Raumsonde beobachtet Polsprung im Magnetfeld der Sonne

Erster Blick einer Raumsonde auf den Südpol der Sonne zeigt, wie sich das Sonnenmagnetfeld umpolt, während sie sich im Aktivitätsmaximum befindet.
Titelbild
Die Sonnenaktivität folgt einem etwa elfjährigen Zyklus, in dem sich das Magnetfeld der Sonne umpolt und starke Eruptionen auftreten.Foto: ESA & NASA/Solar Orbiter/EUI Team, E. Kraaikamp (ROB) | CC BY-SA 3.0 IGO
Von 16. Juni 2025

In Kürze:

Die Raumsonde Solar Orbiter beobachtete im März 2025 erstmals die Pole der Sonne, und zwar während ihres Aktivitätsmaximums.

Die Sonnenaktivität folgt einem etwa elfjährigen Zyklus, in dem sich das Magnetfeld der Sonne umpolt und intensivere Strahlungs- und Teilchenausbrüche auftreten.

Für Forscher sind die Pole von besonderem Interesse, da sie entscheidende Hinweise auf den Aktivitätszyklus unseres Sterns liefern könnten.


 

Nahezu alle Raumsonden, welche die Sonne aus dem Weltall erforschen, blicken aus der Ekliptik auf unseren Stern. Die Ekliptik ist jene Ebene, in der die Planeten um die Sonne kreisen. Sie ist leicht gegen den Sonnenäquator geneigt. Der Winkel von etwa 7 Grad reicht jedoch nicht aus, um einen klaren Blick auf die Pole unseres Sterns zu ermöglichen.

Sonnenteleskope auf der Erde haben naturgemäß alle dieselbe eingeschränkte Perspektive. Allein die Raumsonde Ulysses der ESA und NASA überflog in den Jahren zwischen 1990 und 2009 mehrfach die Sonnenpole.

Im Gegensatz zur alten ist die neue Raumsonde „Solar Orbiter“ mit bildgebenden Instrumenten ausgestattet und konnte deutlich näher an die Sonne gelangen. Besonderes Augenmerk lag dabei auf den Polen, da die Vorgänge dort eine entscheidende Rolle im Aktivitätszyklus unseres Sterns spielen könnten.

Die „innere Uhr“ der Sonne

Die Sonne unterliegt einem stetigen Wandel. Ungefähr alle elf Jahre durchläuft sie ein Aktivitätsmaximum und zeigt dann – wie in den vergangenen Monaten – ein besonders hohes Maß an Aktivität.

In dieser Zeit kommt es häufig zu heftigen Strahlungs- und Teilchenausbrüchen, die 2024 und 2025 sogar Mittel- und Südeuropa eindrucksvolle Polarlichter bescherten. Zudem zeigen sich auf der sichtbaren Oberfläche der Sonne in dieser Zeit viele dunkle Sonnenflecken, also Gebiete mit besonders hoher Magnetfeldstärke.

Keplers Skizzen von Sonnenflecken lösen ein 400 Jahre altes Rätsel

Sonnenflecken sind Bereiche auf der Oberfläche unseres Sterns, die aufgrund ihrer Temperatur und ihrer intensiven magnetischen Aktivität dunkler erscheinen. Foto: Richard Par/iStock

Zwischen den Aktivitätsmaxima kommt die Sonne zur Ruhe: Eruptionen treten kaum auf und Sonnenflecken bleiben oft über mehrere Monate aus. Die Grundlage des Sonnenzyklus, die innere Uhr unseres Sterns, ist bislang nicht vollständig verstanden. Forscher vermuten, dass das entscheidende Puzzlestück zu einem tieferen Verständnis an den Polen zu finden ist. Dieses fehlende Teil zu identifizieren, ist eines der wichtigsten Ziele von Solar Orbiter.

[etd-related posts=“4903724″]

Zu diesem Zweck nutzte der Sonnenspäher den Schwung vom Vorbeiflug an der Venus am 18. Februar 2025, um die Ekliptik zu verlassen. Etwa einen Monat später, am 22. März, blickte die Sonde erstmals aus einem Winkel von 17 Grad auf die Sonne.

„Wir wussten nicht genau, was wir von diesen ersten Beobachtungen erwarten sollten. Die Pole der Sonne sind buchstäblich terra incognita“, sagte Sami Solanki, Direktor am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen.

