Handwerk kritisiert Merz: „Wachstumsbooster“ geht an Betrieben vorbei

Bundeskanzler Friedrich Merz wollte bis zur Sommerpause einen Stimmungsumschwung in der Wirtschaft erreichen – auch im Handwerk. Doch der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich, sieht die Lage nach wie vor kritisch: Von Aufbruchstimmung könne keine Rede sein.
Der Handwerkspräsident vermisst die Aufbruchsstimmung.
Der Handwerkspräsident vermisst die Aufbruchsstimmung.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 25. August 2025

In Kürze:

  • Handwerkspräsident Dittrich: Die Stimmung im Handwerk bleibt trotz der Pläne von Kanzler Merz gedrückt.
  • Kritik: Fehlende Stromsteuersenkung hat für erheblichen Unmut beim Handwerk gesorgt.
  • Bürokratie, Energiekosten und Fachkräftemangel belasten Betriebe weiterhin massiv.

 

Im Wahlkampf und anlässlich seines Amtsantritts ging Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) davon aus, dass die Koalition bis zur Sommerpause einen Stimmungsumschwung in der Wirtschaft bewirken könne. Dabei hatte er insbesondere auch das Handwerk im Visier. Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich, sieht bis heute noch keinen solchen Stimmungsumschwung eingetreten.

In einem Gespräch mit „Bild“ erklärt Dittrich zwar, Daten wiesen auf eine „leichte Zuversicht“ hin. Die Stimmung in den Betrieben zeige sich jedoch eher als eine vage „Hoffnung“.

Es gebe „Wut bei vielen Leuten“. Viele Mitglieder riefen ihn an und beklagten sich über das Ausbleiben der angekündigten Senkung der Stromsteuer. Dies sorge für einen Verlust an Vertrauen. Zudem gehe der von der Regierung beschlossene „Wachstumsbooster“ am Handwerk vorbei.

Handwerk wirft Merz „Vertrauensbruch“ vor – im ländlichen Raum Enttäuschung besonders groß

Der Koalitionsausschuss hatte Anfang Juli beschlossen, die versprochene Senkung der Stromsteuer auf etwa 600.000 besonders energieintensive Unternehmen zu begrenzen. Diese seien der Industrie und der Landwirtschaft zuzuordnen. Für kleine Unternehmen, zu denen auch die meisten Handwerksbetriebe zählen, sowie private Haushalte soll die Maßnahme vorerst nicht gelten.

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Im Handwerk habe das für erheblichen Unmut gesorgt. Dittrich selbst hatte im Juli von einem „Vertrauensbruch“ gesprochen. Vor allem Handwerksbetriebe in energieintensiven Gewerken hätten im Vertrauen auf die Zusagen der Bundesregierung Planungen getroffen und darauf basierend unternehmerische Entscheidungen getroffen.

Vor allem im ländlichen Umfeld greife die Enttäuschung besonders tief. Dort mangele es generell an der Aufmerksamkeit für die Daseinsvorsorge – von den Bildungseinrichtungen bis zum ÖPNV.

Bündel an ungelösten Problemen belasten die gesamte Branche

Was die Frage nach einem wachsenden Zuspruch zur AfD auch unter Handwerkern anbelangt, habe der Verband keine eigene Statistik. Es wäre jedoch „Unsinn zu glauben, dass es dort weniger ist“, so Dittrich. Das Handwerk sei eine große gesellschaftliche Gruppe, in der sich gesamtgesellschaftliche Trends demnach ebenfalls abbildeten. Es gelte nun, nach den Gründen zu fragen.

Dittrich hatte bereits in der Zeit der Regierung Scholz zusammen mit anderen Spitzenverbänden grundlegende Reformen hin zu einer „Wirtschaftswende“ angemahnt. Zu den Hauptkritikpunkten gehörten Bürokratie, Steuerlast, Fachkräftemangel und Energiekosten. Dazu habe man speziell im Handwerk zuletzt immer häufiger mit Materialknappheit zu kämpfen – etwa bei Holz, Farben oder Dämmstoffen. Auch diese treibe die Preise in die Höhe.

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Handwerk sieht sich von der Politik gegenüber Großindustrie benachteiligt

Umfragen in der Branche zufolge beklagt mehr als die Hälfte der Handwerksbetriebe einen zu hohen bürokratischen Aufwand. Ein Viertel der befragten Gewerke müsste laut Creditreform bis zu 10 Stunden pro Woche für administrative Aufgaben einplanen.

Viele Betriebe klagen über die fehlende Aussicht auf qualifizierte Mitarbeiter. Viele bewährte Mitarbeiter stünden vor dem altersbedingten Ausscheiden. Es gelinge nur schleppend, ausreichend Nachwuchs zu finden. Zudem bedrohten die immer höheren Energiekosten die Betriebe, da diese die wirtschaftliche Rentabilität gefährden.

Diese Faktoren und die anhaltende politische Unsicherheit ließen Handwerksbetriebe mit dem Gedanken spielen, Geschäftsbereiche aufzugeben, Investitionen hintanzustellen oder gar den Betrieb zu schließen. Besonders im Ausbaugewerbe und im Bereich des gewerblichen Bedarfs sei auch die Zahl der Insolvenzen gestiegen. Ein weiteres Sorgenkind sei die Digitalisierung.

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Dittrich hatte Anfang des Jahres bereits der Regierung Scholz vorgeworfen, sich in unverhältnismäßigem Maße für Großstrukturen und Industriepolitik einzusetzen. So habe er mehrfach Betriebsräte von VW und ähnlichen Konzernen eingeladen. Kleine Betriebe und Handwerker seien für Spitzengespräche aber offenbar nicht wichtig genug gewesen. Dabei seien allein im vergangenen Jahr rund 80.000 Arbeitsplätze im Handwerk verloren gegangen.



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