm Kalium täglich sinnvoll. Vor allem Kalium ist bei Herzpatienten nicht ohne Rücksprache anzuwenden!
- Coenzym Q10 unterstützt die Energieversorgung der Herzmuskelzellen, insbesondere bei älteren Menschen und Statinpatienten. Bewährt haben sich Dosierungen zwischen 100 und 200 Milligramm pro Tag.
- Selen, etwa als Selenmethionin, ist wichtig für die Schilddrüsenfunktion und schützt das Herz vor oxidativem Stress. Eine Dosierung von 50 bis 100 Mikrogramm täglich reicht in vielen Fällen aus. Ein Selenstatus sollte jedoch vorab bestimmt werden.
- Pflanzliche Komplexmittel mit Mistel, Knoblauch, Weißdorn oder Ginkgo verbessern die Mikrozirkulation und wirken vegetativ regulierend. Präparate können aus der Apotheke oder von Ärzten und Heilpraktikern individuell auf Rezept zusammengestellt werden.
- Regulationstherapien wie Kneipp-Anwendungen, bestimmte osteopathische Behandlungen oder gezielte Atem- und Entspannungsübungen können den Vagusnerv modulieren und damit den „vegetativen Grundtonus“, der bei vielen Bradykardien eine Rolle spielt.
Natürlich gilt auch hier: Jede Therapie muss individuell abgestimmt werden. Dosierungen, Kombinationen und mögliche Wechselwirkungen gehören in erfahrene Hände, besonders bei Patienten, die bereits Medikamente einnehmen oder Vorerkrankungen haben.

Im Frühling werden Blätter und Blüten des Weißdorns für Tee- und Tinkturzubereitungen gesammelt. Bild: coramueller/iStock
Dem Herz helfen – bevor es kritisch wird
All das bedarf Zeit, Wissen und Geduld – aber es hat eine enorme Kraft. Die Kraft, nicht nur Symptome zu behandeln, sondern den inneren Rhythmus wiederzufinden, bevor die Technik übernehmen muss.
Dass der neue Schrittmacher sich im Körper nach getaner Arbeit auflöst, ist eine großartige Entwicklung. Dass wir immer noch keine Medizin haben, die sich in ihren Denkmustern auflöst – das ist das eigentliche Problem.
Denn solange wir Menschen erst behandeln, wenn sie kollabieren, solange Prävention nur auf dem Papier existiert, solange bleibt der winzige Schrittmacher nicht das Symbol für Fortschritt, sondern eigentlich für eine tieferliegende Hilflosigkeit.
Mein Fazit – nach 25 Jahren in der Praxis
Ich habe keine Angst vor Technik. Aber ich habe Respekt vor dem, was wir verlieren, wenn wir sie zu früh einsetzen. Das Herz ist nicht einfach eine Pumpe. Es ist ein Resonanzkörper für das, wie wir leben, wie wir atmen, wie wir fühlen. Wer den Puls des Lebens frühzeitig aus dem Takt bringt, benötigt vielleicht später ein Gerät, das den Takt vorgibt.
Aber wer dem Herzen zuhört, bevor es schreit, dem genügt oft eine Tasse Tee, ein Spaziergang im Regen und ein Naturheilkundler, der nicht gleich operiert, sondern erst einmal fragt: „Was hat Sie eigentlich aus dem Rhythmus gebracht?“
Über den Autor

René Gräber. Foto: privat
René Gräber studierte Pädagogik und Sportwissenschaften. Aufgewachsen in einer Ärztefamilie, kam er früh mit der Medizin in Kontakt – vor, unter und hinter dem Arzttisch. Bereits in seinen Zwanzigern war seine Krankenakte „so dick wie die mancher 70-Jährigen“.
Sein eigenes Leid führte ihn jenseits der klassischen Medizin schließlich zur Naturheilkunde. Die erfolgreiche Selbstbehandlung legte den Grundstein für seine seit 1998 bestehende Praxis mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Alternativmedizin.
Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker. Für Informationen zur Dosierung, Anwendung und unerwünschten Effekten von Heilpflanzen wird eine Beratung in der Apotheke empfohlen.
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