Bundesregierung: Kein Bedeutungsverlust der Industrie trotz EU-Zolldeals mit USA

Die Bundesregierung weist Befürchtungen einer tiefgreifenden Deindustrialisierung in Deutschland zurück. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage betont sie, dass das jüngste EU-US-Zollabkommen keine gravierenden Nachteile für die deutsche Industrie bringe. Dennoch bleiben Fragen nach milliardenschweren Energieimporten und Investitionen in die USA offen.
Handschlag – EU und USA schließen Zolldeal
Handschlag zwischen Donald Trump und Ursula von der Leyen – USA und EU schließen Zollabkommen.Foto: Jacquelyn Martin/AP/dpa
Von 8. September 2025

In Kürze:

  • Bundesregierung sieht keinen Hinweis auf eine tiefgreifende Deindustrialisierung in Deutschland.
  • Der EU-Zolldeal mit den USA sieht zollfreie Einfuhr amerikanischer Waren, aber 15 Prozent auf EU-Exporte vor.
  • EU macht milliardenschwere Zusagen für Energieimporte und Investitionen in die USA.
  • Bundesregierung verweist auf Einbindung in EU-Gremien und auf Studien des ifo und IfW-Instituts.

 

Die Bundesregierung sieht derzeit keinen Bedeutungsverlust der deutschen Industrie und „keine tiefgreifende Deindustrialisierung“ hierzulande. Zudem war Deutschland hinreichend in die Verhandlungen der EU mit den USA über das Ende Juli verkündete Zollabkommen eingebunden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag (Drucksache 21/1144) hervor, die der Epoch Times exklusiv vorliegt.

Zu weitreichende Zugeständnisse der EU im Zolldeal?

Die AfD-Fraktion hatte 20 Fragen zu dem Abkommen an die Bundesregierung gerichtet, das US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen von Schottland aus am 27. Juli verkündet hatten. Zu den Kernpunkten des Abkommens gehört die zollfreie Einfuhr US-amerikanischer Waren in die EU, während in der Gegenrichtung auf die meisten EU-Waren ein Zoll von 15 Prozent erhoben wird.

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Die Zölle auf Stahl und Aluminium bleiben bei 50 Prozent, was als erhebliche Belastung für die deutsche Exportwirtschaft gilt. Ferner hat die EU den USA zugesagt, über drei Jahre US-amerikanische Energieträger im Wert von 750 Milliarden US-Dollar (638 Milliarden Euro) zu kaufen. Auch wurden von Brüssel zusätzliche Investitionen in die Wirtschaft der USA im Umfang von 600 Milliarden Euro zugesagt, die unter anderem in die Rüstungsindustrie gehen sollen.

Die Fragesteller äußern den Verdacht, dass die EU den USA „in zentralen Fragen erhebliche Zugeständnisse gemacht hat, ohne dass diesen irgendwelche erkennbaren Vorteile für die EU und ihre Mitgliedsstaaten, insbesondere Deutschland, in vergleichbarem Umfang gegenüberstehen“. Entsprechend wolle die Fraktion unter anderem wissen, ob und wie sich die Verpflichtungen erfüllen ließen und welche langfristigen Folgen das Abkommen für die europäische Integration oder Desintegration haben würde.

Bundesregierung: Wirtschaftliche Folgen eines geplatzten Abkommens gravierender

Die Bundesregierung erklärte, die Mitgliedstaaten der EU seien regelmäßig in die laufenden handelspolitischen Verhandlungen eingebunden gewesen. Dafür gebe es vorgesehene Verfahren in den einschlägigen EU-Gremien. Die Kommission in Brüssel habe „mit Blick auf Verhandlungsinhalte und -ziele auf dynamische Verhandlungssituationen reagiert“.

Die Frage nach konkreten Zielen und ob man diese als erreicht sehe, beantwortete die Bundesregierung nicht direkt. Gleichzeitig verweist sie auf eine Antwort auf eine bereits am 4. August dazu gestellte schriftliche Frage (S. 59).

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Darin findet sich ein Verweis auf die Position der EU-Kommission, wonach ein Nichtzustandekommen des Zolldeals zu einem Zollsatz von 30 Prozent geführt hätte. Dies wäre mit wesentlich negativeren wirtschaftlichen Folgen verbunden gewesen. Auf der Basis des derzeitigen Informationsstandes, auch da die Grundsatzeinigung noch konkretisiert werden müsse, ließen sich die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Einigung bislang nicht abschätzen.

EU strebe Zollquoten und Senkung des Niveaus der Einfuhrgebühren an

In der Erklärung befindet sich auch der Hinweis, dass bisherige Berechnungen zu wirtschaftlichen Auswirkungen auf Modellsimulationen basierten. Diese beruhten auf Schätzungen zu einem bestimmten Zeitpunkt und auf der Grundlage bestimmter Annahmen. Eine Simulation des IfW Kiel hätte ergeben, dass ein Szenario ohne ein Abkommen zu einer deutlich schwächeren gesamtwirtschaftlichen Entwicklung führen würde.

Die Bundesregierung erklärt weiter, dass sich entsprechend auch die Auswirkungen von Zollanpassungen auf die Autoindustrie oder den Maschinenbau noch nicht abschätzen ließen. Man beobachte die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Exporteure „laufend und intensiv“.

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Für allfällige Maßnahmen, um den negativen Auswirkungen der Zölle auf Stahl und Aluminium zu begegnen, sei Brüssel zuständig. Sie wolle „Zollquoten basierend auf historischen Handelsströmen“ einrichten und auf eine Senkung gegenwärtiger Zölle hinwirken. Zudem wolle die EU im Einklang mit der Bundesregierung die Industrien für Stahl, Aluminium und Kupfer vor unfairem Wettbewerb und weltweiten Überkapazitäten schützen.

Bundesregierung verweist auf ifo-Studie: „Kein Bedeutungsverlust der Industrie“

Bezüglich der Absichtserklärungen zum Kauf von Energieprodukten im Umfang von 750 Milliarden US-Dollar verweist die Bundesregierung auf das „RePowerEU“-Konzept, welches bis 2027 ein Ende der Öl- und Gasimporte aus Russland vorsieht. Der Import von Energieträgern obliege laut Bundesregierung weiterhin privaten Unternehmen. Die EU wolle zudem die zur Bündelung privater Nachfrage geschaffene Plattform „Aggregate EU“ für die gemeinsame Beschaffung von LNG nutzbar machen.

Die Fragesteller griffen auch die weitere Absichtserklärung auf, europäische Investitionen von etwa 600 Milliarden US-Dollar in den USA zu ermöglichen. Sie wollten wissen, wie sich die Bundesregierung dazu positioniere, insbesondere im Hinblick auf die „heute anhaltende Deindustrialisierung“ in Deutschland.

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Die Bundesregierung verwies auf eine aktuelle ifo-Studie. Diese zeige einen „bis zuletzt weitgehend stabilen Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der preisbereinigten gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung“. Das Ergebnis deute „auf keinen Bedeutungsverlust der Industrie und damit auf keine tiefgreifende Deindustrialisierung in Deutschland hin“. Ebenfalls lägen der Bundesregierung „keine Kenntnisse über Schätzungen möglicher Verlagerungen von Produktionsstätten in die USA und davon betroffenen Arbeitsplätzen“ vor.



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