Smartphone-Sucht verdreifacht Suizidrisiko bei Jugendlichen – praktische Tipps für Eltern

Eine neue Studie, die am 25. Juni in „JAMA Network Open“ veröffentlicht wurde, hat ergeben, dass junge Menschen, die zwanghaft Handys, Videospiele oder soziale Medien nutzen, in der frühen Adoleszenz einem deutlich höheren Risiko für Suizidgedanken und emotionale Belastungen ausgesetzt sind.
„Die wichtigste Erkenntnis ist, dass nicht die Dauer der Bildschirmnutzung Jugendliche gefährdet, sondern die Art und Weise, wie sie Bildschirme nutzen“, erklärte Yunyu Xiao, Hauptautorin und Assistenzprofessorin am Weill Cornell Medical College, gegenüber Epoch Times.
Kinder, die sich unwohl fühlten, wenn sie von ihrem Smartphone getrennt waren, Schwierigkeiten hatten, die Nutzung von Apps einzustellen, oder sich Bildschirmen als Bewältigungsstrategie zuwandten, neigten am ehesten zu zwanghafter Bildschirmnutzung, was auf spätere psychische Probleme hindeutete.
Risiken und Frühwarnzeichen
Die Studie, die über einen Zeitraum von vier Jahren mehr als 4.200 Kinder begleitete, ist die größte Langzeitstudie zur Gehirnentwicklung in den USA.
Im Gegensatz zu früheren Studien, die den Schwerpunkt auf die Gesamtbildschirmzeit legten, analysierten die Forscher „Suchtverläufe“ – Muster, die durch zunehmenden Zwang, emotionale Abhängigkeit und Schwierigkeiten, sich im Laufe der Zeit von Bildschirmen zu lösen, definiert sind. Diese Muster erwiesen sich als aussagekräftiger für das Suizidrisiko als die Bildschirmzeit allein.
Die Kinder in der Studie wurden gebeten, auf Aussagen wie „Ich bin traurig, wenn ich mein Handy nicht benutzen kann“ oder „Ich nutze soziale Medien, um mich besser zu fühlen, wenn ich traurig bin“ zu antworten.
Anhand ihrer Antworten gruppierten die Forscher die Kinder in Muster mit geringem, steigendem oder hohem Risiko, indem sie verfolgten, wie sich ihre Bildschirmgewohnheiten und ihre emotionale Bindung an Geräte im Laufe der Zeit veränderten.
Fast die Hälfte zeigte Anzeichen einer hohen oder eskalierenden Bildschirmabhängigkeit – oft beginnend im Alter von etwa zehn Jahren.
Im Alter von 14 Jahren hatte fast jeder Dritte ein Muster zunehmend zwanghafter Nutzung sozialer Medien entwickelt, und etwa jeder Vierte zeigte ein ähnliches Verhalten bei Mobiltelefonen. Diese Kinder berichteten bis zu 2,4-mal häufiger über Selbstmordgedanken oder -verhalten als Kinder mit geringer Suchtgefahr.
Mehr als 30 Prozent der Kinder wechselten in der frühen Adoleszenz von einem Muster mit geringerem Risiko zu einem Muster mit höherem Risiko – oft mit schwerwiegenden Folgen.
Mädchen entwickelten häufiger problematische Social-Media-Gewohnheiten als Jungen. Jungen neigten dagegen eher zu einer Sucht nach Videospielen.
Verhaltensprobleme durch Sucht
Über das Suizidrisiko hinaus war die Sucht auch mit emotionalen und Verhaltenssymptomen verbunden. Die Nutzung sozialer Medien stand in Zusammenhang mit Angstzuständen und Depressionen sowie Aggressivität und Reizbarkeit. Die Videospielsucht war enger mit Traurigkeit, Rückzug und anhaltender schlechter Laune verbunden.
Die Studie untersuchte zwar nicht die Mechanismen hinter diesen Zusammenhängen, doch Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass emotional angeschlagene Kinder sich möglicherweise Bildschirmen zuwenden, um damit umzugehen – doch zwanghafter Konsum kann die Probleme verschlimmern, indem er Kinder daran hindert, schwierige Emotionen auf gesündere Weise zu verarbeiten.
Der Psychotherapeut Thomas Kersting, der nicht an der Studie beteiligt war, aber mit digitalabhängigen Jugendlichen arbeitet, erklärte gegenüber Epoch Times, dass sich diese Symptome zu Hause oft stärker bemerkbar machen als nur in typischen Stimmungsschwankungen.
„Wenn Ihr Kind aggressiv oder sogar explosiv reagiert, wenn Sie ihm das Gerät wegnehmen, ist das nicht nur eine Frage der Einstellung, sondern eine Entzugserscheinung“, sagte Kersting, Autor von „Disconnected: How to Protect Your Kids From the Harmful Effects of Device Dependency“ (deutsch etwa: „Abgeschaltet – Wie Sie Ihre Kinder vor den schädlichen Auswirkungen der Geräteabhängigkeit schützen können“). „Das ist eines der frühesten Warnzeichen dafür, dass ihre Beziehung zu Bildschirmen emotional ungesund wird.“
Nicht alle Bildschirmzeiten sind gleich
Die Studie zeigt, dass es wichtiger ist, wie Kinder mit Bildschirmen umgehen, als nur die Bildschirmzeit zu überwachen.
