Mehr Lebensqualität: Was Frauen über die Wechseljahre wissen sollten

Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen – für viele Frauen ist die Menopause mehr als ein natürlicher Übergang. Wie sich Körper und Geist verändern, warum medizinische Hilfe oft fehlt und welche Wege zu mehr Lebensqualität führen.
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Wechseljahre? Wandeljahre!Foto: iStock Fitzges
Von 20. Juli 2025

Als Judith zum dritten Mal in einer Besprechung ihr Notizbuch verlegte, wusste sie: Es lag nicht an der Brille, nicht an der Müdigkeit. „Ich war 49 und stand neben mir, wie in Watte gepackt. Keine Nacht mehr durchgeschlafen, immer müde, gereizt – und dann diese Scham.“ Die Hitzewallungen kamen wie Tsunamis: plötzlich, ohne Vorwarnung, mitten im Meeting. Ein Gefühl von Kontrollverlust erzählt die Teamleiterin in einem Berliner Ingenieurbüro. Ihr Hausarzt murmelte etwas von „natürlichem Übergang“ und riet ihr, „es einfach auszuhalten“. Das war alles. Keine Labordiagnostik, keine Erklärung, keine Begleitung.

„Ich stand neben mir“ – wenn Symptome den Alltag bestimmen

Judith ist keine Ausnahme. Millionen Frauen erleben heute die Wechseljahre als das, was sie laut medizinischer Definition auch sind: ein hormoneller Umbauprozess, vergleichbar mit der Pubertät, nur umgekehrt und ohne Feierstimmung. Während Teenager Selbstfindung, Begleitung und Toleranz erfahren, kämpfen Frauen in der Lebensmitte oft allein mit Symptomen, Unsicherheiten und Mythen. Die Wechseljahre gelten noch immer als Tabu, als „Problemphase“, als der Anfang vom Ende. Fast ein Drittel der von Wechseljahrebeschwerden betroffenen Frauen gab 2023 in der einzigen deutschlandweiten Studie zu diesem Thema an, dass sie deswegen krankgeschrieben waren oder sogar unbezahlten Urlaub nahmen. 20 Prozent der über 55-Jährigen ging oder überlegte wegen der Beschwerden in Rente zu gehen.

Körper im Umbruch: Was hinter den Beschwerden steckt

Tatsächlich vollzieht sich in Körper und Geist der Frau in dieser Zeit ein komplexer Umbau – und vor allem Abbau. Die Funktion der Eierstöcke fährt runter und führt dazu, dass die Hormone Progesteron, Estradiol und auch Testosteron fast oder ganz verschwinden. Für manche fast unmerklich – für andere dramatisch: Schlaflosigkeit, depressive Verstimmungen, Hitzewallungen, Herzrasen, Hautveränderungen, Libidoverlust. Laut der Deutschen Menopausegesellschaft sind insgesamt etwa 75 Prozent der Frauen im Laufe ihrer Wechseljahre von Beschwerden betroffen. Etwa ein Drittel bis die Hälfte davon fühlt sich stark beeinträchtigt.

Es ist bekannt, dass der Hormonabfall nicht nur die Fruchtbarkeit beendet, sondern auch das Herz-Kreislauf-System, den Knochenstoffwechsel und das Gehirn beeinflusst. Studien zeigen: Ein zu starker Östrogenmangel erhöht langfristig das Risiko für Osteoporose, Alzheimer und Herzinfarkt. Und trotzdem wird Frauen noch allzu oft gesagt, sie müssten „da durch“.

Dieses „da durch“ betrifft einen durchschnittlichen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren. Rund 80 Prozent der Frauen in den Wechseljahren berichten von mindestens einem belastenden Symptom, wobei Hitzewallungen, Schlafstörungen und emotionale Schwankungen am häufigsten vorkommen.

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Doch langsam verändert sich die Debatte. Neue Erkenntnisse und prominente Stimmen sorgen für ein Umdenken. Auch Fachorganisationen wie die Deutsche Menopause Gesellschaft suchen Öffentlichkeit und klären auf. In Deutschland sprechen Frauen wie Michelle Hunziker oder Cora Schumacher öffentlich über Hitzewallungen, über Tränenausbrüche und die Suche nach sich selbst. Mit zunehmender Öffentlichkeit wird auch der Raum für Lösungen sichtbarer.

Denn es gibt sie – medizinisch, physiologisch, psychologisch. Während eine Hormonersatztherapie (HRT) als effektiv bei schweren Symptomen wie Hitzewallungen und Schlafstörungen gilt, wird ihr Einsatz aufgrund möglicher Risiken allerdings individuell abgewogen. Wichtig ist eine individuelle Diagnostik: Blutwerte, Familienanamnese, persönliche Lebensumstände.

