Wie ein Regierungs-Shutdown in den USA Deutschland treffen könnte

In Kürze:
- In den USA führt ein Haushaltsstreit zwischen Republikanern und Demokraten zu einem Teilstillstand der Bundesverwaltung.
- Die wirtschaftlichen Folgen reichen über die Landesgrenzen hinaus – Märkte reagieren nervös, und auch deutsche Exporteure spüren die Unsicherheit.
- Ökonomen warnen, dass ein längerer Shutdown das Vertrauen in die US-Wirtschaft schwächen und die exportabhängige deutsche Konjunktur zusätzlich belasten könnte.
Eine Haushaltssperre in den USA bleibt nicht ohne Folgen für Deutschland. Der sogenannte Shutdown ist längst keine innenpolitische Angelegenheit der USA mehr. Er trifft Märkte, Unternehmen und politische Partner weltweit. Auch in Deutschland fragen sich Ökonomen und Unternehmer: Wie stark sind wir von einer eingeschränkt handlungsfähigen US-Bundesverwaltung betroffen?
Wie kam es zu dieser Pattsituation?
Am 19. September scheiterte im Senat ein Übergangsgesetz, da die Demokraten es wegen unzureichender Mittel für das Gesundheitssystem ablehnten. Sie legten einen Gegenentwurf vor, der die Verlängerung der Subventionen für das sogenannte Obamacare-Programm sowie die Aufhebung von Beschränkungen für Medicaid, ein Gesundheitsfürsorgeprogramm für sozial Schwache, vorsah, konnten sich damit jedoch nicht durchsetzen.
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Die Republikaner wiesen die Vorschläge der Demokraten zurück und forderten eine „saubere“ Übergangsfinanzierung ohne zusätzliche politische Forderungen. Während sich der republikanische Mehrheitsführer im Senat, John Thune, und der demokratische Minderheitsführer Chuck Schumer gegenseitig die Verantwortung für das Scheitern zuschieben, sagte US-Präsident Donald Trump geplante Treffen mit führenden Demokraten ab und warf ihnen vor, unrealistische Forderungen zu stellen. Zudem veröffentlichte das Weiße Haus in Onlinediensten ein Spottvideo über die Demokraten, das mit Künstlicher Intelligenz bearbeitet wurde.
Bis Dienstagnacht hätte es zu einer Einigung beider politischer Lager kommen müssen. Diese blieb aus. Ein Teil der Bundesverwaltung steht nun seit Mittwoch, 1. Oktober, still. Hunderttausende Beamte werden in den unbezahlten Urlaub geschickt, staatliche Programme pausieren und zahlreiche Behörden und Ämter können keine Daten oder Genehmigungen mehr veröffentlichen.
Es bleibt ungewiss, wie lange die USA im Shutdown-Modus verharren werden – eine Einigung im Kongress ist zwingend erforderlich. Der Senat plant für Mittwoch erneut Abstimmungen. Das Repräsentantenhaus, die zweite Kammer des Parlaments, war ursprünglich in dieser Woche nicht mehr für Sitzungen vorgesehen. Angesichts der aktuellen Situation könnte es jedoch zu einer außerplanmäßigen Sitzung kommen. Bevor ein Gesetzesentwurf Trump zur Unterzeichnung vorgelegt werden kann, muss er von beiden Kammern verabschiedet werden.
Stillstand mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen
Der Chefökonom der Ratingagentur Moody’s, Mark Zandi, warnt gegenüber „Business Insider“ vor ernsthaften wirtschaftlichen Folgen, falls die Haushaltssperre nicht schnell beendet wird. Die US-Wirtschaft stehe laut ihm ohnehin „am Rande einer Rezession“, und ein Shutdown könnte die Veröffentlichung wichtiger Wirtschaftsdaten wie den Arbeitsmarktbericht und den Verbraucherpreisindex verzögern.