Das bedeutet nicht, dass Bildschirmzeit harmlos ist. Übermäßiger Gebrauch kann immer noch wichtige Aktivitäten wie Schlaf, körperliche Aktivität und persönliche Kontakte verdrängen. Viele Plattformen sind darauf ausgelegt, die Nutzung zu maximieren und das Aufhören zu erschweren.
Die Kinderpsychiaterin Dr. Victoria Dunckley erklärte gegenüber Epoch Times, dass eine hohe Bildschirmzeit und zwanghaftes Verhalten oft Hand in Hand gehen – und beides die emotionale Verletzlichkeit erhöhen kann.
„Kinder, die sich wie Motten vom Licht zu Bildschirmen hingezogen fühlen und Schwierigkeiten haben, damit aufzuhören, sind einem höheren Risiko ausgesetzt“, so Dunckley.
Dunckley fügte hinzu, dass interaktive Bildschirmzeit – insbesondere soziale Medien und Videospiele – das Nervensystem überreizen und deregulieren kann, indem sie Belohnungsbahnen desensibilisiert, die innere Uhr des Körpers stört und eine chronische Kampf-oder-Flucht-Reaktion auslöst.
Viele dieser Plattformen nutzen Entwicklungslücken und evolutionäre Instinkte aus, sagte sie. „Es ist daher nicht sinnvoll, von Kindern und Jugendlichen zu erwarten, dass sie ihre Nutzung selbst regulieren, wenn sie mit Apps konfrontiert sind, die darauf ausgelegt sind, ihr Gehirn zu manipulieren.“
Worauf Eltern achten sollten
Xiao ermutigt Erziehungsberechtigte, sich folgende Fragen zu stellen:
- Zieht sich mein Kind aus realen Aktivitäten und Beziehungen zurück?
- Ist es verzweifelt, wenn es nicht mit seinen Geräten verbunden ist?
- Hat es Schwierigkeiten, aufzuhören, selbst wenn es will?
Kersting fügt hinzu, dass plötzliche Reizbarkeit oder emotionale Schwankungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Geräten Alarm auslösen sollten.
„Wenn Ihr normalerweise ruhiges Kind plötzlich zum Hulk wird, wenn Sie ihm das Telefon oder das Spiel wegnehmen, ist das ein Warnsignal“, sagte er. „Ich habe Kinder schreien, fluchen und sogar handgreiflich werden sehen.“
Es kann auch so aussehen, als würden sich Kinder von der Familie zurückziehen und Anzeichen von Traurigkeit oder Isolation zeigen. Wenn solche Muster auftreten, ist es laut Kersting Zeit zu handeln. „Beginnen Sie mit der Erziehung – stellen Sie Regeln auf, verbieten Sie Geräte im Schlafzimmer, bringen Sie die Kinder zurück in gemeinsame Räume.“
Das System zurücksetzen
Dunckley sagt, dass übermäßiger Bildschirmkonsum oft emotionale Probleme verschlimmert und nicht als separates Problem behandelt werden kann.
„Meiner Erfahrung nach ist es ein schwieriges Unterfangen, psychische Probleme wirksam anzugehen, ohne zuerst die Bildschirmgewohnheiten zu ändern“, so Dunckley.
Sie empfiehlt Eltern, sich darüber zu informieren, wie Bildschirme das Nervensystem beeinflussen – insbesondere die Stimmung, den Schlaf und die Aufmerksamkeit. In schwereren Fällen rät Dunckley zu einer drei- bis vierwöchigen „Bildschirmfastenzeit“, um die emotionale Regulierung und das Verhalten zurückzusetzen.
„Einfach nur die Nutzung einzuschränken, funktioniert bei einem süchtigen Kind oft nicht“, sagt sie. Eine vollständige Pause gibt dem Nervensystem Zeit, sich neu zu kalibrieren, was oft die Tür zu kreativerem, sozialerem und aktiverem Spielen öffnet.
Das Ziel, da sind sich die Experten einig, ist nicht, Bildschirme letztlich ganz zu verbannen, sondern gesündere Gewohnheiten zu entwickeln.
Tipps für Familien
- Halten Sie die Mahlzeiten und die Schlafenszeit bildschirmfrei.
- Fördern Sie tägliche Offline-Aktivitäten.
- Sprechen Sie regelmäßig über Online-Erfahrungen.
- Seien Sie als Erwachsene Vorbild für Ausgewogenheit und Grenzen.
„Konzentrieren Sie sich nicht nur darauf, wie lange Kinder mit ihren Handys beschäftigt sind“, sagte Xiao. „Achten Sie darauf, wie sich die Nutzung auf ihr Wohlbefinden, ihre Beziehungen und ihr tägliches Leben auswirkt.“
Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Compulsive Phone Use Triples Suicide Risk in Teens: Study“. (deutsche Bearbeitung kr)
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