Streit um das Verbrenner-Aus überschattet IAA

Deutschlands Autoindustrie ringt auf der IAA in München um ihre Zukunft. Zwischen glänzenden E-Modellen dominiert die Debatte über das EU-Verbrenner-Aus ab 2035. Kanzler Merz, Söder und VDA-Chefin Müller fordern mehr Realismus und Technologieoffenheit.
CSU-Chef Söder meint: «Ohne Auto droht ein Kollaps.»
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei der Eröffnung der IAA in München – mit klarer Kritik am EU-Verbrennerverbot.Foto: Fabian Strauch/dpa
Von 11. September 2025

In Kürze

  • Elektromodelle überwiegen auf den Messeständen.
  • Viele Reden gegen das „Verbrenner-Verbot“
  • Die Bundesregierung hält am Ausbau der E-Mobilität fest.
  • BMW-Chef: Ziel der CO₂-Neutralität bis 2050 fest verankert in Firmenphilosophie

 

Deutschlands wichtigste Industrie steht unter Druck. Auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA Mobility) in München, die am Dienstag eröffnet wurde und noch bis zum 14. September läuft, treffen Zukunftsvisionen der Hersteller auf politische Grundsatzdebatten. Die Messe soll eigentlich die technologische Innovationskraft der Branche feiern, doch überschattet wird sie vom Konflikt um das von der EU beschlossene Verbrenner-Aus ab 2035.

Zur feierlichen Eröffnung reisten die Spitzen der Politik an: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der in diesem Jahr Gastgeber der Messe ist, VDA-Präsidentin Hildegard Müller und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) setzten mit ihren Reden den Ton. Dieser war unüberhörbar geprägt von Kritik an Brüssel.

Merz umgeht „Verbrenner-Verbot“ – Position dennoch klar

Friedrich Merz beschwor in seiner Rede die Autoindustrie als „Schlüsselbranche für den Wohlstand unseres Landes“ und erinnerte daran, dass sie über 770.000 Arbeitsplätze sichere. Deutschland dürfe nicht den Fehler machen, eine ganze Industrie durch falsche Regulierung aufs Spiel zu setzen. Merz sagte:

„Wir wollen keine Einengung auf eine einzige Lösung, sondern den Wettbewerb der besten Ideen.“

Zwar erwähnte er das Verbrenner-Aus nicht ausdrücklich, doch die Botschaft war unmissverständlich: Technologieoffenheit statt politischer Festlegung auf reine Elektromobilität.

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Merz betonte zugleich, dass die Bundesregierung am Ausbau der E-Mobilität festhalte. Deutschland müsse aber flexibler agieren, klüger regulieren und europäische Vorgaben kritisch hinterfragen. Mit Blick auf Brüssel sprach er von einem „falschen wirtschaftspolitischen Weg“. Sein Ziel: Deutschland solle ein Standort bleiben, „auf den die Welt nicht mit Verwunderung, sondern mit Bewunderung“ schaue.

Um das zu erreichen, listete der Kanzler ein ganzes Bündel an Maßnahmen auf: Sonderabschreibungen für betriebliche E-Mobilität, eine degressive Abschreibung für Investitionen in Maschinen, eine Absenkung der Körperschaftsteuer auf 10 Prozent bis 2033. Außerdem kündigte er einen Auto-Gipfel mit Industrie, Gewerkschaften und Ländern an.

Söder schärfer in der Wortwahl

Noch deutlicher positionierte sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Gleich zu Beginn seiner Rede erklärte er:

„Dieses Verbrennerverbot ist falsch.“

Ohne eine starke Wirtschaft sei Klimaschutz nicht möglich, so der CSU-Chef. „Ohne Auto wird der Rest nicht funktionieren. Wenn man das eine nicht mehr hat, kann man das andere nicht machen.“ Der Saal reagierte mit kräftigem Applaus. „Auch der Verbrenner hat noch Zukunft. Die Elektromobilität wird sich auf Dauer durchsetzen, aber wir brauchen deutlich mehr Zeit, um das Ganze in Europa zu organisieren“, so der bayerische Ministerpräsident weiter.

