Wasserstoff bleibt Zukunftsmusik – Regierung setzt wieder auf Gas

Deutschland kehrt zurück zur ersten Stufe des Notfallplans Gas. Die Voraussetzungen für die Alarmstufe liegen laut Wirtschaftsministerin Reiche nicht mehr vor. Unterdessen lässt die große Wasserstoffwende in der Energieversorgung weiter auf sich warten.
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Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche am 1. Juli 2025.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 1. Juli 2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche hat am Dienstag, 1. Juli, die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgesetzt. „Das heißt, wir gehen von der zweiten, von drei Krisenstufen, zurück auf die erste“, so die CDU-Politikerin.

Grund sei, dass die Voraussetzungen für die Alarmstufe nicht mehr vorliegen. Denn es gebe keine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führe.

Die Bundesregierung hat die Alarmstufe im Juni 2022 ausgerufen, nachdem Russland die Gasflüsse nach Deutschland mehrere Monate nach Beginn des Ukraine-Krieges deutlich reduziert hatte. „Heute können wir feststellen, dass die Gasversorgungssicherheit in Deutschland hoch ist“, so Reiche.

2021 sei Russland mit 65 Prozent noch Hauptlieferant von Gas nach Deutschland gewesen. Heute sei man frei von der Einfuhr von leitungsgebundenem russischem Erdgas und LNG. Trotz starker innenpolitischer Spannungen sei der Gaspreis derzeit bei weitgehend stabilem Niveau von circa 34 Euro pro Megawattstunde. „Die Preise sind allerdings immer noch doppelt so hoch wie vor der Krise“, erklärte die Ministerin.

Mit der geplanten Abschaffung der Gasspeicherumlage ab dem Jahr 2026 würden Wirtschaft und Verbraucher um 2,89 Euro pro Megawattstunde entlastet. Das seien für einen Durchschnittshaushalt 54 Euro pro Jahr, so Reiche.

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Gasspeicherziel „in diesem Jahr weiter gut erreichbar“

Obwohl die Gasspeicherstände insgesamt derzeit mit circa 50 Prozent niedriger als in den vergangenen Jahren seien, seien die laut Gasspeicherfüllstandsverordnung angestrebten Füllstände von 80 Prozent und 45 Prozent für bestimmte Porenspeicher zum 1. November „in diesem Jahr weiter gut erreichbar“, erklärte die Ministerin.

Deutschland verfüge über große Gasspeicher und sie seien weiter ein wichtiges Zusatzinstrument. Sie begründet die aktuellen Gasspeicherrückstände mit einem kälteren vergangenen Winter und einer „sehr ungewöhnlichen Preisstruktur im Gasmarkt“. Anders als üblich seien die Gaspreise für Sommer teilweise höher gewesen als im Winter. Deshalb habe es zeitweise „sehr geringe Anreize, Gas in die Speicher einzuspeichern“ gegeben.

Die Speicheraktivitäten hätten nun deutlich zugenommen und seien in den vergangenen zwei Monaten von 33 auf 50 Prozent gestiegen.

Erneuerbare Energien: Hauptrolle bei der Stromversorgung

Sie stellt auf Nachfrage klar, dass die erneuerbaren Energien in Zukunft die Hauptrolle bei der Stromversorgung spielen werden. „Der Neubau, der Zubau der erneuerbaren Energien, wird sich fortsetzen“, kündigte die Ministerin an. „Wir brauchen Gas allerdings, um Zeiten abzudecken, wo das Angebot an erneuerbaren Energien, an erneuerbaren Strom nicht da ist.“ Das gelte es mit Gaskraftwerken zu überbrücken.

Den Klimaschutzzielen 2045 sei man weiter verpflichtet. Dieses Ziel wolle man „mit aller Kraft, die wir haben, und mit allen politischen Maßnahmen, die uns zur Verfügung stehen, erreichen – bei Wahrung des Industriestandorts Deutschland“, so Reiche.

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Reiche: Chinas unfaire Handelspraktiken belasten europäische Stahlindustrie

Das stellt sich offenbar schwieriger dar als gedacht. Die europäische Stahlindustrie sei im weltweiten Vergleich insbesondere durch China unfairen Handelspraktiken ausgesetzt. „China subventioniert die Stahlproduktion durch eine Energiepreis- und Arbeitskostensubvention“, so die Wirtschaftsministerin.

Dadurch sei es in der Lage, Überkapazität zu Dumpingpreisen zu produzieren und auf die Weltmärkte zu drücken. Die chinesischen Preise könnten europäische, aber auch US-amerikanische Stahlhersteller nicht auf Dauer bewältigen. „Also müssen wir, und das tun wir auch, über die EU-Kommission mit China zu unfairen Handelspraktiken, Dumpingpreisen oder auch Überkapazitäten sprechen.“

Zudem stehe die Frage nach der Transformation der europäischen und der deutschen Stahlindustrie an, um nachhaltigen Stahl zu weltmarktfähigen Kosten zu produzieren. Man benötige dazu durch die EU-Kommission eine flexible, offenere Definition, was nachhaltiger Wasserstoff sei.

Brüssel müsse bei blauem Wasserstoff einlenken

„Ein Stahlwerk, das heute mit Koks, Kohle, Stahl produziert und zunächst Gas verwendet und später irgendwann in der Zukunft mit Wasserstoff, leistet einen wesentlichen Beitrag zu Klimaschutz und zu Dekarbonisierung“, führte Reiche weiter aus. Die EU-Kommission habe sich erst spät für die Öffnung zu „blauem Wasserstoff“ entschieden.

„Wir sind nach wie vor mit der EU-Kommission dabei, den Rechtsrahmen dafür zu besprechen.“ Dies sei wichtig, damit deutsche Stahlhersteller die Chance haben, die Transformation erfolgreich zu meistern. Blauer Wasserstoff wird mithilfe von Erdgas gewonnen, wobei das entstehende CO₂ abgeschieden und gespeichert wird.

Es sei in den vergangenen drei bis vier Jahren klar geworden, dass der unmittelbare Sprung zu grünem Wasserstoff, dessen Preis davon abhänge, wie hoch der Strompreis sei, kurzfristig und mittelfristig nicht wettbewerbsfähig sei, erklärte die Ministerin auf Nachfrage der Epoch Times.

Blauen Wasserstoff zum Einsatz zu bringen in einem überschaubar komplizierten Rechtsrahmen könne Stahlherstellern, aber auch der Chemieindustrie ermöglichen, ihn in ihre Produktionsprozesse einzuführen. „Wir sind da aber noch nicht.“

„Wir können noch nicht absehen, wann wir einen globalen Markt für Wasserstoffe haben werden, der ähnlich funktioniert wie beim Gas oder Ammoniak“, so Reiche.



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