Fast 200 Jahre E-Autos: Elektrizität bringt Automobilgeschichte in Fahrt (Teil 1)

E-Autos sind eine Errungenschaft der jüngeren Automobilgeschichte? Weit gefehlt. Ihre Entwicklung reicht tatsächlich bis weit in das 19. Jahrhundert zurück.
Obwohl Elektroautos damit sogar älter sind als der Otto- und Dieselmotor, haben sie sich bis heute nicht durchsetzen können. Epoch Times blickt auf Meilensteine ihrer Entwicklung sowie auf Steine, die der Elektromobilität im Wege lagen, wo sie teils bis heute liegen.
Im Folgenden begleiten wir die Pioniere und Erfinder, die den Weg zum „goldenen Zeitalter der E-Autos“ geebnet haben – und erfahren, warum dieses vor über 100 Jahren bereits wieder endete. Im zweiten Teil lesen Sie von einem holprigen Neustart Mitte des neuen Jahrhunderts, altbekannten Problemen, nicht ganz so neuen Lösungsansätzen und wohin die Reise der Elektromobilität führen könnte.
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Aller Anfang ist experimentell
Im Jahr 1821 erkannte Michael Faraday, wie Elektromagneten zur Erzeugung einer kontinuierlichen Rotation eingesetzt werden konnten und schuf damit die Grundlage elektrischer Antriebe.
Bereits etwas über zehn Jahre später konstruierte der schottische Erfinder und Autopionier Robert Anderson das erste Elektrofahrzeug. Laut Quellen hat er im Zeitraum von 1832 bis 1839 in eine Kutsche galvanische Zellen eingebaut, die nicht wiederaufladbar waren. Diese Gleichstromquelle trieb einen einfach aufgebauten Elektromotor an.
Sein Entwurf erhielt den Namen „Electric Carriage“, sprich elektrische Kutsche. Die zweisitzige Konstruktion wirkte experimentell und hatte noch keinen Alltagsnutzen. Vielmehr diente sie zur Demonstration und als Grundlage späterer Erfindungen. Dennoch brachte sie die nunmehr fast 200-jährige Geschichte der Elektromobilität ins Rollen – wenn auch langsam und nur über kurze Strecken: Andersons Elektrokutsche erreichte etwa 4 km/h und nach etwa 6,5 Kilometern waren die Batterien leer.
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Das erste E-Bike der Welt
Für einen weiteren erwähnenswerten Schritt in der Geschichte der E-Autos dauerte es bis zum Jahr 1881. Zu dieser Zeit hatte der Franzose Gustave Trouvé ein E-Mobil auf die Straße gebracht. Sein Trouvé Tricycle – ein umgebautes Dreirad der britischen Marke Coventry – hatte wiederaufladbare Bleiakkus und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 12 km/h, obwohl der E-Motor nur 0,1 PS leistete.
Mit einer vollen Akkuladung konnte das Tricycle 14 bis 16 Kilometer zurücklegen. Wenn der Fahrer eine längere Strecke zurückzulegen hatte, konnte dieser auch mit einem Pedalantrieb weiterfahren.

Das elektrisch betriebene Tricycle von Gustave Trouvé. Foto: G. Dupré in Alexis Clerc: „Physique et Chimie populaires“, Band 2, 1881-1883, gemeinfrei
E-Auto mit Oberleitung
Um 1882 entwickelte Werner von Siemens einen E-Wagen, der wie eine kleine Straßenbahn aussieht. Schienen benötigte er keine, dafür aber eine Oberleitung. Das elektrisch betriebene „Elektromote“ erreichte mit zwei 2,2 Kilowatt (kW) starken Motoren 12 km/h, fuhr bis zu acht Personen über den Berliner Kurfürstendamm – damals ein Feldweg – und gilt als Urahn des Oberleitungsbusses.
Auf der Pariser Weltausstellung 1900 weckte das Konzept bei vielen Menschen großes Interesse, was es zum Exportschlager machte. Der Ingenieur Max Schliemann erwarb im selben Jahr die behördliche Genehmigung für den Bau und Betrieb einer gleislosen elektrischen Bahn im Elbsandsteingebirge. Die Strecke hatte eine Gesamtlänge von 9,4 Kilometer. Diese Bahn nutzte einen Stromabnehmer, der von unten an die Oberleitung drückt. Der O-Bus war geboren – und eroberte Europa.
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O-Busse fuhren bis in den 1970er-Jahren in der Hauptstadt. Heute gibt es sie kaum mehr. Hierzulande sind sie nur noch in den Städten Eberswalde, Esslingen am Neckar und in Solingen zu erleben.