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Söder warnte vor einem „gefährlichen Realitätsverlust“ in der europäischen Klimapolitik. Er präsentierte seinen bereits zuvor veröffentlichten 10-Punkte-Plan, in dem er unter anderem niedrigere Energiekosten, beschleunigte Genehmigungsverfahren und mehr Unterstützung für synthetische Kraftstoffe fordert.

VDA-Chefin Müller fordert Kurskorrektur

In ihrer Rede zur Eröffnung der IAA Mobility betonte die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, die Bedeutung von Technologieoffenheit für die Transformation der Autoindustrie. Zwar werde die Elektromobilität den größten Anteil an der Zukunft haben, doch brauche es auch andere Lösungen, um die Klimaziele zu erreichen. Müller sagte wörtlich:

„Wie der Antriebsmix aussieht, mit dem die Klimaziele erreicht werden, das wissen wir heute noch nicht abschließend. Deswegen sollten alle Technologien, die dem Klimaschutz dienen, möglich sein.“

Dazu zählte sie Hybride, Reichweitenverlängerer und Verbrennerfahrzeuge mit zunehmend klimaneutralen Kraftstoffen. Gerade für die Dekarbonisierung des bestehenden Fahrzeugbestands seien synthetische Kraftstoffe unverzichtbar. Müller forderte deshalb eine Anpassung der EU-Flottenziele und warnte: Wer ohne Realitätsbezug an starren Vorgaben festhalte, gefährde nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch das Erreichen der Klimaneutralität.

Klimaschutz dürfe nicht gegen Wettbewerbsfähigkeit ausgespielt werden, sondern müsse mit ihr Hand in Hand gehen. Die deutsche Autoindustrie sei bereit, enorme Anstrengungen zu unternehmen. „Aber wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen“, betonte Müller.

Auf den Messeständen dominieren Elektromodelle. Laut einer aktuellen Studie der Friedrich-Naumann-Stiftung sind die Neuzulassungen in Deutschland derzeit zur Hälfte Verbrenner, zur Hälfte E- oder Hybridfahrzeuge. Damit liegt die Branche mitten im Umbruch – doch der Erfolg hängt maßgeblich von den politischen und wirtschaftlichen Leitplanken ab.

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Die FDP-nahe Stiftung fordert daher nicht nur eine Korrektur der europäischen Flottenregeln, sondern auch echte Strukturreformen: geringere Unternehmensteuern, günstigere Energie, weniger Bürokratie, neue Freihandelsabkommen. Nur so könne verhindert werden, dass Unternehmen ihre Produktion ins Ausland verlagern.

BMW-Chef Zipse mahnt zur ganzheitlichen CO₂-Bilanz

Der Münchner BMW-Konzern präsentierte auf der Messe den neuen iX3, den CEO Oliver Zipse als „Neue Klasse“ bezeichnete. Mit dem Mittelklasse-SUV möchte BMW seinen E-Anteil schnell auf 50 Prozent steigern. Schon jetzt machten vollelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride 25 Prozent der Verkäufe aus.

Der BMW-Chef warnt allerdings vor zu einseitiger Betrachtung: „Von uns werden Sie nie hören, dass wir von dem Ziel abweichen, bis 2050 CO₂-neutral zu sein“, so der BMW-Chef in „Bild“. Aber: Entscheidend sei, die gesamte Wertschöpfungskette zu berücksichtigen – vom Rohstoffabbau über die Produktion bis zum Recycling. „Wenn man nur auf den Auspuff blickt, gefährdet man ganze Industrien und schwächt die Vorteile der E-Mobilität.“

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Standort Deutschland im globalen Wettbewerb

Ein weiterer roter Faden der gestrigen Reden: die internationale Konkurrenz. China und die USA investieren massiv in E-Mobilität und autonomes Fahren. Merz versprach, Deutschland solle „Leitmarkt“ für autonome Fahrzeuge werden. Gleichzeitig kündigte er mehr Engagement bei der Rohstoffsicherung an, um Abhängigkeiten etwa von chinesischen Exporten zu reduzieren.

Auch die Handelspolitik spielte eine Rolle. Merz warb für das Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten und kündigte eine engere Zusammenarbeit mit den USA und Mexiko an. Protektionismus und Zölle seien „nicht der Weg, den wir gehen wollen“.



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