Blick auf Oberfläche, Magnetfeld und Korona

Die Aufnahmen entstanden am 16. und 17. März 2025, wenige Tage vor Erreichen der höchsten Auslenkung aus der Ekliptik, aus einem Winkel von 15 Grad. Dabei lieferten gleich drei unterschiedliche Instrumente einzigartige Aufnahmen.

[etd-related posts=“4948920,4598245″]

Während ein Instrument das sichtbare Licht der Sonne einfängt und so die Oberfläche der Sonne und ihr Magnetfeld abbildet, analysieren die beiden anderen die höherliegenden Schichten der Sonne bis zu ihrer heißen Korona. All diese Aufnahmen können helfen, zu verstehen, wie es der Sonne gelingt, die Teilchen des Sonnenwindes ins All zu schleudern.

Verschiedene Sichten des Solar Orbiter auf die Sonne

Diese Collage zeigt den Blick von Solar Orbiter auf den Südpol der Sonne am 16. und 17. März 2025. Foto: ESA & NASA/Solar Orbiter/PHI, EUI and SPICE Teams | CC BY-SA 3.0 IGO

Ebenfalls deutlich erkennbar war das Magnetfeld am Südpol – und sein Ausnahmezustand. Grundsätzlich ist das Magnetfeld der Sonne deutlich komplexer aufgebaut als das der Erde. Viele kleine, veränderliche und hochkomplexe magnetische Strukturen, die im Zusammenhang mit Sonnenflecken oder an den Polen auftreten, erzeugen das großräumige, globale Magnetfeld der Sonne.

Während eines großen Teils des Sonnenzyklus, in dem die Sonne nicht besonders aktiv ist, ähnelt es dem eines Stabmagneten, wobei die Pole der Sonne in etwa den magnetischen Polen entsprechen. Das globale Magnetfeld polt sich während des Aktivitätsmaximums der Sonne, also etwa alle elf Jahre, um.

In dieser Übergangszeit zwischen den geordneten Zuständen eines magnetischen Dipols wickelt sich das Sonnenmagnetfeld durch die Rotation der Sonne auf, als hätte man ein Goldfischglas umgerührt. Dabei entsteht ein chaotisches Magnetfeld, bei dem sich Feldlinien teils überkreuzen. Die Folge sind magnetische Kurzschlüsse und Strahlungsausbrüche. Die kleineren magnetischen Strukturen an den Polen spielen in dieser Übergangszeit eine wichtige Rolle.

[etd-related posts=“3657347,5062451″]

Magnetfeld der Sonne im Umsturz

Forscher erwarten also, dass sich das Magnetfeld an den Polen im Verlauf des Sonnenzyklus stark verändert. Während im Aktivitätsminimum vornehmlich eine magnetische Polarität vorherrscht, sollte das Magnetfeld im Maximum deutlich komplexer sein. Dies bestätigen die aktuellen Messungen. Am Südpol zeigen die aktuellen Aufnahmen ein unübersichtliches Nebeneinander kleiner Gebiete unterschiedlicher Polarität.

„Solar Orbiter hat seine neue Beobachtungsposition genau zur richtigen Zeit eingenommen“, sagte Johann Hirzberger vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung.

Magnetfeldkarte vom Südpol der Sonne

Diese Magnetfeldkarte aus Daten des Solar Orbiter zeigt den wirren Magnetismus am Südpol der Sonne. Foto: ESA & NASA/Solar Orbiter/PHI Team, J. Hirzberger (MPS) | CC BY-SA 3.0 IGO

Das Team ist nun gespannt darauf, in den nächsten Monaten und Jahren zu verfolgen, wie sich das polare Magnetfeld umstrukturiert. Aktuelle Prognosen deuten darauf hin, dass die Aktivität der Sonne bis dahin auf insgesamt hohem Niveau leicht abnimmt.

Bis Ende 2026 wird Solar Orbiter den Nord- und Südpol der Sonne noch dreimal aus einem Winkel von 17 Grad betrachten können. Ein weiterer Venus-Vorbeiflug am 24. Dezember 2026 wird die Bahn der Sonde weiter neigen, sodass ein Winkel von 23 Grad erreicht wird. Bis zum Ende der Mission wird er sich auf 33 Grad erhöhen, was die Sicht auf die Pole immer weiter verbessert.

(Mit Material der Max-Planck-Gesellschaft)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion