Strittmatter: „Die Menschen sehnen sich danach, sich selbst helfen zu können“
Hinter dem etwas sperrigen Buchtitel „NeuroReset“ vermutet man zunächst nicht die Fülle an Ermutigung, die sich dahinter verbirgt. Mit ihrem am 17. November erscheinenden Buch legt Dr. Beate Strittmatter ein kompaktes Handbuch vor, das die Methoden der Ohrakupunktur und Ohrakupressur in den Mittelpunkt stellt.
Doch dies ist lediglich das Vehikel, das einen dazu bringen soll, worum es Dr. Strittmatter wirklich geht: die Löschung ausgedienter und nicht mehr hilfreicher innerer Glaubenssätze, die meist in der Kindheit oder im Laufe des Lebens unbewusst erworben wurden. Dafür müssen diese natürlich zunächst entdeckt und – ganz entscheidend – positiv, sprich unterstützend, umgewandelt werden.
Anhand vieler Fallbeispiele fächert die Autorin drei dafür wesentliche Aspekte auf: das Spiegeln, den Schattenanteil und die Wiederholungen aus der Kindheit. Strittmatter geht dabei davon aus, dass alle Begegnungen, insbesondere die, auf welche wir sehr emotional reagieren, im Kern etwas über uns selbst erzählen.
Hineinwachsen in unser volles Potenzial
Fühlen Sie sich beispielsweise oft von anderen übersehen oder nicht wahrgenommen, so ist es ratsam, sich zu fragen, ob Sie etwas von diesen störenden Verhaltensweisen oder Eigenarten auch bei sich selbst finden. „Siehst du dich? Beachtest du deine Bedürfnisse?“, fragt die Ärztin.
Denn unsere eigenen, oft unbewussten Überzeugungen über uns selbst werden von unserer Umwelt so überdeutlich wahrgenommen und damit gespiegelt, als stünde es eingraviert auf unserer Stirn, führt Strittmatter aus.
Doch ist dies keineswegs ein Ärgernis, betont sie. Es ist ein Wegweiser, um zu wachsen, um die zu werden, die wir in Wahrheit sind.
„Die Reflexzonen am Ohr bilden den Körper in Miniaturform ab“
Bemerkenswert an Strittmatters Ansatz ist ihre langjährige Erfahrung: Seit 43 Jahren arbeitet sie als Allgemeinärztin, auch als Notärztin und Sportmedizinerin – ihre Methode beruht daher unmittelbar auf praktischer Anwendung. Ihr Wunsch, den Patienten wirklich Schmerzfreiheit und am besten Heilung zu bringen, trieb sie dabei immer wieder an, weiterzusuchen, ohne Scheuklappen zu verbinden, was hilft.
Die im Westen wissenschaftlich belegte Methode der Ohrakupunktur ist laut Strittmatter ein „einzigartiger Schlüssel“. Denn von hier gehen die Nervenbahnen direkt ins Gehirn und ermöglichen uns so einen Zugang zu unseren Innenwelten auf allen Ebenen: „körperlich, emotional, mental und seelisch“.
Dr. Beate Strittmatter ist Autorin mehrerer Lehrbücher über Ohrakupunktur, hat Lernprogramme für Therapeuten entwickelt und bildet Ärzte aus. Sie ist weltweit als Dozentin tätig und publiziert seit Jahren in Fachzeitschriften.
Epoch Times sprach mit ihr über ihre Erfahrungen, Menschen ganzheitlich zu helfen, und über Erkenntnisse, die zu ihrem neuen Buch führten.
Frau Dr. Strittmatter, Sie haben mit einer ganz konventionellen Arztpraxis angefangen. Wie wurden Sie darauf aufmerksam, dass es noch andere Zusammenhänge gibt, die Heilung auslösen oder befördern?
Als ich meine Praxis begann, hatte ich schon 8,5 Jahre Klinik hinter mir, davon 6 Jahre Orthopädie. Dort durfte ich täglich an Schmerzpatienten die Ohrakupunktur anwenden.
Ich verließ die Klinik, um mich in einer Privatpraxis in einem abgelegenen Ort in der Nähe von Saarbrücken niederzulassen. Denn ich wusste, ich brauche für die Akupunkturbehandlung Zeit. Ich begann mit zwölf Patienten in acht Stunden, heute habe ich zehn über den ganzen Tag. Wenn du gut bist und ausbildest, dann bekommst du die Patienten zugeschickt, bei denen die anderen nicht weiterkommen.
