„Tage hohen Wachstums vorbei“: ifo-Chef über die Zukunft der deutschen Autoindustrie
In Kürze:
- ifo-Präsident auf Frage von Epoch Times: Autoindustrie verliert Rolle als Wachstumsmotor, Deutschland braucht neue Innovationsfelder
- US-Zölle belasten weiter, fiskalische Impulse der Bundesregierung bleiben schwach
- ifo und IfW senken Wachstumsprognosen für 2025 auf 0,2 bzw. 0,1 Prozent – erst 2027 leichte Erholung erwartet
- Arbeitslosigkeit steigt 2025, Rückgang erst nächstes Jahr prognostiziert
- Inflation kann 2027 wegen höherer CO₂-Preise erneut steigen
Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft haben sich erneut eingetrübt. Zwei der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute – das Münchner ifo-Institut und das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) – haben ihre Prognosen für die kommenden Jahre nach unten korrigiert.
Der Hauptgrund für die anhaltende Schwäche sind die Belastungen durch den Zollstreit mit den USA. „Die US-Zölle belasten die deutsche Wirtschaft nach wie vor spürbar“, erklärte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Zwar sei jüngst eine Einigung mit Washington erzielt worden, doch dies ändere kaum etwas an den effektiven Zollsätzen. Lediglich die damit verbundene Unsicherheit nehme ab und könne die Konjunktur geringfügig stützen.
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Automobilindustrie schwächelt
Ein zentrales Thema war bei der heutigen Online-Pressekonferenz des ifo-Instituts die Zukunft der deutschen Automobilindustrie. Auslöser war die Nachricht, dass Porsche aus dem Leitindex DAX ausscheidet und künftig im MDAX gelistet wird. Auf Frage von Epoch Times Reporterin Evi Fili erklärte ifo-Präsident Clemens Fuest, dass dies die tiefgreifenden Veränderungen in der Branche widerspiegele.
„Die deutsche Automobilindustrie ist unter Druck“, sagte Fuest. Gründe seien die Umstellung auf Elektromobilität und die wachsende Bedeutung von IT in der Fahrzeugarchitektur, etwa beim vernetzten Fahren. Deutschland habe lange von seiner Technologieführerschaft beim Verbrennungsmotor profitiert. „Jetzt gibt es einen großen technischen Wandel und die Konkurrenz nimmt zu.“
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Die Folge: Die Autoindustrie könne ihre Rolle als Wachstumsmotor, den sie in den vergangenen zwei Jahrzehnten innehatte, künftig nicht mehr erfüllen. „Es spricht vieles dafür, dass die Tage hohen Wachstums vorbei sind“, so Fuest. Zwar bleibe die Branche wichtig für den Standort, doch Deutschland müsse dringend neue Wachstumsindustrien entwickeln.
Fuest machte deutlich, dass die Politik nicht einzelne Branchen auswählen solle. Vielmehr gehe es darum, „bessere Bedingungen für unternehmerische Aktivität“ zu schaffen – sowohl für etablierte Firmen als auch für Start-ups. In Deutschland sei zwar bereits einiges geschehen, doch „viel mehr müsse noch getan werden“. Nur so könne die Wirtschaft neue Impulse erhalten und ihre Abhängigkeit von traditionellen Sektoren wie der Autoindustrie verringern.
Symbolischer Abstieg von Porsche
Der Wechsel von Porsche in den MDAX sei ein sichtbares Zeichen für diese Entwicklung. Auch die Aktien anderer Autokonzerne hätten zuletzt schwach performt, was die Erwartungen der Finanzmärkte widerspiegelte: „Die Tage hohen Wachstums sind vorbei“, wiederholte Fuest.
Damit fügen sich die Einschätzungen zur Autoindustrie in das allgemeine Bild ein, das die Wirtschaftsforscher zeichnen: Deutschland befindet sich mitten in einem tiefgreifenden Strukturwandel. Ohne entschlossene Reformen und ein stärkeres Engagement für Innovation droht das Land, über Jahre hinweg nur schwaches Wachstum zu erzielen.
Geringere Impulse aus Berlin
Auch von der Bundesregierung sind nach Ansicht der Experten nur begrenzte Wachstumsimpulse zu erwarten. Laut ifo sollen die Maßnahmen in diesem Jahr gerade einmal neun Milliarden Euro an zusätzlichen Impulsen bringen. Erst 2026 und 2027 würden die Effekte deutlicher – dann seien 38 bzw. 19 Milliarden Euro zu erwarten. Geplant sind unter anderem Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung, steuerliche Entlastungen für Gastronomie, Produzierendes Gewerbe und Pendler sowie niedrigere Netzentgelte.
Wollmershäuser betonte jedoch, dass diese Maßnahmen nur dann wirksam würden, wenn sie „konsequent und überzeugend umgesetzt“ werden. Bleibe es beim „wirtschaftspolitischen Stillstand“, drohten weitere Jahre der Stagnation und eine Erosion des Standorts. Auch IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths zeigte sich skeptisch: „Die Triebkräfte für einen selbsttragenden Aufschwung sind weiterhin schwach.“ Ohne ambitionierte Strukturreformen könnten die fiskalischen Impulse kaum mehr als kurzfristige Strohfeuer sein.
Märkte unter Druck
Die schwache Konjunktur wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt aus. Das ifo-Institut erwartet für 2025 einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um 155.000 Personen, die Quote steigt damit auf 6,3 Prozent. Erst ab 2026 rechnen die Forscher mit einer langsamen Entspannung – auf 6,1 Prozent, 2027 dann 5,4 Prozent. Das IfW geht ebenfalls von einer Wende ab 2026 aus und prognostiziert bis 2027 einen Rückgang der Quote auf 5,8 Prozent.
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Bei der Inflation zeichnet sich kurzfristig eine leichte Entspannung ab. Nach 2,2 Prozent im Jahr 2024 erwarten die ifo-Experten bis 2026 einen Rückgang auf 2,1 Prozent. Ab 2027 dürfte die Rate jedoch wieder steigen, auf voraussichtlich 2,6 Prozent. Grund dafür sind steigende CO₂-Preise. Gleichzeitig rechnen die Forscher mit sinkenden Energiepreisen bis Anfang 2026 – unter anderem, weil die Netzentgelte gesenkt und die Gasspeicherumlage abgeschafft wird.
In der heute vorgestellten Herbstprognose rechnet das ifo-Institut für 2025 nur noch mit einem Wachstum von 0,2 Prozent, für 2026 mit 1,3 Prozent. Das IfW liegt in ihrem Herbstgutachten sogar noch darunter und erwartet lediglich 0,1 Prozent für das kommende Jahr. Beide Institute sehen erst 2027 eine moderate Erholung.
Gegenüber der Sommerprognose hat das ifo-Institut seine Erwartungen um 0,1 Punkte für 2025 und um 0,2 Punkte für 2026 reduziert. Für 2027 gehen die Forscher von einem Plus von 1,6 Prozent aus. Das IfW korrigierte seine Schätzungen noch stärker: minus 0,2 Punkte für 2025 und minus 0,3 Punkte für 2026.






















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