Halbleitermangel: VW warnt vor Produktionsstopps – Industrie und Regierung in Zugzwang

Die Halbleiterindustrie ist auf internationale Lieferketten angewiesen. Während die Niederlande und China um den Hersteller Nexperia streiten, suchen Unternehmen hierzulande nach Alternativen. VW warnt vor Produktionsstopps.
Titelbild
Arbeit an einem VW Golf 7 im Volkswagen Werk in Wolfsburg.Foto:  Julian Stratenschulte/dpa
Epoch Times22. Oktober 2025

Lieferprobleme bei Halbleitern alarmieren Autohersteller und Bundesregierung. Auch der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) warnt nun vor einer Krise. Sie halten Produktionsstopps für vorstellbar. Heute Abend sollte es ein Gespräch des Bundeswirtschaftsministeriums mit Verbänden und Firmen geben.

Hintergrund sind Lieferprobleme beim niederländischen Halbleiterhersteller Nexperia. Die niederländische Regierung hatte die Kontrolle über die von einer chinesischen Konzernmutter geführte Firma übernommen, Peking stoppte daraufhin die Ausfuhr von Nexperia-Produkten für die Autoindustrie.

Der Vorsitzende der ZVEI-Geschäftsführung, Wolfgang Weber, sagte dpa: Die Mitgliedsfirmen des Verbandes arbeiteten an Ersatzlösungen. „Ein Problem liegt jedoch in der notwendigen Qualifizierung der Ersatzbauteile – wir können also keine Entwarnung geben.“ Die Krise müsse schnell politisch gelöst werden.

VW schließt Stopp der Golf-Produktion in der nächsten Woche nicht aus

Der Autokonzern Volkswagen schließt wegen der Nexperia-Probleme Einschränkungen in der Produktion nicht aus. „Derzeit ist die Produktion unbeeinträchtigt.

Vor dem Hintergrund der dynamischen Lage können Auswirkungen auf die Produktion kurzfristig jedoch nicht ausgeschlossen werden“, heißt es in einem Eintrag im Intranet des Konzerns, der der dpa vorliegt. Ein Sprecher bestätigte das auf Anfrage.

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Laut „Bild“ will der Autobauer seine Produktion in wichtigen Werken voraussichtlich in der kommenden Woche stoppen. Nach derzeitiger Planung werde am 29. Oktober die Fertigung des Golfs in Wolfsburg ausgesetzt, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Konzernkreise. Ein Baustopp bei weiteren Modellen würde später folgen.

Dem Bericht zufolge ist Volkswagen bereits mit der Arbeitsagentur im Gespräch über mögliche Kurzarbeit für mehrere Zehntausend Mitarbeiter. Das Unternehmen wollte das auf Anfrage nicht kommentieren.

Im VW-Intranet hieß es dazu: „Volkswagen steht in engem Kontakt mit allen relevanten Beteiligten vor dem Hintergrund der aktuellen Lage, um frühzeitig mögliche Risiken zu identifizieren und über entsprechend notwendige Maßnahmen entscheiden zu können.“ Über neue Entwicklungen werde informiert.

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Mercedes-Benz rechnet kurzfristig nicht mit Ausfällen wegen der Probleme. Dank guter Zusammenarbeit mit den Zulieferern und Lehren aus der Chipkrise „sind wir im Kurzfristzeitraum abgesichert“, teilte der Autobauer auf Anfrage mit. „Wir arbeiten intensiv mit unseren Partnern daran, eventuell auftretende Lücken zu schließen.“ Verlässliche Prognosen seien zum jetzigen Zeitpunkt aber nur schwer zu machen.

Deutschland und Niederlande telefonieren mit China

Auch die Bundesregierung sucht nach Lösungen. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte in Berlin, man sei besorgt und mit den verschiedenen Beteiligten in engem Austausch – auch mit der chinesischen Regierung.

Am 21. Oktober telefonierte der geschäftsführende niederländische Wirtschaftsminister, Vincent Karremans, nach eigenen Angaben mit seinem chinesischen Kollegen Wang Wentao.

Der niederländische Minister Karremans hatte dem chinesischen Eigentümer von Nexperia per Beschluss des Amsterdamer Wirtschaftsgerichts die Kontrolle entziehen lassen. Zuvor erklärte er, dass der Handelsstreit zwischen den USA und China nichts mit dem Konflikt um Nexperia zu tun habe. Aus Gerichtsakten geht hervor, dass die USA Den Haag zu dem Schritt gedrängt hatten.

Was stellt Nexperia her?

Nexperia mit Sitz im niederländischen Nijmegen ist ein wichtiger Anbieter sogenannter diskreter Halbleiter. Das sind eher einfache Bauteile und für die Wirtschaft unverzichtbar.

Bei einzelnen Bauteilen ist Nexperia nach eigenen Angaben Weltmarktführer. Zu den Kunden zählten Stand August Automobilhersteller wie Tesla und Zulieferer wie Bosch. Nexperia hat Fabriken in Hamburg und Manchester und Montagezentren in Asien.

Nach Angaben des ZVEI übernehmen diskrete Bauteile viele Funktionen – nicht nur im Auto. Sie verarbeiten zum Beispiel Signale in Steuergeräten, regeln und stabilisieren die Spannung und binden Sensoren an. Wie viele diskrete Halbleiter in einem Auto verbaut werden, hängt laut ZVEI vom Einzelfall ab.

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Suche nach Ersatzlieferanten schwierig

Auf den ersten Blick handele es sich dabei um Massenware, sagte Peter Fintl, Automobilfachmann des IT-Dienstleisters Capgemini. Allerdings seien sie oft sehr speziell angepasst und daher nicht so leicht zu ersetzen. „Für bestimmte Bauteile kann man nicht ohne weiteres auf andere Hersteller umswitchen.“

Das mache die Suche nach Ersatzlieferanten kompliziert und langwierig. „Darin liegen nun die Herausforderungen.“ Änderungen der Lieferketten seien zwar grundsätzlich möglich. „Allerdings spricht man hier nicht von Tagen oder Wochen, sondern von Monaten oder Quartalen.“ (dpa/red)



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