Raus aus dem Krisenmodus: Dem Nervensystem eine wohlverdiente Ruhepause gönnen

Nichts für schwache Nerven: Informationsüberlastung inklusive Krisen, Konflikte, Gewalteskalationen in Kombination mit Alltagsstress und ständigen Reizen versetzen das Nervensystem in einen dauerhaften Krisenmodus. Erfahren Sie einfache Tipps für den Alltag, um dem Nervensystem eine wohlverdiente Ruhepause zu gönnen.
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Ruhe für starke Nerven: Das Nervensystem ist nicht für Dauerbelastung im Kampf- oder Fluchtmodus ausgelegt.Foto: istock/AntonioGuillem
Von 29. Juni 2025

In Kürze:

Starke Nerven sind das Resultat eines funktionierenden, gesunden Nervensystems.

Gezielte Entlastungen und Routinen im Alltag zu erschaffen, kann Stressauslöser reduzieren und das Nervensystem aus dem Krisenmodus herausholen.

Mediation ist in der Lage, das Nervensystem von innen heraus zu verändern und die Reaktion auf Stress dauerhaft zu verringern.

 

Starke Nerven in herausfordernden Zeiten sind das Resultat eines funktionierenden, regulierten Nervensystems, das in der Lage ist, zur Ruhe zu kommen. Hier sind einige Tipps, wie man das Nervensystem aus dem Krisenmodus herausholt. Schon die Umsetzung eines einzigen Tipps bedeutet etwas weniger Stress und eine wohlverdiente Pause für das Nervensystem.

Tipp 1: Die Kraft von Umarmungen nutzen

Während das Nervensystem im Krisenmodus Stresshormone freisetzt, gibt es Methoden, das Nervensystem dazu zu bringen, beruhigende Hormone auszuschütten.

Eine der einfachsten Methoden, dies zu erreichen, sind Umarmungen. Dabei werden die Hormone Oxytocin und Serotonin sowie Endorphine freigesetzt. Umgangssprachlich oft als Kuschelhormon (Oxytocin) und Glückshormone (Serotonin und Endorphine) bezeichnet, wirkt vor allem Oxytocin als Gegenspieler des Stresshormons Cortisol. Der biologische Trick dahinter ist einfach: Während Oxytocin freigesetzt wird, kann nicht gleichzeitig Cortisol ausgeschüttet werden. Das Nervensystem kann also nicht anders, als die Stressreaktion zu reduzieren.

Studien zeigen, dass bereits eine Umarmung von 20 Sekunden ausreicht, damit der Effekt messbar ist. Laut Untersuchungen sind Umarmungen innerhalb der Familie – besonders zwischen Eltern und Kindern, aber auch Partnern besonders wirksam. Aber auch Umarmungen von Personen außerhalb des familiären Umfeldes können einen beruhigenden Effekt haben und die Herzfrequenz senken.

Das besonders Positive daran, jemanden zu umarmen – vorausgesetzt natürlich derjenige ist mit der Berührung einverstanden – ist, dass man nicht nur dem eigenen Nervensystem etwas Gutes tut. Gleichzeitig entspannt sich auch das Nervensystem der anderen Person.

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Aber eine Studie zeigte sogar, dass die Stressreaktion des Körpers auch dann vermindert wird, wenn man sich selbst umarmt. Dafür sind ebenfalls 20 Sekunden ohne Ablenkung ausreichend, in denen man sich mit den eigenen Armen umschlingt und festhält.

Tipp 2: Stressauslöser reduzieren – Routinen im Alltag schaffen

Im persönlichen Alltag gibt es viele Stressauslöser für das Nervensystem, die man gezielt reduzieren kann. Eine Möglichkeit ist, Routinen zu etablieren.

Routinen sind wiederkehrende Tätigkeiten und Abläufe, die zur Gewohnheit werden und ohne neue Entscheidungen treffen zu müssen, ablaufen. Sobald eine Routine im Alltag etabliert ist – was im Durchschnitt laut einer Studie 66 Tage dauert – bedeuten sie für das Nervensystem keinen Stress mehr.

Laut Schätzungen trifft man als erwachsener Mensch in westlichen Ländern bis zu 35.000 Entscheidungen pro Tag. Die meisten davon sind kleine Entscheidungen – beispielsweise, was soll man anziehen, was soll man kochen, wie verbringt man seine Mittagspause, welche Serie sieht man sich abends an. Obwohl es nicht unbedingt kritische Entscheidungen sind, ist es trotzdem Stress für das Nervensystem, der sich summiert.