Ich untersuchte Narbenstörherde und wurzelbehandelte Zähne. Vielen Menschen hilft das zurück zur Gesundheit und dennoch gibt es oft hartnäckige Fälle, bei denen es irgendwie „hakt“. Aus diesen sogenannten Therapieversagern lernen wir. Du bist gedrängt, dich noch um andere Methoden zu kümmern.
Wie sind Sie zu diesem Wissen gekommen?
Als junge Ärztin habe ich schnell erkannt, dass ich Sonderkurse machen muss. Wie diagnostiziere ich eine Schulter? Wie bekomme ich heraus, ob das Kreuzdarmbeingelenk verschoben ist?
Patienten sind klug und sehen: Wer hilft mir? Und in der Privatpraxis wirst du nur dafür bezahlt, dass du hilfst. Auch als die Akupunktur Kassenleistung wurde, haben die Patienten schnell verstanden: Akupunktur ist nicht gleich Akupunktur.
Im Laufe der Jahre und in eigener Ausbildung in Psychologie und Systemischer Therapie wurde mir bewusst, welche Macht negative Glaubenssätze haben und wie sehr sie zu unserer persönlichen Wahrheit werden.
Eines Tages begriff ich: Hier kann die Ohrakupunktur weiterhelfen. Denn wenn sich ein schmerzendes Gelenk oder eine verletzte Körperstelle am Ohr als elektrisch veränderter Punkt abbildet, dann müssten sich auch schädigende Gedanken, Ängste und Traumata über Veränderungen am Ohr zeigen!
Also schickte ich die Patienten in ihre Ängste – zum Beispiel Flugangst. Dann kann man die elektrisch veränderten Punkte am Ohr einfach aufspüren und danach direkt mit Nadel oder Laser behandeln! Die Flugangst verschwindet nach einer einzigen Sitzung. Manchmal staune ich selbst noch, wie einfach das geht.
Wer hat im Westen in den 1950er-Jahren die Ohrakupunktur entwickelt oder entdeckt?
Dr. Paul Nogier, Chirotherapeut und Schularzt, der auch TCM [Traditionelle Chinesische Medizin] praktizierte, entdeckte bei einigen Patienten eine seltsame Narbe am Ohr. Er ließ einen seiner Patienten nicht weiterziehen, sondern fragte: Was ist da passiert?
Dieser erzählte ihm, er habe Rückenschmerzen gehabt und ein Barfußheiler in Frankreich habe ihm eine glühende Nadel ans Ohr gesetzt. Über diesen Weg und weitere Forschung kam heraus, dass am Ohr der ganze Körper als Reflexzone abgebildet ist. In dem Moment, in dem Sie eine Pathologie haben, gibt es am Ohr einen elektrisch veränderten, aber auch druckempfindlichen Punkt.
So entwickelte sich die Ohrakupunktur nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“. Wissenschaftlich arbeitete man dann unter anderem mittels MRT. Durch die Forschung von Prof. Dr. Frank Bahr, jahrzehntelangem Präsidenten der Akademie für Akupunktur in München, wurde die Methode noch zielgerichteter.
Gab es Schlüsselmomente, die Sie zu dem Buch inspirierten?
Eines Tages habe ich verstanden: Wenn jemand Rückenschmerzen hat, dann kommen die Schmerzen nicht unbedingt vom Rücken, sondern das kann zum Beispiel eine lavierte – ins Körperliche verschobene – Depression sein.
Ich habe dann nicht nur den Antidepressionspunkt gestochen. Ich habe angefangen, nachzufragen: „Gibt es einen Konflikt? Was beschäftigt Sie?“
Eine Zauberfrage ist: „Wenn Zeit, Geld und Raum keine Rolle spielen würden, was würden Sie wählen?“ Da sagte eine Frau zu mir: „Ich würde meinen Mann ändern.“
Bei näherem Fragen stellte sich heraus, dass sie an ihrem Mann genau DAS bemängelte, was ihr selbst so dringend fehlte: Er war entspannt und sie nicht.
So kam ich sukzessive daran, dass ich nach Glaubenssätzen fragen muss. In diesem Fall: Ich muss alles im Griff haben, ich darf nicht entspannen. Der andere dient hier als „Schatten“, er zeigt in verzerrter Form, was wir selbst ausschließen.
