ExxonMobil droht mit Rückzug aus Europa – was das für Deutschland bedeutet
In Kürze:
- Das EU-Lieferkettengesetz könnte dazu führen, dass sich der US-Energiekonzern ExxonMobil aus Europa ganz zurückzieht.
- CEO Darren Woods gibt sich erstaunt über „das Ausmaß der Übergriffigkeit“ der Nachhaltigkeitsrichtlinie.
- Katar droht mit dem Ende der LNG-Lieferungen nach Europa, falls das EU-Lieferkettengesetz so bestehen bleibt.
- ExxonMobil ist der größte Erdgasproduzent Deutschlands und beschäftigt hierzulande 800 Mitarbeiter.
Das EU-Lieferkettengesetz in seiner aktuellen Form ist unannehmbar für den US-Energiekonzern ExxonMobil. Der Konzern, der seit 135 Jahren für Raffinerien, Erdgas, Erdöl und chemische Produkte steht, sehe sich gezwungen, seine Aktivitäten in Europa zu überdenken.
Das sagte CEO Darren Woods am 3. November am Rande der ADIPEC-Konferenz für die Öl-, Gas- und Energieindustrie in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Er warnte, dass die EU-Richtlinie „katastrophale Folgen“ für die globale Wirtschaft haben könne. Woods bemängelte, dass sie multinationalen Unternehmen unerfüllbare Pflichten auferlegen würde. US-Energieversorger könnten mit jährlichen Strafen in Milliardenhöhe rechnen.
„Wenn wir in Europa kein erfolgreiches Unternehmen sein können und – was noch wichtiger ist –, wenn sie versuchen, ihre schädliche Gesetzgebung weltweit durchzusetzen, wo immer wir geschäftlich tätig sind, wird es unmöglich, dort zu bleiben“, sagte Woods. ExxonMobil gilt als der größte private Energiekonzern der Welt.
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Das EU-Lieferkettengesetz im Visier
Konkret geht es um die „EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit“, auch „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD) oder EU-Lieferkettengesetz genannt.
Die Richtlinie verpflichtet Unternehmen ab Mitte 2026, Menschenrechts- und Umweltfragen in ihren Lieferketten zu berücksichtigen. Andernfalls drohen Geldstrafen in Höhe von 5 Prozent des weltweiten Umsatzes. Derzeit soll sie für Unternehmen mit 1.000 oder mehr Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als 450 Millionen Euro gelten.
Laut Woods würde die Richtlinie ExxonMobil dazu auch noch verpflichten, die gleichen Vorgaben nicht nur für seine Aktivitäten in Europa, sondern für seine gesamten weltweiten Aktivitäten anzuwenden:
„Was mich erstaunt, ist das Ausmaß der Übergriffigkeit. Es würde mich dazu verpflichten, dies für alle meine Geschäfte weltweit zu tun, unabhängig davon, ob es einen Bezug zu Europa hat oder nicht.“
Deutschland und Frankreich fordern Ende der Richtlinie
Die EU-Richtlinie ist seit Längerem umstritten. Im Mai forderten die Staats- und Regierungschefs Frankreichs und Deutschlands die EU auf, das Vorhaben zurückzuziehen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron verlangte am 19. Mai, die Richtlinie sollte „vom Tisch genommen werden“. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) äußerte eine ähnliche Aufforderung bei seinem ersten Besuch in Brüssel. Der Kanzler erklärte, das Gesetz würde die angeschlagene Industrie Europas zusätzlich belasten.
Im September hat das Bundeskabinett eine Abschwächung des nationalen Lieferkettengesetzes, das seit 2023 gilt, beschlossen. Berichtspflichten für Unternehmen über die Einhaltung von Menschenrechtsstandards innerhalb ihrer Lieferketten sollen entfallen, während Sanktionen bestehen bleiben sollen, allerdings nur in gravierenden Fällen.
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Im Oktober stimmte das Europäische Parlament dafür, die Debatte über das EU-Lieferkettengesetz wieder aufzunehmen, während der Widerstand der Industrie und von Regierungen, darunter auch die der USA und Katars, zunimmt. Die Warnung wird lauter, dass die Richtlinie die Energiesicherheit Europas gefährden und die industrielle Wettbewerbsfähigkeit der Region weiter untergraben könnte.