Die Entwicklung von einfachen Routinen im Alltag kann hilfreich sein, die Entscheidungslast und die daraus entstehende Entscheidungsmüdigkeit zu reduzieren. Studien zeigen, wenn man täglich zu viele Entscheidungen treffen muss, werden wirklich wichtige Entscheidungen in der Regel schlechter getroffen.

Ein bekanntes Beispiel für eine Routine war die Kleidungswahl von Steve Jobs, Mitbegründer von Apple. Einfache Jeans und dazu ein schwarzer Pullover waren seine tägliche Uniform. Dies bedeutete für ihn bewusst eine kleine Entscheidung weniger, um mehr Kapazität für Innovationen und bedeutende Entscheidungen im Unternehmen zu haben.

Tipps für Routinen, um den Alltagsstress zu reduzieren, gibt es unzählige. Wichtig ist dabei, etwas zu wählen, das in den eigenen Alltag passt. Etwas, das einem wertvoll erscheint und das man tatsächlich so lange durchhalten kann, bis die Routine etabliert ist. Zur Erinnerung: Das sind im Durchschnitt 66 Tage, also etwas länger als zwei Monate.

Beispiele für Routinen im Alltag, die das Nervensystem entspannen:

Für Smartphones und Technik

  • Die ersten 15 Minuten des Tages ohne Smartphone verbringen: Falls Sie das Handy als Wecker nutzen, widerstehen Sie der Versuchung, gleich noch im Bett die Nachrichten und Ihre Apps nach dem Aufstehen durchzusehen.
  • Handybenachrichtigungen deaktivieren: Legen Sie Zeiten für das Lesen von Onlinenachrichten oder Onlineshopping fest. Man kann dafür Timer stellen oder einstellen, dass sich die App nach der gewählten Zeit automatisch schließt.
  • Inspirierende Nachrichten lesen: Wählen Sie, nachdem Sie die aktuellen Nachrichten des Tages gelesen haben, zum Abschluss einen inspirierenden Artikel aus den Bereichen Kultur, Vital oder Panorama.
  • Handy außer Griffweite lassen: Wenn Sie konzentriert arbeiten, essen oder entspannen wollen, legen Sie das Handy in einen anderen Raum.
  • Nicht immer Multitasking: Während es beim Autofahren oder Putzen beispielsweise entspannend sein kann, klassische Musik oder einen Podcast zu hören, planen Sie auch bewusst Tätigkeiten, wie einen Spaziergang oder Abwaschen, ohne Hintergrundgeräusche in Ihrem Tagesablauf.
  • Bewusst analoge Alternativen wählen: Lesen Sie, wenn möglich, ein traditionelles Buch oder Zeitung anstatt am Smartphone oder Tablet. Untersuchungen zeigen, dass dies entspannender für das Nervensystem ist.

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Für einen Alltag mit weniger Stress:

