Studie: OP nach Kreuzbandriss erhöht möglicherweise Arthroserisiko

Erst hört man ein lautes Knacken oder Schnalzen – ein angeschwollenes Knie und starke Schmerzen folgen schnell danach. Die Rede ist vom Kreuzbandriss, einer schweren Verletzung des Kniegelenks.
Meistens betrifft die Verletzung das vordere Kreuzband (VKB). Laut der Deutschen Kniegesellschaft reißt es in Deutschland alle 6,5 Minuten. Das heißt, dass sich jährlich etwa jeder tausendste Bundesbürger beim Sport, aber auch bei der Arbeit oder im Alltag eine VKB-Verletzung zuzieht.
Behandelt werden kann der Riss sowohl konservativ ohne Operation als auch mit. Profisportlern empfehlen die Ärzte oft eine Kreuzbandrekonstruktion. Laut einer australischen Studie, die kürzlich im „Journal of Orthopaedic Research“ erschien, steigert diese OP möglicherweise das Risiko für eine früh einsetzende Kniearthrose (Abnutzung der Knorpelschicht am Kniegelenk), insbesondere aufgrund von Problemen mit der Kniescheibe.
Operierte Personen und die Position der Kniescheibe
Im Rahmen der Studie verglichen die Forscher die Kniebewegungen von 15 Teilnehmern im Alter von etwa 26 Jahren, die eine Kreuzbandrekonstruktion gehabt hatten, mit denen von zehn gesunden Personen ohne Knieprobleme.
Die Teilnehmer sollten ihr Knie unterschiedlich belasten und dafür auf ebenem Grund und bergab gehen. Das Autorenteam maß die Bewegungen mithilfe der biplanen Fluoroskopie. Dafür setzten sie Röntgenstrahlen in Echtzeit ein und erstellten Röntgenvideos von den Knien der Probanden.
Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass die Position der Kniescheibe, -knochen und -gelenke der operierten Personen verschoben war. Das kann zu einer übermäßigen Belastung der Kniebereiche führen, die normalerweise nicht auf diese Weise belastet werden, so die Studienautoren.
Demnach bewegte sich die Kniescheibe der operierten Personen um 4,4 bis 5,6 Millimeter mehr nach oben und um 5,4 bis 6,3 Millimeter mehr nach vorn als die der anderen Gruppe.
Ferner war die Sehne, die die Kniescheibe mit dem Schienbein verbindet, bei den OP-Patienten im Durchschnitt 8,9 Millimeter länger als die in der Vergleichsgruppe. Das führte zu einer ungewöhnlich hohen Position der Kniescheibe, heißt es in der Studie.
Vorzeitige Abnutzung des Gelenkknorpels
Eine höher liegende Kniescheibe hat veränderte Kniebewegungen zur Folge. Dadurch verlagern sich die lasttragenden Bereiche zwischen Kniescheibe und Oberschenkelknochen in Knorpelregionen, die eine Belastung nicht gewohnt sind. Zuvor belastete Regionen bleiben unbelastet, schreiben die Forscher.
„Wenn dieser Zustand bereits vor der Verletzung bestand, könnte er ein prädisponierender Faktor für eine VKB-Verletzung sein“, meinte der korrespondierende Autor Marcus G. Pandy von der University of Melbourne gegenüber Epoch Times. „Wenn der Zustand jedoch als Folge der Operation auftrat, könnte er die hohe Rate an Kniearthrose nach einer Kreuzbandrekonstruktion erklären.“
Denn laut den Ergebnissen könnten veränderte Kniebewegungen zu einer vorzeitigen Abnutzung des Gelenkknorpels führen. Das trage zu langfristigen Problemen wie Arthrose bei, so der Forscher.
Wenn man verstehe, wie sich die Kniemechanik verändert, könnte dies den Studienautoren zufolge helfen, die Patientenergebnisse nach der Operation zu verbessern.
Unfallchirurg widerspricht: Kreuzband-OP verursacht keine längere Kniescheibensehne
Die Forscher der Studie warfen die Frage auf, ob es die Verletzung oder die Rekonstruktion sei, die eine längere Kniescheibensehne verursache.
Laut dem Unfallchirurgen Dr. James Penna, Vorsitzender der Abteilung für Orthopädie und Rehabilitation am Stony Brook Medicine im US-Bundesstaat New York, können Kreuzbandrekonstruktionen keine längere Kniescheibensehne verursachen.
