Drohende US-Zölle und deutsche Rabatte: Pharmabranche warnt vor Abwanderung

In der deutschen Pharmabranche macht sich Sorge breit. Noch gibt es keine Information aus den USA, welche Importzölle dort künftig für Einfuhren aus der EU gelten werden. Am Mittwoch, 9. Juli, war die 90-Tages-Frist für eine Einigung im Zollstreit ausgelaufen. Was US-Präsident Donald Trump jedoch bereits an diesem Tag in Aussicht stellte, waren mögliche Zölle in Höhe von 200 Prozent auf die Einfuhr von Medikamenten.
Trump will mehr Pharmaindustrie in die USA holen
Diese Maßnahme soll nicht umgehend in Kraft treten. Trump hat auch angekündigt, dass er den Herstellern etwa ein Jahr Gelegenheit geben will, „um ihre Angelegenheiten zu regeln“. Seine Erwartungshaltung: Die Pharmaunternehmen sollen verstärkt in den USA investieren und produzieren. Grundsätzlich seien viele davon auch dazu bereit, meint Han Steutel vom Verband forschender Pharma-Unternehmen (VFA) gegenüber der „Rheinischen Post“.
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Ein Faktor, der dabei eine Rolle spiele, sei Zeit. Man kann, so Steutel, „eine Fabrik nicht binnen 18 Monaten hochziehen“. Ein solches Tempo habe es zwar im Zusammenhang mit den Corona-Impfstoffen gegeben, dies sei jedoch „nicht die Regel“. Dass die Preise für Pharmaprodukte in Europa steigen, erwartet der Verbandschef nicht, schließlich seien diese dort schon am Limit:
In keinem Land in Europa kann man die Preise erhöhen.“
Um einem drohenden Exodus von Pharmaunternehmen aus Deutschland entgegenzuwirken, mahnt Steutel jedoch umfassende Reformen zugunsten des Standorts an. Vor allem die gesetzlichen Rabattverpflichtungen für Hersteller gegenüber den gesetzlichen Krankenversicherungen bedürften einer dringenden Überarbeitung.
VFA: Reformen statt Rabattsystem
Allein im Jahr 2023 hätte sich die Summe der zusätzlichen Nachlässe auf 1,3 Milliarden Euro aufaddiert. Mit dem sogenannten GKV-Finanzstabilisierungsgesetz habe der frühere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach „unserem Standort bei seiner Wettbewerbsfähigkeit geschadet“. Für weitere Zwangsrabatte auf Kosten der Hersteller bleibe kein Spielraum, betonte Steutel:
„Dieses Geld fehlte für Investitionen. Solche Rabatte dürfen sich nicht wiederholen.“
Der Patentschutz nach der Einführung eines Medikaments betrage de facto etwa zehn Jahre, erläutert der Verbandschef weiter. Zuvor mussten Zeit und Geld für die Entwicklung ausgegeben werden. In den Jahren des aufrechten Patentschutzes müssten Hersteller „die Chance haben, alle Kosten wieder zu verdienen, die bei der Entwicklung innovativer Arzneien anfallen“.
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Am Ende des Tages gingen die Folgen belastender politischer Vorgaben für die Branche auf Kosten der Patienten. Bereits dauere zudem der Zulassungsprozess von Arzneien in Europa durchschnittlich 450 Tage und damit um 120 Tage länger als in den USA. Die Pharmabranche brauche, um effizienter werden zu können, unter anderem mehr anonymisierte Kohortenpatientendaten für die Forschung.
Welche verpflichtenden Rabatte die Pharmaindustrie treffen
Kern des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes ist, dass Pharmaunternehmen den Krankenkassen einen Teil des von ihnen eingenommen Arzneimittelpreises als Rabatt zurückzahlen müssen. Auf diese Weise sollen sie sich an der Sicherung von deren finanzieller Basis beteiligen. Für erstattungsfähige Arzneimittel ohne Festbetrag beträgt der Abschlag üblicherweise 7 Prozent des Abgabepreises. Während des Jahres 2023 stieg dieser befristet sogar auf 12 Prozent.
Für Generika beträgt der Rabatt 6 Prozent, dazu kommt ein zusätzlicher Generikaabschlag von 10 Prozent. Ausnahmen gelten nur, wenn das Medikament als solches bereits besonders günstig ist. Bei Generika handelt es sich um patentfreie, wirkstoffgleiche Arzneimittel. Derzeit stellen Generika in Deutschland etwa 80 Prozent der verabreichten Arzneimittel – gemessen an den abgegebenen Tagesdosen.
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Grundsätzlich beträgt der Patentschutz für ein Medikament in Deutschland und der EU 20 Jahre ab dem Zeitpunkt der Patentanmeldung. Allerdings sind die Entwickler daran interessiert, sich diesen Schutz möglichst zeitig zu sichern, sodass die Patentanmeldung meist schon in der frühen Entwicklungsphase erfolgt. Faktisch beträgt die Dauer der Marktexklusivität zwischen zehn und zwölf Jahre. Anschließend dürfen die Generikahersteller ihre Nachahmerpräparate verkaufen.
Patentschutz und Preisregulierung: Wenig Spielraum für Innovation
Auch die Apotheken müssen den Krankenkassen einen Rabatt pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel gewähren. Dieser beträgt 1,77 Euro pro Packung – bis 31. Januar 2025 waren es vorübergehend 2 Euro gewesen. Für Arzneimittel im Rahmen von Kombinationstherapien, etwa bei Krebs oder HIV, gilt ein zusätzlicher Rabatt von 20 Prozent auf den Erstattungsbetrag.
Für die Preisverhandlungen im AMNOG-Verfahren muss zudem eine Preis-Mengen-Regelung vereinbart werden, die den Spielraum der Arzneimittelhersteller für Preiserhöhungen einschränkt. Um den Patentschutz verlängern zu lassen, können sie ein „Ergänzendes Schutzzertifikat“ (SPC) beantragen. Dieses gilt jedoch maximal nur für fünf weitere Jahre und wird nur in Ausnahmefällen gewährt.
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Pharmaverbände wie der VFA betrachten gesetzliche Rabattsysteme und Preismoratorien als überproportionale Belastungsfaktoren für die Branche. Sie argumentieren, deren Umfang und Höhe hemme Investitionen und Innovationen. Demgegenüber sehen Kassen und Politik darin ein erforderliches Instrument, um die steigenden Arzneimittelausgaben zu begrenzen und die Beiträge der Versicherten stabil zu halten.
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