„Alle Frauen erfahren die Wechseljahre –  und auch wenn jemand keine Beschwerden hat, leidet der Körper unter dem hormonellen Verlust in der Lebensmitte“, sagt Dr. med. Helena Orfanos-Boeckel, ganzheitlich praktizierende Ärztin für Innere Medizin und Nephrologin aus Berlin, gegenüber Epoch Times. Für die Expertin auf dem Gebiet der Nährstoff- und Hormontherapie ist das Mittel der Wahl eine bioidentische Hormontherapie. „Wenn Estradiol als Gel und Progesteron als Kapsel gezielt eingesetzt werden, werden Symptome gelindert und alterungsbedingte Risiken minimiert. Es ist so, als ob der Körper die Hormone in etwas reduzierter Dosis selbst weiterproduziert – Haut und Gefäße bleiben glatt, die Knochen dicht, die Stimmung und der Schlaf gut.“

Die molekulare Struktur der bioidentischen Hormone entspricht der der körpereigenen Hormone. Sie helfen zu verhindern, dass die Frauen die Folgen altersbedingter Stoffwechselerkrankungen wie Osteoporose, Demenz oder Gefäßerkrankungen zu Lebzeiten erleben müssen, indem sie dem Körper das zuführen, was er aus eigenem Antrieb nicht mehr selbst produzieren kann. „In der Praxis erarbeite ich mit meinen Patientinnen, ob sie es sich internistisch leisten können, ohne bioidentische Hormone bis ins hohe Alter auszukommen.“

Mehr als Hormone: Ganzheitliche Wege zur Stabilität

Doch nicht jede Frau möchte oder kann Hormone nehmen – sei es aus persönlichen, medizinischen oder genetischen Gründen. Was bleibt dann? Einiges  – wenn man die Wechseljahre nicht als Defizitphase, sondern als ganzheitlichen Prozess versteht. Wie der Körper muss auch die Seele ihre neue Balance finden. Nicht umsonst heißen die Wechseljahre im Englischen „The Change”. Die Wechseljahre sind ein Systemwandel und verlangen auch eine ganzheitliche Antwort. Bewegung spielt eine zentrale Rolle: Es gilt als nachgewiesen, dass regelmäßiger Ausdauersport nicht nur das Gewicht reguliert, sondern auch Schlaf, Stimmung und kognitive Funktionen verbessert.

Auch Krafttraining schützt vor Muskelabbau und Knochenschwund. Ernährung ist ein weiterer Schlüssel: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt in dieser Phase mediterrane Ernährung – reich an Gemüse, Fisch, Hülsenfrüchten und Olivenöl –, weil sie entzündungshemmend wirkt und klimakterische Beschwerden abmildern kann. Soja, Leinsamen und Hülsenfrüchte enthalten Phytoöstrogene – pflanzliche Substanzen mit hormonähnlicher Wirkung. Zudem bieten pflanzliche Präparate wie Traubensilberkerze und Phytoöstrogene eine sanftere Alternative bei leichten bis moderaten Beschwerden.

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Wechseljahre als Wendepunkt

Der Hormonwandel geht oft einher mit biografischen Bruchlinien. Die Kinder ziehen aus. Beziehungen werden neu verhandelt. Karrieren stoßen an Grenzen. Die Sinnfrage stellt sich neu – und trifft auf einen Körper, der sich anders anfühlt und anders funktioniert. Kein Wunder, dass viele Frauen diese Zeit als „emotionalen Schleudergang“ erleben. Doch gerade hier liegt auch das Potenzial. Wer sich diesen Fragen stellt, kann Klarheit gewinnen, Prioritäten neu setzen und sich mit größerer Selbstbestimmtheit neu aufstellen.

Zunehmend entstehen Angebote, die Frauen in dieser Lebensphase begleiten: integrative Coachingformate, Wechseljahresgruppen, Online-Programme mit ärztlicher Supervision, Ernährungsschulungen und ganzheitliche Retreats. Auch Unternehmen entdecken das Thema: Internationale Konzerne wie SAP bieten interne Menopause-Schulungen an, flexible Arbeitszeiten oder Pausenräume – auch, weil Studien zeigen, dass hormonbedingte Erschöpfung ein relevanter Kündigungs- und Krankheitsfaktor ist. Immerhin ist gut die Hälfte aller erwerbstätigen Frauen in Deutschland in der Menopause. Jede vierte Frau in den Wechseljahren tritt sogar beruflich kürzer. Mehr als jede Sechste nahm die Wechseljahressymptome zum Anlass, die Stelle zu wechseln.

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Judith hat zwar nicht die Stelle gewechselt, aber inzwischen vieles verändert. Sie fand eine Ärztin, die ihre Symptome ernst nahm, ließ ihre Blutwerte bestimmen, stellte ihre Ernährung um und begann, wieder zu tanzen – erst Zumba, dann Tango. Sie entschied sich für eine von der Krankenkasse bezahlte bioidentische Hormontherapie mit transdermalem Estradiol als Gel und oralem Progesteron in Kapselform zur Nacht – aber auch für weniger Zucker, mehr Omega-3 und gezieltes Intervallfasten. „Ich bin nicht mehr dieselbe wie vor zwei Jahren“, sagt sie mit Blick auf ihren Alltag. „Aber das ist gut so. Ich habe verstanden, dass die Wechseljahre nicht etwas sind, das mir passiert – sondern etwas, das ich gestalten kann.“ Für sie sind die Wechseljahre kein biologischer Makel, sondern ein Übergang – mit Risiken, aber auch Chancen.



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