Ich fand das so faszinierend, dass ich tatsächlich Gesetzmäßigkeiten finden konnte, die für alle Menschen und besonders auch für alle Paare gleich sind.
Jetzt bringe ich Menschen bei, diese behindernden Glaubenssätze oder Ängste selbst zu löschen – über die Ohren. Das bedeutet, Menschen in die Selbstermächtigung zu bringen.
In Ihrem Buch sprechen Sie viel über Schattenanteile. Was beinhaltet das und welche große Rolle spielt das in unserem Alltag?
Ein Beispiel: Ein Bahnbeamter arbeitete als Lokführer. Das wurde ihm zu stressig, also wechselte er zum Servicepoint. Jeder würde denken, das sei ein ruhiger Job. Aber ihm passierte Folgendes: Ein Zug wurde morgens um 5 Uhr wegen eines Hindernisses auf der Bahnstrecke gestoppt: Die Fahrgäste mussten aus dem Schlafwagen in einen Bus umsteigen. Das macht natürlich keiner gern.
Ein Reisender wurde so wütend, dass er einen Stapel Fahrplanhefte nahm und sie ihm so ins Gesicht warf, dass er genäht werden musste.
Täter haben eine gute Nase. Sie „riechen“, mit wem sie es machen können. Darüber gibt es tatsächlich schon frühe Literatur aus der Polizeiforschung.
Bei den Kollegen war ein solcher Angriff am Servicepoint noch nie vorgekommen, bei ihm hingegen schon zweimal.
Es ging bei diesem Mann darum, für sich einzustehen. Was erlaube ich mir nicht zu leben? Er hat sein „Für sich Einstehen“ in den Schatten gestellt.
Das sind übrigens häufig die Ursachen von Erektionsproblemen: Es sich nicht zu erlauben, „stehen“ zu bleiben, sich einem Konflikt zu stellen und für sich einzustehen.
Ein Arzt ist auch immer ein Übersetzer. Ernährung spielt natürlich auch eine große Rolle, aber wenn man solche negativen und das Leben behindernden Glaubenssätze verinnerlicht hat, da kannst du Gemüse essen, bis du grün wirst. Es wird sich nicht viel ändern, nicht im Leben und nicht in der Gesundheit!
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Sie führen in Ihrem Buch den Satz „Erst die anderen, dann ich“ als Beispiel für einen negativen Glaubenssatz auf. Würden Sie erklären, warum?
Die positive Umdrehung heißt nicht „Ich zuerst“, sondern: Finde heraus, wer du bist, und nimm deinen Platz ein, der für dich vorgesehen ist!
Es geht darum, Grenzen setzen zu dürfen. Damit halten Sie auch eine gesunde Balance in der Welt. Oft ist die Einstellung verankert: Wenn ich Grenzen setze, verliere ich Liebe.
Der neue Glaubenssatz könnte lauten: Ich darf Grenzen setzen, ich werde geliebt, auch wenn ich Grenzen setze. Mir steht bedingungslose Liebe zu.
Sie sprechen von Akzeptanz statt Abspaltung. Wie kommen wir zur Akzeptanz eines eigenen früheren Verhaltens, das wir heute zutiefst ablehnen?
Mit dem „NeuroReset“ trennen wir die Erinnerung von der Emotion. Ein Beispiel: Eine Frau hat auf Wunsch ihres Mannes, aber gegen ihren Wunsch, abgetrieben. Dahinter stand der Glaubenssatz: Ich bin es nicht wert, geliebt zu werden, wenn ich seine Anforderungen nicht erfülle.
Sie hatte Angst, seine Liebe zu verlieren.
Die dabei entstehenden Schuldgefühle führen oft zu Ausweichverhalten wie Selbstbestrafung: Ich darf nicht gesund sein, ich darf kein Geld haben.
In solchen Fällen kann es helfen, zu sich selbst zu sagen: Ich habe damals gegeben, was ich konnte. Mehr konnte ich nicht geben.
Sie können die betroffene Person um Vergebung bitten, was auch posthum noch möglich ist.
Vielen herzlichen Dank, Frau Dr. Strittmatter, für das Gespräch.

Foto: Momanda
NeuroReset – die 90-Sekunden-Methode, die dein Leben verändert
Dr. Beate Strittmatter
Momanda Verlag
256 Seiten
19,90 Euro
ISBN 3956281470
kostenlose Masterclass: www.neuroreset.io
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