Die Elektromote von Werner von Siemens 1882 in Berlin-Halensee. Foto: gemeinfrei
Deutschlands erstes E-Auto
Noch vor der Jahrhundertwende – 1888 – setzte Andreas Flocken einen weiteren Meilenstein der deutschen Automobilgeschichte. Der Coburger Unternehmer Andreas Flocken präsentierte das erste deutsche E-Auto.
Der Flocken-Elektrowagen mit vier Eisenreifen hatte einen Elektromotor mit rund 0,9 kW, also gut 1,2 PS. Damit erreichte der offene Zweisitzer eine Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h. Der Motor übertrug seine Kraft über Lederriemen auf die Hinterachse. Die Reichweite betrug rund 25 Kilometer.

Andreas Flocken (1845 bis 1913) mit seinem (ersten) Elektrowagen im Coburger Hofgarten. Foto: gemeinfrei
Blüte und erste Rekorde
Binnen weniger Jahre erlebte die Elektromobilität einen ersten bemerkenswerten Durchbruch. So fuhren im Jahr 1897 Taxis mit einem Elektroantrieb durch die Straßen von London und New York. Etwas später waren sie auch in Berlin und Wien im Einsatz.
Um 1900 fuhren 1.000 elektrische Taxis durch Paris. Langen Ladezeiten der Batterien begegnete man mit einem Wechsel der unter dem Fahrzeugboden angebrachten Batterien. Eine einzelne Ladestation in der Rue Cardinet, westlich der Sacré-Cœur, konnte dabei fast 200 Taxen gleichzeitig bedienen. Geladen wurden die Batterien im ausgebauten Zustand; die Energie lieferte eine kohlebefeuerte Dampfmaschine.

Überdachte Ladestation in Paris, um 1898. Foto: Gravure van Poyet, gemeinfrei
Neben den Entwicklungen im Straßenverkehr entstand in diesen Jahren auch der Automobilrennsport. Das erste Rennen führte 1894 die 21 angetretenen Fahrer von Paris über 126 Kilometer öffentlicher Landstraße nach Rouen. Aufgrund fehlender Lademöglichkeiten im Umland und langer Ladezeiten hatten Verbrenner die Nase vorn. Durchschnittsgeschwindigkeit der Sieger: knapp über 20 km/h.
Fünf Jahre später, am 29. April 1899, durchbrach der belgische Ingenieur und Rennfahrer Camille Jenatzy mit seinem E-Auto „La Jamais Contente“ als erster von allen die 100-km/h-Marke – ein neuer Weltrekord. Der Bolide hatte zwei 25-kW-Elektromotoren und mehr als 80 Akkus.

Der elektrisch betriebene „La Jamais Contente“ durchbrach 1899 als erstes Auto überhaupt die 100-km/h-Marke. Foto: gemeinfrei
Kommerzieller Erfolg im neuen Jahrhundert
Mit der Jahrhundertwende hat das E-Auto andere Antriebsarten überholt. Eine neue Ära leitete der erstmals im Jahr 1900 auf der Automobil-Show in New York gezeigte Baker Electric ein. Der Zweisitzer war eines der ersten kommerziell erfolgreichen Elektroautos für den Privatgebrauch.
Sein E-Motor hatte eine Leistung von 0,75 PS oder 0,55 kW. Die Reichweite des Baker lag je bei rund 32 Kilometern. Spätere Modelle schafften 100 Kilometer. Dabei erreichten sie Höchstgeschwindigkeiten von 18 bis 22 km/h.
Bis heute sind mehrere Exemplare im Originalzustand erhalten – fahrtüchtig und straßenzugelassen. Jay Leno, US-amerikanischer Auto-Enthusiast, bezeichnete seinen Baker Electric, Baujahr 1909, als „das einzige 100-Prozent wartungsfreie Auto“ seiner Sammlung.

