Bundesbank-Vorstand warnt: In manchen Regionen wird Bargeld schwer zugänglich

Bargeld ist „gelebte Freiheit“, betont Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz, und es werde auch „in zehn, 15 Jahren noch eine zentrale Rolle spielen“. Allerdings werde der Zugang dazu in einigen Regionen deutlich schwieriger. In einem am Montag, 7. Juli, veröffentlichten Interview mit „t-online“ hat Balz zur aktuellen Debatte um die Zukunft von Barzahlungen Stellung genommen.
Bargeld bleibt weiter ein wichtiger Faktor des täglichen Lebens
Balz äußerte in dem Gespräch, er zahle meist mit dem Handy. Allerdings führe er stets auch etwa 150 Euro in Barbeständen mit sich. Man bleibe damit im Euroraum auch in unvorhergesehenen Situationen liquide, beispielsweise nach Cyberangriffen oder Stromausfällen wie im April in Spanien und Portugal.
[etd-related posts=“5181848″]
Zudem nutze man Bargeld „auch für Zahlungen, die nicht auf der Kreditkartenabrechnung auftauchen sollen – etwa bei Geschenken“. Insgesamt unterstützt Balz jedoch eine EU-Obergrenze von Barzahlungen als „guten Kompromiss zwischen Freiheit und Kontrolle“.
Zwar sei insgesamt auch in Deutschland in jüngster Zeit ein Rückgang der Barzahlungen zu verzeichnen, allerdings belief sich der Anteil an Barzahlungen auch im Jahr 2023 nach wie vor auf mehr als 50 Prozent aller Transaktionen an der Ladenkasse.
Bundesbank für Abschaffung von 1- und 2-Cent-Münzen
Der Bundesbank-Vorstand machte auch deutlich, dass Bargeld ein „unverzichtbarer Bestandteil einer robusten und widerstandsfähigen Infrastruktur“ sei und bleibe. Deshalb sei der Erhalt des Bargeldes auch in der gesamten EU Konsens. Das Eurosystem plane eine neue Banknotenserie. In Deutschland arbeite die Bundesbank an der Optimierung der Bargeldversorgung vor Ort. Neben 31 Filialen, die damit betraut seien, gebe es auch ein Nationales Bargeldforum, das die Ideen aller Beteiligten am Bargeldkreislauf sammele, um das System zu optimieren.
Burkhard Balz brachte auch eine mögliche Abschaffung der 1- und 2-Cent-Münzen ins Spiel. Eine Rundungsregel solle diese im Alltag ermöglichen. Die Kosten für die Produktion der Münzen und deren Transport- und Sortierkosten stünden mittlerweile in keinem Verhältnis mehr zum Nennwert. Deshalb wäre es „nachhaltiger und effizienter“, sich sechs Ländern im Euroraum anzuschließen, die diesen Schritt bereits gegangen sind.
[etd-related posts=“5179587″]
Mit einer Einführung des digitalen Euro rechnet der Bundesbank-Vorstand nicht vor 2029. Dieser sei in einer Zeit zunehmender Digitalisierung eine „extrem sinnvolle Ergänzung zum Bargeld“. Immerhin sei der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr fest in der Hand nicht europäischer Anbieter. Der digitale Euro solle zu einer Art „digitalem Zwilling“ des Bargelds werden, werde den analogen Euro aber nie ersetzen.
Entscheidend sei in diesem Zusammenhang die technische Umsetzung des Projekts. Mit dieser stehe und falle der digitale Euro:
„Sollte es nach der Einführung des digitalen Euro zum Beispiel zu einem erfolgreichen Hackerangriff kommen, würde dies das ganze Projekt in Frage stellen.“
Schwindende Versorgung mit Bargeld vor allem in ländlichen Regionen
Ein Problem sieht Balz in der deutlich verschlechterten Versorgung mit Bargeld. Zwar sei die Versorgungssituation mit weiterhin mehr als 50.000 Geldausgabeautomaten im europäischen Vergleich gut, zuletzt sei deren Anzahl jedoch deutlich zurückgegangen, mit schwerwiegenden Folgen:
„In einigen Regionen könnte es zukünftig schwieriger werden, an Bargeld zu kommen.“
Ende 2023 hatte es in Deutschland mit 19.501 erstmals weniger als 20.000 Bankfilialen gegeben. Mitte der 2010er-Jahre seien es noch rund 35.000 gewesen, zur Jahrtausendwende sogar fast 60.000. Allein die Deutsche Bank schließt bis 2025 weitere 250 Filialen ihrer Tochter Postbank. Selbst die am stärksten in der Fläche repräsentierten Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben ihr Filialnetz in den vergangenen Jahren zurückgebaut.
[etd-related posts=“5140944″]
Seit 2018 ist auch die Zahl der Geldautomaten in Deutschland deutlich rückläufig. Von damals rund 59.000 Automaten sind nur noch etwa 51.000 übrig – ebenfalls mit sinkender Tendenz. Gründe dafür sind ein zunehmender Kostendruck im Bankensektor, die gestiegene Bedeutung von Onlinebanking und digitalen Zahlungsformen, aber auch Geldautomatensprengungen. Politische Vorgaben wie das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz von 2021 machen das Betreiben von Geldautomaten ebenfalls teurer.
Balz für gemeinsamen Betrieb von Geldautomaten: „Bundesbank kann aber nur anregen“
Aber auch einige Alternativen zum Geldautomaten fallen weg. So endete mit Beginn des Monats die Kooperation der Cash Group mit Shell, sodass eine Abhebung an dessen Tankstellen nicht mehr möglich ist. Die Konsequenz ist, dass Kunden von Deutsche Bank, Commerzbank, HypoVereinsbank und Postbank entweder weiter entfernte Automaten suchen oder gegen hohe Gebühren jene von Fremdbanken nutzen müssen.
Allerdings bieten einige Supermärkte, Baumärkte oder Drogerien im Rahmen ihrer „Cashback“-Programme die Auszahlung von Bargeld an. Voraussetzung ist dafür in den meisten Fällen ein Mindesteinkauf in Höhe von 5 bis 10 Euro. Die durchschnittliche Entfernung zum nächsten Bargeldbezugspunkt im ländlichen Raum beträgt in Deutschland etwa 1,9 Kilometer. Immerhin haben 90,3 Prozent der Landbevölkerung eine Bezugsmöglichkeit im Umkreis von 5 Kilometern.
[etd-related posts=“5124688″]
Bundesbank-Vorstand Balz rät den Banken zu mehr Kooperation beim Betrieb von Geldautomaten. In den Niederlanden hätten diese dazu eine gemeinsame zentrale Gesellschaft gegründet. Dieses Modell könne auch in Deutschland funktionieren, allerdings müssten die Beteiligten oder die Politik von sich aus tätig werden. Die Bundesbank könne ein solches Vorgehen nur anregen.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion