Seltene Erden: Wie kann sich die EU aus der Abhängigkeit von China befreien?

In Kürze:
- Peking beschränkt den Export Seltener Erden.
- Umweltauflagen machen in Europa die Förderung teuer und unrentabel.
- Brüssel setzt auf eigene Projekte und Bergwerke, trotz der Bedenken von Umweltaktivisten.
- Doch „die Bemühungen Europas, die Versorgung zu diversifizieren […], bieten keine kurzfristige Lösung“, erklärt der Europäische Verband der Automobilzulieferer.
China dominiert laut der Internationalen Energieagentur mehr als 60 Prozent des weltweiten Abbaus von Seltenen Erden und 92 Prozent der Raffinierung. Dies liegt besonders an staatlichen Subventionen und lockeren Umweltvorschriften.
Anfang Juli warf der deutsche Außenminister Johann Wadephul Peking bei einem Treffen mit Chinas Außenminister „einseitige und oft wenig transparente“ Exportbeschränkungen für Seltene Erden vor, die den deutschen Unternehmen „große Sorgen“ bereiteten. Seit April verlangen die chinesischen Behörden von chinesischen Unternehmen die Einholung von Lizenzen für den Export dieser strategischen Rohstoffe.
Ein Haupthindernis bei der Gewinnung und Verarbeitung von Seltenen Erden sind die verglichen mit China strengen Umweltstandards in westlichen Ländern. Daher gibt es das Bemühen, diese etwas zu lockern und gleichzeitig auf Forschung zu setzen, um deren Nutzung zu optimieren.

Eine Ampulle lokal abgebautes Lithium in Batteriequalität für Elektroautos neben einem Stück Zinnwaldit. Die Zinnwald Lithium GmbH in Altenberg im Erzgebirge plant, jährlich bis zu 15.000 Tonnen Lithium abzubauen, genug für 1 Million Elektroautobatterien. Foto: Sean Gallup/Getty Images
Pekings Dominanz in den globalen Lieferketten für Seltene Erden ist das Ergebnis einer langfristigen Industriepolitik. Ermöglicht wird der Abbau durch die In-situ-Laugung, einen preiswerten, aber umweltschädlichen Prozess.
In-situ-Laugung von Seltenen Erden bedeutet, spezielle aggressive Flüssigkeiten, oft Säuren wie Schwefelsäure oder Ammoniumsulfat, in die Lagerstätte zu pumpen. Diese lösen die erwünschten Elemente aus dem Gestein heraus. Das so entstandene Gemisch wird nach oben befördert und verarbeitet.
In Ländern mit strengeren Umweltstandards ist diese jedoch kaum möglich, denn die Methode führt nicht nur zu Bodenkontaminationen, sondern verbraucht zudem große Mengen Wasser.
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Europäische Automobilindustrie unter dem Druck chinesischer Beschränkungen
China schlug Anfang Juni laut dem chinesischen Handelsministerium vor, einen „grünen Kanal“ einzurichten, um den Export von Seltenen Erden in die EU zu erleichtern – nachdem Peking zuvor die Ausfuhr von Wolfram und sieben Kategorien Seltener Erden als Reaktion auf US-Zölle eingeschränkt hatte. Hier besitzt Peking ein Quasimonopol und setzt es als wirtschaftspolitisches Druckmittel ein.
„Seit Anfang April wurden Hunderte Anträge auf Exportlizenzen bei den chinesischen Behörden eingereicht, aber nur etwa ein Viertel davon scheint genehmigt worden zu sein“, erklärte Anfang Juni der Europäische Verband der Automobilzulieferer (CLEPA).
„Die Verfahren sind undurchsichtig und von Provinz zu Provinz uneinheitlich, wobei einige Lizenzen aus verfahrenstechnischen Gründen abgelehnt werden, während andere die Offenlegung sensibler Informationen zum geistigen Eigentum verlangen“, fügte der Verband an.
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Die Verhandlungen über eine Preisvereinbarung für chinesische Elektroautos befänden sich „in der Endphase“, erklärt das chinesische Handelsministerium. Gleichzeitig sind die Autos Gegenstand einer Antidumpinguntersuchung in Brüssel.
Diese Gespräche fanden im Rahmen des EU-China-Gipfels Ende Juli in Peking anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Beziehungen statt. Ziel des Gipfels war es, die Beziehungen zwischen dem europäischen Block und China wieder ins Gleichgewicht zu bringen, während die politischen und handelspolitischen Differenzen anhalten. Bei dem Gipfel vereinbarten beide Seiten, einen „verbesserten Exportversorgungsmechanismus“ für Seltene Erden, wie es EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete, einzurichten.
Peking lähmt europäische Zulieferer
Bestimmte Seltene Erden wie Neodym oder Dysprosium ermöglichen die Herstellung leistungsstarker Magnete, deren weltweite Produktion zu 90 Prozent in China stattfindet. Diese Magnete spielen „eine wesentliche Rolle in Elektromotoren, Servolenksystemen, regenerativen Bremssystemen und anderen fortschrittlichen Fahrzeugfunktionen“, erklären Fachleute des Beratungsunternehmens BMI.
Die Situation verdeutlicht die starke Abhängigkeit der übrigen Welt: Laut BMI importiert Europa 98 Prozent seiner Magnete mit Seltenen Erden aus China.

Tausende Menschen demonstrieren in Belgrad gegen eine geplante Lithiummine, an der auch die EU und Deutschland interessiert sind. Foto: Darko Vojinovic/AP/dpa
Die Industrie leidet bereits darunter. „Angesichts einer stark verflochtenen globalen Lieferkette lähmen diese Beschränkungen bereits die Produktion der europäischen Zulieferer“, betont Benjamin Krieger, Generalsekretär des CLEPA.
Der CLEPA berichtet von „erheblichen Störungen“ in Europa, wo diese Beschränkungen „zur Schließung mehrerer Produktionslinien und Fabriken geführt haben“.
Der Beginn nicht chinesischer Seltener Erden?
Im Mai gab das australische Bergbauunternehmen Lynas Rare Earths bekannt, das erste Mal außerhalb Chinas schwere Seltene Erden produziert zu haben, ein wichtiger Schritt zur Diversifizierung einer Lieferkette, die für viele Branchen entscheidend ist.
Die Ankündigung des Unternehmens zeigt aber auch, wie schwierig es ist, neue Lieferanten für diese Materialien zu finden, die für die Elektronik-, Erneuerbare-Energien- und Rüstungsindustrie unverzichtbar geworden sind.
Lynas gab bekannt, dass es in Malaysia mit der Produktion von Dysprosiumoxid begonnen hat. Das Unternehmen plant, in diesem Werk auch das schwere Element Terbium zu produzieren, was für Permanentmagnete und bestimmte Lampen notwendig ist.
Das Bergbauunternehmen plant, bis 2026 die Produktion auszubauen, doch dies deckt nur einen Bruchteil des globalen Bedarfs. „Selbst mit der Produktion von Lynas wird China seine dominante Position [bei Seltenen Erden] behalten“, sagte Gavin Wendt, Gründungsdirektor von MineLife, Ende Mai gegenüber AFP.
Er ergänzte: „Auf jeden Fall ist es ein Anfang. Es ist entscheidend, dass andere mögliche Projekte in den USA, Kanada, Brasilien, Europa und Asien ihre technische Machbarkeit beweisen und genehmigt werden können, damit sich das Angebotsgleichgewicht wirklich zu verändern beginnt.“
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Brüssel stellt 47 europäische Projekte vor
Europa will die Entkopplung von China beschleunigen. Dazu stellte Brüssel im März „47 strategische Projekte“ für die Gewinnung, Verarbeitung und das Recycling von Seltenen Erden und anderen strategischen Rohstoffen auf europäischem Boden vor, um die Abhängigkeit von China zu verringern und die Versorgung der europäischen Industrie sicherzustellen.
Diese Projekte, zu denen die Eröffnung von Lithium-, Graphit-, Nickel-, Kobalt- und Manganminen in der EU gehört, sollen von vereinfachten Genehmigungsverfahren und europäischer finanzieller Unterstützung profitieren. Sie sind in 13 Mitgliedstaaten angesiedelt. Acht davon befinden sich in Frankreich.
Dabei geht es speziell darum, Bergwerke in Europa unter Einhaltung strenger Umweltstandards wiederzueröffnen, obwohl diese Projekte von Umweltaktivisten kritisiert werden. So finden in Serbien seit Monaten Proteste mit Zehntausenden Menschen gegen ein geplantes Lithiumbergwerk statt, an dem auch die EU und Deutschland interessiert sind.
Die EU hat im vergangenen Jahr eine „europäische Verordnung zu kritischen Rohstoffen“ zur Sicherung ihrer Rohstoffversorgung verabschiedet. Ziel ist, die Abhängigkeit von China bei den Rohstoffen zu verringern, die bei der Herstellung von Batterien, Windkraftanlagen oder Munition verwendet werden.
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EU-Ziele für Kobalt, Nickel und Aluminium
Der Text enthält eine Liste von 17 strategischen Rohstoffen wie Kobalt, Nickel und Aluminium, für die ambitionierte Ziele festgelegt werden. Die EU plant, bis 2030 für jeden dieser Rohstoffe mindestens 10 Prozent selbst abbauen, 40 Prozent verarbeiten und 25 Prozent recyceln zu können.
Außerdem ist vorgeschrieben, dass die EU bei keinem dieser strategischen Rohstoffe zu mehr als 65 Prozent von einem einzigen Drittland abhängig sein darf.
Doch, so das Beratungsunternehmen BMI, die EU versuche zwar, ihre Produktion von Seltenen Erden anzukurbeln, allerdings könnten diese Aktivitäten „in Europa jedoch in Bezug auf die Kosten kaum mit den chinesischen Produzenten konkurrieren“. Zudem seien sie weit davon entfernt, den Bedarf der Automobilindustrie zu decken.
„Die Bemühungen Europas, die Versorgung zu diversifizieren […], bieten keine kurzfristige Lösung“, so der Europäische Verband der Automobilzulieferer.
Der Artikel erschien im Original auf der französischen Epoch Times unter dem Titel „Terres rares : comment se défaire de la dépendance à la Chine?“. (deutsche Bearbeitung ks)
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