Einer der frühen Baker Electric im Toyota Automobil Museum in Yokomichi, Japan. Spätere Modelle erhielten eine Fahrerkabine, was ihnen die Bezeichnung „rollende Telefonzelle“ einbrachte. Foto: 先従隗始, gemeinfrei
Hybridantrieb und Allrad im Lohner Porsche
Ebenfalls im Jahr 1900 konstruierte Ferdinand Porsche den Lohner Porsche. Das elektrisch betriebene Fahrzeug hatte zunächst zwei Radnabenmotoren mit je 2,5 PS, womit es eine Geschwindigkeit von über 30 km/h erreichte.
Schon damals war dafür ein dementsprechend schwerer Stromspeicher vonnöten. Der Bleiakku wog über 400 Kilogramm und beschränkte die Reichweite auf 50 Kilometer. Im Zuge einer Weiterentwicklung im selben Jahr verlieh Porsche einer Sonderanfertigung vier Radnabenmotoren mit je 14 PS. Damit stieg die Geschwindigkeit auf bis zu 60 km/h – und das Gewicht der Fahrzeugbatterie auf 1.800 Kilogramm.
Weit weniger rasant gestaltete sich das Laden, das mitunter mehrere Tage dauerte und die Einsatzfähigkeit massiv beschränkte. Um dieses Manko zu reduzieren, baute Porsche hinter der vorderen Sitzbank zwei Einzylinder-Benzinmotoren mit einer Leistung von jeweils 2,5 kW ein. Das Fahrzeug mit einer kombinierten Leistung von 12 PS erhielt den Namen „Semper Vivus“ („immer lebendig“). Die Verbrennungsmotoren wirkten auf einen Generator, der die Bleiakkus während der Fahrt auflud. Dadurch erhöhte sich die Reichweite auf rund 200 Kilometer bei nach wie vor maximal 35 km/h.
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Das System Lohner Porsche vereint damit gleich mehrere Meilensteine der Automobilgeschichte in sich: Radnabenmotor, Allradantrieb (in der Sonderanfertigung), Allradbremse und Hybridantrieb. Der große Erfolg blieb dennoch aus. Das zum „Mixte“ weiterentwickelte Serienfahrzeug kostete etwa doppelt so viel wie konventionelle Autos jener Zeit. Der Preis des Allradeinzelstücks ist nicht überliefert.

Eine Nachbildung des ersten Hybridfahrzeugs „Semper Vivus“ („immer lebendig“) von Ferdinand Porsche aus dem Jahr 1900. Foto: Autoviva, CC BY 2.0
Die Reichweite steigt
Jenseits des großen Teiches wurde Oliver Parker Fritchle zum Vorreiter in Sachen Elektroautos. Nach Beginn des 20. Jahrhunderts experimentierte der Chemiker zunächst mit Batterien und gründete 1903 die Fritchle Electric Storage Battery Company in den USA. Ab 1905 stellte er dann auch E-Autos her, die für ihre Reichweite bekannt waren.
Fritchle persönlich fuhr im November 1908 mit einem serienmäßigen Victoria Phaeton von Lincoln, Nebraska, nach New York City. Für die fast 3.000 Kilometer lange Strecke benötigte er 29 Tage – einschließlich acht Tagen für Besuche und Sightseeing entlang der Strecke. Seine durchschnittliche Tagesetappe betrug 145 Kilometer. Problematischer entpuppte sich das nächtliche Laden.
Nach seiner Ankunft an der Ostküste soll er gesagt haben, dass das Reisen mit einem Elektroauto nur für einen „erfahrenen Elektriker“ möglich ist, da das sichere Aufladen an den verschiedenen Stromquellen und Anschlüssen, die es damals gab, kompliziert war. Es sei ihm zudem nicht darum gegangen, E-Autos als praktisch für Überlandfahrten darzustellen, sondern zu zeigen, dass seine Elektrofahrzeuge genauso robust waren wie die besten benzinbetriebenen Automobile jener Zeit.
Die Reichweite von rund 100 Meilen oder 160 Kilometern pro Ladung war indes nicht nur für die damalige Zeit bemerkenswert. Zum Vergleich: Ein Renault Zoe der frühen 2000er hatte nach Herstellerangaben eine praktische Reichweite von 100 bis 150 Kilometern. Eine Weltneuheit stellt die als solche beworbene „längste Reichweite in seiner Kategorie“ damit jedoch nicht dar.