„Das ist nicht der Fall, das kann nicht sein“, sagte er. Der Winkel des Knies beim Aufprall auf den Boden variiere zwischen Personen, die eine VKB-Verletzung hatten, und solchen, die keine hatten, so Penna gegenüber Epoch Times. Er denkt, dass die Forscher zufällig Patienten mit natürlich längeren Sehnen in ihrer Stichprobe gehabt hätten.
Den Studienautoren zufolge sind weitere Untersuchungen erforderlich, um die Ursache für die längere Kniescheibensehne bei Personen zu ermitteln, die sich einer VKB-Operation unterzogen hatten. Die Forscher hätten keinen direkten Vergleich zwischen operierten und nicht operierten Personen gezogen – dies wäre der nächste Schritt, meint Pandy.
„Unser Ziel war es, herauszufinden, ob sich die Kniebewegung nach einer Kreuzbandrekonstruktion von der normalen Kniebewegung gesunder, nicht verletzter Personen unterscheidet“, sagte er. Er erklärte, sie hätten nicht erwartet, dass operierte Patienten eine hochstehende Kniescheibe als Folge einer abnormal längeren Kniescheibensehne haben würden.
Riss des vorderen Kreuzbandes und das Arthroserisiko
Die Forscher sprachen die Möglichkeit an, dass die Kreuzbandrekonstruktion das Arthroserisiko erhöhen könnte. Penna merkte jedoch an, dass „wir nicht glauben, dass die Operation dies tut, sondern die Verletzung“.
VKB-Verletzungen erhöhen das Risiko für Kniearthrose erheblich, unabhängig von der Operation. Laut Penna hätten orthopädische Chirurgen noch keinen Weg gefunden, um zu verhindern, dass Menschen später Arthrose bekommen.
„Der beste Chirurg der Welt, der die beste Kreuzbandrekonstruktion der Welt durchführt, hat keine niedrigere Arthrose-Rate [bei seinen Patienten] als jemand, der sie nie operiert“, meinte er.
Eine Kreuzbandrekonstruktion ist jedoch mit langfristigen Komplikationen verbunden. Dabei entwickeln über 50 Prozent der Patienten innerhalb von 20 Jahren eine Arthrose, heißt es in einer Metaanalyse aus dem Jahr 2018.
Auch Studienautor Pandy führte einige Zahlen an. Allerdings bezogen sich diese nicht auf die OP, sondern generell auf eine VKB-Verletzung: „Wir wissen, dass eine Kreuzbandrekonstruktion eine Arthrose im Knie nicht verhindert. Die Hälfte der Personen unter 40 Jahren, die eine VKB-Verletzung erlitten haben, werden innerhalb von 8 bis 12 Jahren eine Kniearthrose entwickeln, unabhängig von der Entscheidung für eine Operation“, sagte er.
Fortlaufender Verschleiß nach VKB-Verletzung
Ähnlich äußerte sich auch Penna. Ihm zufolge hat jede Person nach einem Riss des vorderen Kreuzbandes ein erhöhtes Risiko für Arthrose. Seinen Angaben nach zeigen Knochenscans aus alten Studien eine erhöhte Aktivität im Kniegelenk über Jahre hinweg nach einer VKB-Verletzung. Das weise auf einen fortlaufenden Verschleiß hin – unabhängig davon, ob der Patient operiert wurde oder nicht.
„Unabhängig davon, ob die Patienten mit ihrer Kreuzbandrekonstruktion zufrieden waren, ob sie schlecht ausgegangen war oder ob sie keine hatten, sie zeigten eine erhöhte Knochenaktivität“, sagte der Unfallchirurg.
Arthrose zeichnet sich in erster Linie durch den Knorpelabbau aus. Allerdings gilt inzwischen auch eine erhöhte Knochenaktivität, insbesondere im Knochen unter dem Knorpel, als entscheidender Faktor dafür, dass diese Erkrankung am Knie entsteht und fortschreitet.
Deswegen will das Forscherteam in der nächsten Untersuchung die Kniebewegung bei Personen messen, die ihr Kreuzband verletzt haben, aber nicht operieren ließen.
Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Dieser Artikel erschienen im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Common Knee Surgery Linked to Arthritis: Study“. (redaktionelle Bearbeitung as)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion