Was passiert, wenn China Seltene Erden nicht mehr liefert?

In Kürze
- China dominiert den Weltmarkt für Seltene Erden, Schlüsselmaterialien für Elektromotoren, Halbleiter und Windkraftanlagen.
- In Deutschland wären rund 4 Millionen Arbeitsplätze und etwa 370 Milliarden Euro Wertschöpfung gefährdet, sollte China die Lieferungen stoppen.
- Brüssel sucht Gespräche mit China und Abstimmung im G7-Rahmen.
China ist der größte Player, wenn es um die hart umkämpften Seltenen Erden geht. Das Land ist Weltmarktführer des begehrten Rohstoffs. Peking hatte Anfang April Exportkontrollen auf sieben Seltene Erden und daraus gefertigte Magnete beschlossen. Auch Trumps Zollstreit mit China steht in Verbindung mit dem Kampf um Seltene Erden.
Im Handelsstreit will die Europäische Kommission nun mit den G7-Staaten über eine gemeinsame Antwort auf chinesische Exportkontrollen beraten. „Wir können nicht tatenlos zusehen und brauchen eine koordinierte Antwort“, sagte EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič am Dienstag nach einem Treffen der EU-Handelsminister in Dänemark.
Unersetzbare Rohstoffe für Hightech und Industrie
Seltene Erden umfassen insgesamt 17 unterschiedliche Elemente und werden für Hochtechnologieprodukte benötigt. Sie sind unverzichtbar für die Produktion von Halbleitern, Magneten, Elektrofahrzeugen, Festplatten, LED-Bildschirmen, Windkraftanlagen und den Flugzeugbau. Ohne sie stehen zahlreiche Industriezweige still.
In Deutschland kamen laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2024 mit 65,5 Prozent fast zwei Drittel der importierten Seltenen Erden direkt aus China. Neodym, Praseodym und Samarium, entscheidend für Dauermagneten in Elektromotoren, kamen fast vollständig aus chinesischer Produktion. Über drei Viertel der nach Deutschland eingeführten Lanthanverbindungen, die beispielsweise für Akkus wichtig sind, stammen ebenfalls aus dem Reich der Mitte.
Damit ist Deutschland noch stärker von China abhängig als der EU-Durchschnitt mit 46,3 Prozent.
Studie: 4 Millionen Arbeitsplätze gefährdet
Was es für die Gesamtwirtschaft Deutschlands bedeuten würde, wenn China, der bedeutendste Lieferant Seltener Erden, seine Lieferungen ganz einstellen würde, hat jetzt die Unternehmensberatung McKinsey in einer neuen Studie vorgerechnet.
Demnach sind in Deutschland etwa 1 Million Arbeitskräfte in Wirtschaftszweigen beschäftigt, die Seltene Erden als Rohstoffe verarbeiten und somit auf deren Einsatz angewiesen sind. Dazu zählen unter anderem der Automobilsektor, die Energiebranche sowie die Luft- und Raumfahrtindustrie. Diese circa 1 Million Beschäftigten tragen jährlich rund 150 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt bei.
Ferner hängen etwa 3 Millionen weitere Beschäftigte indirekt von den Ausgaben der Arbeitnehmer dieser Branchen ab. Die Nachfrage nach Konsum- und anderen Gütern sichert somit diese Arbeitsplätze in der Gesamtwirtschaft. Es entsteht ein zusätzlicher Wertschöpfungsbeitrag von weiteren rund 220 Milliarden Euro.
Sollte China seine Lieferungen des Rohstoffs einstellen, wären laut der Studie in Deutschland somit rund 4 Millionen Arbeitsplätze und damit eine Wertschöpfung von etwa 370 Milliarden Euro gefährdet. Das entspricht rund 9 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts.
Diese Zahlen machen deutlich: Deutschland hat eine hohe Abhängigkeit von Seltenen Erden und damit von China – nicht nur bei der Rohstoffversorgung, sondern entlang der gesamten Wertschöpfungskette inklusive Produktion, Verarbeitung, technologischer Anwendung und der rückkoppelnden Effekte auf Konsum und Dienstleistung. Falls China seine Exportkontrollen verschärft oder Lieferungen verzögert, könnten kurzfristig ganze Industriezweige wie Automobilindustrie, Elektromotorherstellung oder Windkraftanlagen betroffen sein, sowohl aufgrund von Preissteigerungen als auch aufgrund von Lieferschwierigkeiten.