  • Einkaufslisten und Essenspläne: Gönnen Sie sich sonntags bei einer Tasse Tee oder Kaffee die Zeit, in Ruhe Einkaufslisten und Essenspläne für die Woche zu erstellen – so reduzieren Sie Entscheidungsstress im Laufe der Woche. Laden Sie die Familie ein, mitzuplanen. Klare Routinen wie „Dienstag ist immer Pastatag“ oder „Einkäufe erledige ich jede Woche mittwochs und samstags“ bringen Struktur und sparen wertvolle Zeit.
  • Den Kleidungsschrank organisieren: Um Ihrem Nervensystem morgens den stressigen Blick in den überfüllten Kleiderschrank zu ersparen, bis Sie etwas Passendes finden, sortieren Sie den Kleidungsschrank nach Jahreszeit und entfernen Dinge, die sie saisonal nicht brauchen oder nur selten tragen aus dem Blickfeld. Organisieren Sie Kleidungsstücke nicht einzeln, sondern in kombinierten Outfits oder einer sogenannten Kapselgarderobe. Eine Kapselgarderobe besteht aus wenigen Teilen, die man gerne trägt und die gut passen und die man alle miteinander kombinieren kann. Man kann sich auch mehrere Kapselgarderoben anlegen, zum Beispiel eine fürs Büro und eine für die Freizeitkleidung.
  • Unordnung reduzieren: Vermeiden Sie Chaos in Ihrem Zuhause oder Ihrem Bürotisch. Unaufgeräumte Räume und voll gestellte Oberflächen im Blickfeld erzeugen laut Studien zusätzlichen Stress. Entrümpeln, Ordnen und die Ordnung mit gezielten Routinen zu erhalten, fühlen sich zwar wie Arbeit an, entspannen aber tatsächlich langfristig das Nervensystem.
    Ein einfaches Beispiel: Nehmen Sie sich vor dem Schlafengehen 15 bis 30 Minuten Zeit, um in aller Ruhe Ihre Küchenoberflächen und den Esstisch aufzuräumen. Verzichten Sie dabei auf grelles Licht, laute Musik oder die Ablenkung durch den Fernseher. Diese bewusste Tätigkeit beruhigt nicht nur Ihr Nervensystem, sondern schenkt Ihnen am nächsten Morgen den Luxus, Ihren Kaffee in einer aufgeräumten, stressfreien Umgebung zu genießen – ein kleines Ritual mit großer Wirkung für den Start in den Tag.
  • Terminkalender nicht überfüllen: Planen Sie nicht zu viele zusätzliche Termine und Freizeitaktivitäten pro Woche. Lernen Sie, Ihrem Nervensystem zuliebe, auch einmal „Nein“ zu sagen und die Sorgen, etwas zu verpassen, loszulassen.
  • Traditionelle Hobbys: Wählen Sie Hobbys, die tatsächlich entspannen. Es mag sich oberflächlich entspannend anfühlen, auf der Couch zu liegen und eine Serie oder Videos anzuschauen, ein Computerspiel zu spielen oder shoppen zu gehen. Tatsächlich kommt das Nervensystem bei solchen Reizen aber nicht wirklich zur Ruhe. Studien zeigen dagegen, Aktivitäten in der Natur, wie ein Spaziergang im Wald sowie traditionelle Hobbys wie Gartenarbeit, Backen, Kochen, Malen oder ein Instrument spielen, bedeuten echte Erholung für das Nervensystem.

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Tipp 3: Meditation – das Nervensystem von innen regulieren

Mehr als ein entspannendes Hobby und wahrer Balsam für das Nervensystem ist, wie ein umfassender Review in der Fachzeitschrift „Nature“ zeigt, Meditation. Zahlreiche Studien, die verschiedene Arten der Meditation, die unter Yoga, Tai-Chi oder Qigong eingeordnet werden können, kommen zu dem Ergebnis: Meditation reduziert nicht nur akuten Stress, sondern verändert die Reaktion auf Stress nachhaltig.

Nicht nur ganze Gehirnareale verändern sich durch regelmäßige Meditation, sondern auch das Nervensystem. Dabei wurde beobachtet, dass das parasympathische Nervensystem – das für Entspannung und Regeneration verantwortlich ist – deutlich aktiviert wird. Stressreaktionen werden dadurch abgeschwächt und es entsteht so etwas wie eine Pufferzone. So kann die Reaktion des Kampf- oder Fluchtmodus abgeschwächt oder in manchen Fällen sogar vollständig verhindert werden.

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Vereinfacht gesagt, man bekommt den Spielraum, um abzuwägen: Ist es tatsächlich ein Tiger, vor dem ich jetzt gleich weglaufen muss und die Stressreaktion ist berechtigt? Oder ist es nur eine unangenehme Arbeitsaufgabe, die ich erledigen kann, oder eine negative Nachrichtenmeldung, die ich einfach wegklicken kann, ohne dass mein Nervensystem den Krisenmodus ausrufen muss?

Zudem zeigen detaillierte Untersuchungen an Falun-Gong-Praktizierenden, eine weltweit verbreitete Qigong Praktik, die auch unter dem Namen Falun Dafa bekannt ist, dass sich ein Großteil der Praktizierenden nicht nur im Alltag gelassener fühlten, sondern sogar die Zellen Ihres Körpers widerstandsfähiger gegen Stressfaktoren wurden. Ein stärkeres Immunsystem und weniger Entzündungsreaktionen im Vergleich zur Kontrollgruppe waren die direkt messbare Folge.

Für ein dauerhaft gestärktes Nervensystem ist Meditation ein kraftvoller Tipp, der so wie im Fall von Falun Gong kostenlos erlernt werden kann.

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Falls Sie jetzt denken, dass Ihr Alltag viel zu stressig ist, um eine Meditationspraktik zu lernen, lassen Sie sich Ihrem Nervensystem zuliebe vielleicht von folgendem Zitat inspirieren:

Eine halbe Stunde Meditation ist absolut notwendig, außer, wenn man sehr beschäftigt ist, dann braucht man eine ganze Stunde.“ (Franz von Sales, 1567–1622 n. Chr.)

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.



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