Einmal verfehlte Fritchle sein Tagesziel wegen fehlerhafter Karten und musste abgeschleppt werden. Ein anderes Mal (Bild) kam er unterwegs einem liegengebliebenen Benziner zu Hilfe und zog ihn über 15 Kilometer zur nächsten Werkstatt. Foto: gemeinfrei
Letztlich erfolglos
Auch der damalige Hersteller Detroit Electric entwarf ab dem Jahr 1907 verschiedene batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge. Eines davon ist das Modell 68/17 B. Mit seinem 39-kW-Elektroantrieb erreichte es eine Höchstgeschwindigkeit von 55 km/h. Ein anderes Modell soll in einem Test rund 340 Kilometer am Stück zurückgelegt haben, üblicher waren rund 130 Kilometer Reichweite.
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Von 1907 bis 1926 produzierte das Unternehmen rund 12.300 E-Autos sowie mehrere Hundert elektrische Lkw. Die Privatkunden stammten hauptsächlich aus der Oberschicht, darunter Erfinder Thomas Edison, First Lady Mamie Eisenhower, die Bankiersfamilie Rockefeller sowie Henry Fords Ehefrau Clara – und Dorette Duck, die Großmutter von Donald Duck.

Modell 68/17 B (Baujahr 1909) von Detroit Electric Car Co., ehemaliger Wagen der Ehefrau von John Rockefeller, im Museum Autovision in Altlußheim bei Hockenheim. Foto: Claus Ableiter, CC BY-SA 4.0
Um 1912 waren in den USA bereits 33.800 E-Autos registriert – weit mehr als ein Drittel aller Fahrzeuge. Insgesamt nutzten damals 38 Prozent aller Fahrzeuge elektrische Antriebe, knapp in den Schatten gestellt von dampfbetriebenen Fahrzeugen (40 Prozent). Weniger als jedes vierte Auto fuhr mit Benzin oder ähnlichen Kraftstoffen.
Trotz der vielen Weiterentwicklungen der Elektromobilität um 1900 und Erfolge einiger der damals weltweit über 500 E-Auto-Hersteller konnten sich die batteriebetriebenen Autos nicht durchsetzen. Die Ladezeiten waren zu lang, die Reichweite zu kurz. Auch das Ladenetz war zu dünn. Zudem waren die Modelle für den Großteil der Bevölkerung in der Regel zu teuer.
Letztlich besiegelte eine andere elektrische Erfindung das vorläufige Aus der E-Autos: der Startermotor, der die Anlasserkurbel ersetzte und einen großen, wenn nicht den größten, Nachteil dieser Antriebsart beseitigte. Während E-Autos an ihrer begrenzten Alltagstauglichkeit scheiterten, wurden Verbrenner durch das komfortable Starten genau das. 1920 war das goldene Zeitalter der E-Autos in den USA vorerst vorbei.
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Wie geht es weiter?
Man sagt, Geschichte wiederholt sich nicht, doch wer die Entwicklung der E-Autos weiter verfolgt, kommt um das ein oder andere Déjà-vu wohl nicht herum:
Einem holprigen Neustart folgt eine mehrjährige Pause. Fortschritte in der Batterietechnik ebnen den Weg, zunächst für Pioniere, dann lockt die Aussicht auf hohe Stückzahlen neue Akteure auf den Plan. Namen wie Henney und Sebring-Vanguard nehmen die Rollen von Trouvé und Siemens ein. General Electric und Ford ersetzen Fritchle und Porsche. Und dann wäre da noch Elon Musk – sowie eine lange Liste altbekannter Herausforderungen. Alle Einzelheiten im Detail lesen Sie im zweiten Teil des Artikels.
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