Entlastungspaket für die Industrie: Was haben die Bürger davon?

Der Koalitionsausschuss hat sich in Berlin auf ein umfassendes Entlastungspaket für die Industrie geeinigt. Subventionierter Industriestrom, eine sinkende Luftverkehrssteuer und neue Investitionen sollen den Standort stabilisieren – Kritik aus dem Handwerk bleibt nicht aus. Was haben die Bürger davon?
Der Verband der Chemischen Industrie warnt: Wenn es bezüglich eines Industriestrompreises keine kurzfristigen Lösungen gebe, müsse man sich über zukünftige Themen keine Gedanken mehr machen.
Ein subventionierter Industriestrompreis soll den energieintensiven Branchen in Deutschland Luft verschaffen.Foto: Jan Woitas/dpa
Von 15. November 2025

In Kürze:

  • Subventionierter Industriestrompreis von rund 5 Cent/kWh für energieintensive Branchen
  • Senkung der Luftverkehrssteuer ab Juli 2026 geplant
  • Milliarden aus dem Klima- und Transformationsfonds für Wettbewerbsfähigkeit
  • Handwerk kritisiert fehlende Entlastung kleiner Betriebe

 

Der Koalitionsausschuss hat sich am Donnerstag, 13.11., in Berlin auf mehrere Maßnahmen geeinigt, die zur Entlastung unter Druck geratener deutscher Schlüsselindustrien beitragen sollen. Den größten Effekt erhoffen sich die Vertreter von Union und SPD von einem subventionierten Industriestrompreis und einer Senkung der Luftverkehrssteuer. Weitere Beschlüsse beinhalteten die Ausschreibung zum Bau neuer Gaskraftwerke und die Bildung eines „Deutschlandfonds“.

Industriestrompreis soll energieintensive Branchen entlasten

Bis zu 5 Milliarden Euro will der Bund aus dem Klima- und Transformationsfonds locker machen, um von 2026 bis 2028 energieintensive Unternehmen im Wettbewerb zu halten. Profitieren sollen vom subventionierten Industriestrompreis von etwa 5 Cent pro Kilowattstunde Branchen wie die Stahlindustrie oder die Chemie.

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Auch Industriebereiche wie Glas, Keramik, Aluminium, Zement, Grundstoffchemie, Maschinenbau und Großverbraucher wie Halbleiter- oder Batteriezellenproduktion will man schützen. Im genannten Zeitraum soll der subventionierte Strompreis für maximal 50 Prozent des Jahresstromverbrauchs gelten.

Begünstigte sind verpflichtet, gleichzeitig einen Teil des Entlastungsbetrags in klimaschonende Technologien oder Energieeffizienzmaßnahmen zu investieren. Die Stromsteuer für das produzierende Gewerbe soll auf das EU-Mindestmaß von 0,05 Cent pro Kilowattstunde sinken.

Handwerk vermisst Ausgewogenheit – und Lösungen für die Breite der Wirtschaft

Die Begünstigung ist beschränkt auf industrielle Großverbraucher. Der Bund hofft, durch die Maßnahmen die Industrie langfristig wettbewerbsfähiger zu halten. Eine breite Masse der Bürger könnte maximal indirekt davon profitieren – etwa durch den Erhalt von Arbeitsplätzen, einen gesünderen Wirtschaftsstandort oder eine Beruhigung an der Preisfront.

Eine Senkung der Stromsteuer für Privathaushalte ist hingegen nicht vorgesehen. Auch wird die Masse kleinerer Betriebe in Produktion und Handwerk von der Neuregelung nicht profitieren. Ein Umstand, den der Zentralverband des Handwerks (ZDH) zum Anlass für Kritik nimmt. Dessen Präsident Jörg Dittrich erklärt:

„Die Bundesregierung muss das im Koalitionsvertrag gegebene Versprechen einlösen und die Stromkosten für alle Betriebe und Unternehmen senken, nicht nur für die Industrie.“

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Dittrich forderte die Koalition dazu auf, den bereits im Frühjahr angekündigten Beschluss bezüglich einer Stromsteuerentlastung ausschließlich für das produzierende Gewerbe zu verschieben. Stattdessen solle das Kabinett eine „faire und zukunftsfähige Lösung für die gesamte Wirtschaft“ ermöglichen.

Vielflieger könnten von der Senkung der Luftverkehrssteuer profitieren

Die Senkung der Luftverkehrssteuer soll vor allem der Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen und dem Standort dienen. Allerdings dürfte diese Maßnahme auch konkrete Auswirkungen auf die Bevölkerung insgesamt haben – zumindest jenen Teil, der hin und wieder auf das Flugzeug als Verkehrsmittel zurückgreift.

Im Mai 2024 hatte die damalige Ampelregierung die entsprechende Steuer deutlich erhöht und damit zu einer erheblichen Erhöhung der Ticketpreise beigesteuert. Ab 1. Juli 2026 soll die Ticketsteuer für Flüge von deutschen Flughäfen sinken. Die Branche, die zuletzt von deutlichen Abwanderungstendenzen gekennzeichnet war, soll so um rund 350 Millionen Euro entlastet werden.

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Vor allem auf Kurz- und Mittelstreckenflügen führt die Neuregelung zumindest potenziell zu günstigeren Flugpreisen – oder zumindest zu geringeren Preissteigerungen. Die Bundesregierung hatte auch Bereitschaft signalisiert, die staatlich veranlassten Kosten und Gebühren insgesamt bis 2029 weiter zu senken.

Kritik am Industriestrompreis auch vom DIW

Am stärksten dürften Vielflieger und Personen von der Steuererleichterung profitieren, die von den Preisen für deutsche Abflughäfen betroffen sind. Die Steuerausfälle für den Bundeshaushalt sollen aus dem Verkehrsetat kompensiert werden. Dadurch sollen keine zusätzlichen Belastungen für Bürger entstehen.

Der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbands ADV, Ralph Beisel, hofft auf den „Beginn einer echten Trendwende“. Joachim Lang vom Branchenverband BDL fordert jedoch auch noch weitere Schritte, „damit Deutschland am anhaltenden Boom des Luftverkehrs in Europa teilhaben kann“.

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Kritik an den Maßnahmen übte hingegen der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Er sieht diese „von Lobbyinteressen getrieben“. Er sei schlecht für die deutsche Wirtschaft, weil nur ein Teil davon profitiere. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärte der Ökonom:

„Der Industriestrompreis geht zulasten der großen Mehrheit der deutschen Unternehmen, die letztlich höhere Energiekosten zahlen müssen.“



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