Woods sagte, ExxonMobil setze sich gegen die Richtlinie ein und rufe andere Unternehmensführer dazu auf, sich ebenfalls dagegenzustellen. „Wir werden weiterhin versuchen, Wirtschaftsführer auf der ganzen Welt zu mobilisieren, um gegen diese Gesetzgebung vorzugehen.“
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Woher soll Europas Energie kommen?
Die kommende Abstimmung des Europäischen Parlaments gibt Raum für weitere Änderungen, bevor ein endgültiger Text verabschiedet wird. Diese soll noch in diesem Jahr erfolgen.
Laut Woods führen die bisher diskutierten Änderungen zu „unklaren Formulierungen“ und könnten die regulatorische Unsicherheit weiter vergrößern. „Schon heute ist die Wirtschaft bereits überreguliert, sie deindustrialisiert sich und erstickt das Wirtschaftswachstum“, sagte er. „Das wird das Wachstum nur noch weiter abwürgen.“
Im Oktober warnten der US-Energieminister Chris Wright und der Energieminister von Katar, Saad Sherida al-Kaabi, dass Teile des EU-Lieferkettengesetzes die globale Energiezusammenarbeit mit der EU behindern könnten.
„Dies geschieht zu einem kritischen Zeitpunkt, an dem unsere Länder und Unternehmen nicht nur bestrebt sind, die zuverlässige Versorgung der EU mit Flüssigerdgas [LNG] aufrechtzuerhalten, sondern sie im Einklang mit den strategischen Zielen Europas sogar deutlich zu steigern“, schrieben sie im Oktober in einem offenen Brief an die EU-Spitze.
Und weiter: „Es besteht kaum Zweifel daran, dass Erdgas und LNG auch in den kommenden Jahrzehnten eine wichtige Energiequelle und ein wesentlicher Bestandteil des Energiemixes der EU bleiben werden.“
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Katar droht mit dem Ende der LNG-Lieferungen
Die Vereinigten Staaten sind Europas größter Lieferant von Flüssigerdgas und machten im zweiten Quartal 2025 immerhin 57 Prozent der europäischen LNG-Importe aus. Danach folgen laut Eurostat Russland, Algerien und Katar.
In seiner Rede auf der Konferenz in Abu Dhabi am 3. November warnte al-Kaabi, dass Katar den Verkauf von LNG an Europa einstellen werde, falls das EU-Lieferkettengesetz unverändert in Kraft trete. Al-Kaabi ist auch CEO von QatarEnergy.
Der größte Erdgasproduzent Deutschlands
ExxonMobil ist seit über 130 Jahren in Europa aktiv. Der Konzern beschäftigt rund 12.000 Mitarbeiter in mehreren europäischen Ländern, davon 800 hierzulande. Das US-Unternehmen gilt als der größte Erdgasproduzent in Deutschland und größter deutscher Onshore-Erdölproduzent. Weithin bekannt sind die Esso-Tankstellen. Neben Erdöl und Erdgas stellt ExxonMobil in Deutschland auch chemische Produkte und Schmierstoffe her.
Standorte in Deutschland sind Berlin, Hamburg, Hannover und Köln sowie die Raffinerie in Ingolstadt. ExxonMobil betreibt zudem hierzulande ein mehr als 3.000 Kilometer langes Pipelinenetzwerk für Erdgas und Erdöl. Seit über 50 Jahren fördert ExxonMobil in Niedersachsen Erdgas.
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Laut der Konzernführung behindere die Bürokratie der EU das Unternehmen, in Zukunftstechnologien zu investieren und neue Lösungen auf die EU-Märkte zu bringen. Ein Beispiel dafür sei das chemische Recycling von Kunststoffen.
Das Unternehmen erwägt zurzeit die Schließung von Chemieanlagen in Großbritannien und Belgien. Als Grund werden hohe Energiepreise, restriktive EU-Regeln, US-Zölle und starke Konkurrenz aus China angeführt.
Würde ExxonMobil Europa gänzlich verlassen, hätte das weitreichende Folgen für die deutsche und europäische Wirtschaft.
Der Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „ExxonMobil CEO Warns EU Sustainability Law Could Force Exit From Europe“. (deutsche Bearbeitung ks)
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