Diese Verzögerungen würden nicht nur Anleger verunsichern, sondern auch die geldpolitischen Entscheidungen der US-Notenbank erschweren. Ein längerer Shutdown könnte laut Zandi die Finanzmärkte stark belasten, das Vertrauen in die US-Regierungsführung schwächen und den Status der USA als sicheren Hafen, beispielsweise für Staatsanleihen, gefährden.
Ein kurzer Stillstand von ein bis zwei Wochen sei, laut Zandi, verkraftbar. Längere Ausfälle hingegen könnten das BIP deutlich schmälern. Diese Befürchtungen können belegt werden.
Der letzte längere Shutdown in den USA fand vom 22. Dezember 2018 bis 25. Januar 2019, also in Trumps erster Amtszeit, statt. Der fünfwöchige Stillstand hatte erhebliche wirtschaftliche Folgen für das Land, wie eine Analyse des überparteilichen Congressional Budget Office (CBO) aufzeigte. Demnach reduzierte der Shutdown das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des vierten Quartals 2018 um 3 Milliarden US-Dollar und des ersten Quartals 2019 um geschätzte 8 Milliarden US-Dollar.
CBO erwartete, dass nach dem Ende der Haushaltssperre am 25. Januar die meisten Verluste wieder aufgeholt werden könnten. Verluste in Höhe von 3 Milliarden US-Dollar würden jedoch dauerhaft verloren gehen.
Deutschlands Export stark von USA abhängig
Was hat das alles nun aber mit Deutschland zu tun? Die Vereinigten Staaten sind, nach Angaben des Statistischen Bundesamtes, „Deutschlands wichtigster Handelspartner“. So wurden im vergangenen Jahr nach offiziellen Angaben Güter im Wert von 161,4 Milliarden von Deutschland in die USA exportiert. Vor allem Autos, Maschinen und Chemieprodukte fanden den Weg in die Vereinigten Staaten.
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Gerät die US-Wirtschaft ins Stocken, trifft das direkt deutsche Unternehmen. Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung, machte das schon vor einigen Jahren in einer Stellungnahme vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages in einer Stellungnahme deutlich.
Der Ökonom betont, dass Deutschlands Exportmodell stark von zentralen Handelspartnern wie den USA abhängig ist. Diese enge wirtschaftliche Verflechtung habe maßgeblich zum Wohlstand beigetragen, mache die deutsche Wirtschaft aber zugleich anfällig für politische und wirtschaftliche Entwicklungen jenseits des Atlantiks. Felbermayr macht deutlich:
„Kaum eine andere große Volkswirtschaft ist so stark international verwoben wie Deutschland.“
Gerade die USA zählen zu den wichtigsten Absatz- und Investitionsmärkten, wodurch Entscheidungen in Washington – etwa zu Handelspolitik, Sanktionen oder Zöllen – direkte Folgen für deutsche Exporteure haben. Wenn auch nicht in der Stellungnahme erwähnt, haben auch lang anhaltende Shutdowns Auswirkungen.
Eine Analyse der Deutschen Industriebank (IKB) vom Juli 2025 zeigt auf, dass die deutsche Exportwirtschaft zunehmend unter den Folgen der US-Handelspolitik und wachsender globaler Unsicherheit leide. Zwar treffen die Zölle die Exporte direkt, schwerer wiegen jedoch die indirekten Folgen: eine schwächere Weltkonjunktur, zunehmende Wettbewerbsspannungen und die geringere Reaktionsfähigkeit des deutschen Standorts auf globale Impulse. Laut IKB profitiert Deutschland heute deutlich weniger vom weltweiten Wachstum als früher. Politische Störungen, ein US-Shutdown ist mit Sicherheit so eine, verstärken diese Belastung zusätzlich, da sie Nachfrage und Planungssicherheit beeinträchtigen.
Finanzmärkte reagierten verunsichert
An den Finanzmärkten reagierten Anleger mit spürbarer Nervosität. Die US-Börsen-Futures auf den S&P 500 und den Nasdaq fielen zum Auftakt des Shutdowns um rund 0,5 Prozent, berichtete die Nachrichtenagentur „Reuters“. Der US-Dollar rutschte auf ein Einwochentief, während Investoren in sichere Währungen wie den Yen oder den Schweizer Franken ausweichen.