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Europas Abhängigkeit
Damit steht Deutschland nicht allein. Die gesamte EU ist auf die Seltenen Erden aus China angewiesen. Die europäische Industrie kann ohne sie Tausende Produkte nicht herstellen.
Wegen Pekings Exportkontrollen auf die begehrten Rohstoffe erwartet die Europäische Handelskammer in China weitere Produktionsausfälle, welche zu 46 Fertigungsstopps bei ihren Mitgliedsfirmen führen können. Epoch Times berichtete.
Insbesondere von Autoherstellern erhalte man mittlerweile zahlreiche besorgte Anrufe, so EU-Handelskommissar Šefčovič. Nur etwa die Hälfte der nach Peking geschickten Anträge auf Exportgenehmigungen sei bislang ordnungsgemäß bearbeitet worden, und das trotz anhaltender Kommunikation mit den chinesischen Behörden. Dies erschwere die Planung und Geschäftsentwicklung von Unternehmen erheblich.
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Inzwischen zwölf von 17 Seltenen Erden auf Chinas Exportkontrollliste
China hat in der vergangenen Woche noch einmal eine Ausweitung der Exportkontrollen angekündigt. Dies verschärfe die Lage weiter, erklärte Šefčovič. Zudem beziehen sie auch weitere Produkte wie Batterien oder künstliche Diamanten ein. Die chinesische Führung hat fünf weitere Elemente auf ihre Exportkontrollliste gesetzt.
Nach Angaben des EU-Kommissars will er die Probleme nun in einer Videokonferenz mit dem chinesischen Handelsminister thematisieren, die vermutlich Anfang nächster Woche organisiert werden soll.
Außerdem plant er, die wachsenden Handelsstreitigkeiten mit China im G7-Rahmen zu thematisieren, um dort mögliche Lösungen zu eruieren. Zu der G7 gehören neben den EU-Ländern Deutschland, Frankreich und Italien auch die USA, Großbritannien, Kanada und Japan.
Der EU-Kommissar kritisierte, dass die Exportkontrollen „direkt auf zivile Industrien abzielen“. Peking hatte eine Bedrohung der nationalen Sicherheit Chinas als Begründung angeführt und erklärt, Seltene Erden könnten auch für militärische Güter eingesetzt werden.
Auch Japan hat eine gemeinsame Reaktion der G7-Staaten gefordert. Tokio sei „zutiefst besorgt angesichts der umfangreichen Exportbeschränkungen für Seltene Erden, die China in der vergangenen Woche angekündigt hat“, sagte der japanische Finanzminister Katsunobu Katō am Donnerstag vor Journalisten in Washington. Die G7-Staaten sollten „in dieser Frage gemeinsam vorgehen“, forderte Katō.
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Eskaliert der Handelsstreit global?
Chinas Ankündigung dieser verschärften Exportkontrollen hat in der vergangenen Woche bereits zu einer Eskalation des Handelsstreits mit den USA geführt. US-Präsident Donald Trump ließ daraufhin mitteilen, weitere Zölle in Höhe von 100 Prozent gegen chinesische Produkte ab dem 1. November erheben zu wollen. Die USA haben China schon eine Weile mit weitreichenden Exportbeschränkungen für Hochleistungschips belegt.
Zuvor hatte bereits US-Finanzminister Scott Bessent die angekündigten chinesischen Exportkontrollen kritisiert und betont, Washington und seine Verbündeten würden sich „weder befehlen noch kontrollieren lassen“.
An dem Zollstreit zwischen den USA und China ist indirekt auch die EU beteiligt. Die EU-Kommission hatte jüngst angekündigt, die heimische Stahlindustrie mit deutlich höheren Zöllen vor billiger Konkurrenz aus Ländern wie China schützen zu wollen. Das Problem, dass China den europäischen Markt mit günstigen Waren überschwemmt, hat sich noch einmal verschärft, seit Peking und Washington einander zunehmend mit Strafzöllen und Marktbeschränkungen überziehen. China leitet deshalb seine Warenströme mehr und mehr nach Europa um.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
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