Schneidende Beweise aus Usbekistan: Ackerbau ist älter als gedacht

Man erntet, was man sät – oder zufällig findet. Archäologen ist es gelungen, Hinweise für den Vorläufer der Landwirtschaft in einer Höhle in Usbekistan zu finden. Eine tragende Rolle spielten dabei keine Bauern, sondern Jäger und Sammler.
Titelbild
Mit Geweih, Schnurz, Harz und Klingen aus Feuerstein konnten die Menschen bereits früher einfache Sicheln herstellen.Foto: batuhan toker/iStock
Von 28. August 2025

In Kürze:

  • Vor 9.200 Jahren betrieben Menschen im Süden Usbekistans Ackerbau und ernteten wilde Gerste mit Sichel.
  • Diese Entdeckung stellt bisherige Theorien zum Ursprung des Ackerbaus infrage.
  • Jäger und Sammler kamen anscheinend früher und durch Zufall mit dem Ackerbau in Kontakt.
  • Künftige Forschungen sollen weitere Erkenntnisse zur Verbreitung der Landwirtschaft in Zentralasien einbringen.

 

Der Beginn der Landwirtschaft in der Jungsteinzeit – auch Neolithikum genannt – war eine wichtige Entwicklung für den (modernen) Menschen. Bislang vermutet die Mehrheit der Forscher, dass sich der Ackerbau weltweit mehrfach unabhängig voneinander entwickelt hat, unter anderem in Afrika, Amerika und Ostasien.

Allerdings lassen sich die Ursprünge vieler wichtiger Nutzpflanzen wie Weizen, Gerste und Hülsenfrüchte auf den Fruchtbaren Halbmond und die Ernte von Wildgetreide durch ein Volk namens Natufianer vor etwa 10.000 Jahren zurückverfolgen.

Ackerbau hat seine Wurzeln in Vorderasien

Ungefähre, vermutete Lage des Fruchtbaren Halbmondes um 7500 v. Chr. Foto: NormanEinstein, Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0

Eine neue Studie von Max-Planck-Forschern aus Jena und ihren internationalen Kollegen zeigt jedoch, dass bereits vor mindestens 9.200 Jahren Menschen auf der nördlichen und östlichen Höhe von Südusbekistan wilde Gerste mit Sicheln ernteten.

Demnach war der Ackerbau anscheinend bereits viel weiter verbreitet als bislang angenommen. Gleichzeitig wird damit die These infrage gestellt, dass der Ackerbau als Reaktion einer Gruppe auf Bevölkerungsdruck oder starke Klimaveränderungen begann.

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Werkzeuge, Holzkohle und Pflanzenreste

Geleitet wurde die aktuelle Forschung von Xinying Zhou vom Institut für Wirbeltierpaläontologie und Paläoanthropologie in Peking. Während seiner Ausgrabungen in der Toda-Höhle im Tal von Surkhandarya im Süden Usbekistans entdeckten er und sein Team Steinwerkzeuge, Holzkohle und Pflanzenreste aus den ältesten Schichten der Höhle.

Anschließende Untersuchungen der Pflanzenreste, auch Archäobotanik genannt, führte Robert Spengler vom Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena durch. Seine Ergebnisse zeigen, dass die Bewohner der Toda-Höhle wilde Gerste aus den umliegenden Tälern sammelten. Weitere Pflanzenreste waren die Schalen wilder Pistazien und Apfelkerne.

Die Gebrauchsspuren an den Steinwerkzeugen – Klingen und Splitter, die größtenteils aus Kalkstein bestehen – deuten darauf hin, dass sie zum Schneiden von Gras oder Pflanzenmaterial genutzt wurden. Ähnliche Funde sind aus Gebieten bekannt, in denen Menschen nachweislich Ackerbau betrieben.

Bei Ausgrabungen in der Toda-Höhle haben Forscher die Spuren von 9.200 Jahre alten Ackerbau entdeckt

Die Ausgrabungen in der Toda-Höhle im Jahr 2019. Foto: Robert Spengler/MPI

Ackerbau zunächst ohne Absicht

„Diese Entdeckung dürfte die Sichtweise […] auf den Übergang vom Sammeln zum Ackerbau verändern, da sie zeigt, wie weitverbreitet diese sich verändernden Verhaltensweisen waren“, sagte Zhou.

„Die frühen Jäger und Sammler waren bereits mit den kulturellen Praktiken verbunden, die zu den Ursprüngen der Landwirtschaft führten“, ergänzt Spengler. „Immer mehr Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Domestizierung ohne bewusste Absicht des Menschen erfolgte. Die Entdeckung, dass die Menschen kontinuierlich Verhaltensweisen entwickelten, die zur Landwirtschaft führten, stützt diese Ansicht.“

Blick auf das Surkhandarya-Tal im Süden Usbekistans, in dem sich die Toda-Höhle befindet. Foto: Robert Spengler/MPI

Das Forschungsteam wird weiter untersuchen, wie verbreitet diese Verhaltensweisen in Zentralasien während dieser Zeitspanne waren. Weiterhin untersucht das Team die Möglichkeit, dass diese Getreidekörner ein frühes Beispiel der Kultivierung wilder Gerste darstellen.

Wenn die Körner angebaut wurden, könnte dies bedeuten, dass mit einer separaten Herkunft der Landwirtschaft experimentiert wurde oder sich die Tradition aus dem Fruchtbaren Halbmond viel früher als bisher angenommen nach Osten ausdehnte. In beiden Fällen könnten künftige Ergebnisse viele Wissenslücken über unsere Vergangenheit schließen.

Die Studie erschien am 25. August 2025 im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“.

Mit Material der Max-Planck-Gesellschaft.



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