Besonders deutlich zeigte sich die Verunsicherung beim Goldpreis, der laut „Reuters“ auf ein Rekordhoch stieg – ein klassisches Zeichen für die Flucht in sichere Häfen. Für zusätzliche Unruhe sorgte die Ankündigung, dass bei einem lang anhaltenden Shutdown zentrale Konjunkturdaten wie der US-Arbeitsmarktbericht vorerst nicht veröffentlicht werden. Das würde die Vorbereitung der Zentralbank auf die nächste Zinsentscheidung am 29. Oktober erheblich erschweren.
Allerdings wird ein Shutdown an den Börsen bisher nicht als „große Bedrohung“ wahrgenommen, schreibt die „Börse Frankfurt“ noch am Montag. Das Portal beruft sich hierbei auf die Strategen der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). „Hier dominiert ganz klar die Zuversicht, dass Republikaner und Demokraten eine Last-Minute-Einigung oder zumindest eine Übergangslösung finden“, zitiert das Portal.
Ein US-Shutdown, verbunden mit den zu erwartenden Kursschwankungen des Dollars, verstärkt allerdings die Unsicherheiten für deutsche Unternehmen mit Fremdwährungsverbindlichkeiten in US-Dollar. Wenn der Wechselkurs stark schwankt, können Unternehmen ihre Einnahmen und Ausgaben in fremder Währung nicht mehr verlässlich berechnen. Preise für Importe oder Exporte verändern sich dann ständig, weil der Kurs zwischen Euro und Dollar variiert. Dadurch wird es schwierig, Kosten und Erlöse im Voraus genau zu planen. Kalkulationen verlieren damit ihre Aussagekraft.
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Wenn die Finanzmärkte unsicher werden, verlangen Banken und Investoren oft höhere Zinsen, um das gestiegene Risiko auszugleichen. Für Unternehmen bedeutet das: Kredite werden teurer, und auch die Absicherung gegen Währungsschwankungen oder andere Risiken kostet mehr. Dadurch steigen insgesamt die Finanzierungskosten. Besonders exportstarke deutsche Mittelständler sind davon betroffen, weil sie enge Margen haben und dadurch anfälliger für solche Belastungen sind. Der Shutdown verschärfte die bereits angespannte Situation durch eine gedämpfte US-Nachfrage und Marktunsicherheit zusätzlich, was die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Exporte beeinträchtigte.
Das ifo-Institut berichtet in seiner Konjunkturprognose Herbst 2025, dass die deutsche Wirtschaft weiterhin unter anhaltend schwacher Nachfrage leidet. Insbesondere wird die Exportwirtschaft durch US-Importzölle belastet, was sich negativ auf die Nachfrage aus den USA auswirkt.
Die Folgen sind nicht nur makroökonomisch. Viele deutsche Firmen betreiben Tochtergesellschaften oder Werke in den USA. Ein Shutdown legt Genehmigungsverfahren lahm, stoppt Ausschreibungen und bremst Projekte. Auch Importe und Exporte können sich verzögern, wenn Zollstellen nur eingeschränkt arbeiten.
Shutdown kann Chance für Deutschland sein
Neben den wirtschaftlichen Effekten sendet der Shutdown ein politisches Signal: Die Unfähigkeit der weltweit größten Volkswirtschaft, sich auf einen Haushalt zu einigen, lässt Zweifel an der Steuerungsfähigkeit westlicher Demokratien wachsen, analysiert der Politikwissenschaftler Josef Braml in einem Beitrag auf „Focus online“. Gleichzeitig sieht er darin eine Chance für Europa:
„In einem drohenden Shutdown schlummert eine große Chance für Europa“, so Braml. Für Deutschland bedeutet das: Einerseits drohen kurzfristige Risiken – etwa durch steigende Renditen amerikanischer Staatsanleihen und unsichere Zinsentscheidungen der US-Notenbank. Andererseits eröffnet der US-Stillstand die Möglichkeit, wirtschaftspolitische Eigenständigkeit auszubauen.
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