Mit Lichtgeschwindigkeit ins KI-Zeitalter – Deutschland führt bei photonischen Computern

In Kürze:
Photonische Computer sind schneller und energieeffizienter als digitale Rechensysteme.
Deutschland ist führend in dieser Technologie. Am Dienstag, 22. Juli, wurde der erste photonische Server am Leibniz-Rechenzentrum nahe München in Betrieb genommen.
Von KI bis Wetterbericht: Nochmals stark erhöhte Rechenleistung macht die Technik besonders prädestiniert für große Datenmengen und aufwendigste Berechnungen.
Heimanwender werden photonische Rechenchips kaum direkt nutzen können, profitieren aber bei fortschreitender Auslagerung von Rechenleistung in die Cloud indirekt.
Eine neue Ära des Computings hat begonnen: Photonische Computer nutzen für Berechnungen Licht (Photonen) statt Strom (Elektronen). Dieses Konzept verspricht eine fundamentale Veränderung der Datenverarbeitung, insbesondere im Kontext der rasant wachsenden Anforderungen der Künstlichen Intelligenz (KI). So könnte sich der Stromverbrauch von Rechenzentren, stark durch KI getrieben, bis 2030 mehr als vervierfachen. Photonische Chips bieten eine entscheidende Lösung, diesen Energiebedarf einzudämmen und Rechenzentren nachhaltiger zu gestalten.
Das Unternehmen Q.ANT aus Stuttgart hat hier einen entscheidenden Durchbruch erzielt: Sein photonischer Prozessor ist der erste kommerziell verfügbare Chip dieser Art und wird bereits seit Ende 2024 angeboten. Erste Kunden sind Firmen für Forschungszwecke, unter anderem das Leibniz-Rechenzentrum in Bayern, welches seinen photonischen Computer am 22. Juli feierlich in Betrieb genommen hat.
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Deutsche Firmen an der Weltspitze
Die Geschwindigkeit dieser neuen Technologie ist schwer vorstellbar:
Q.ANTs Prozessor soll 50-mal schneller sein als herkömmliche Chips und dabei 30-mal weniger Energie verbrauchen, vor allem beim Training neuronaler Netzwerke auf einem einzelnen Prozessor. Hochskaliert auf Server wird ein Energievorteil bis fast Faktor 100 erwartet.
Light Intelligence aus den USA wirbt damit, bei bestimmten Aufgaben über 800-mal schneller zu sein. Light Matter, ebenfalls aus den USA, zeigt, dass ihr photonischer Prozessor eine Matrixmultiplikation (128 × 128), eine Kernoperation in der KI, in nur etwa 200 Pikosekunden (0,2 Nanosekunden) durchführen kann. Das ist rund 1.000-mal schneller, als ein herkömmlicher Grafikchip für die gleiche Aufgabe benötigt.
Auch im Bereich der Datenverbindungen, der sogenannten Interconnects, arbeiten graphenbasierte Lösungen etwa 100- bis 1.000-fach schneller. Light Matter erreicht hier Geschwindigkeiten von bis zu 114 Terabit pro Sekunde. Das entspricht rechnerisch der Übertragung von knapp 60 Blu-Ray-Discs in einem Wimpernschlag.
Die Marktchancen für photonische Computer sind enorm, da Rechnen mit Lichtgeschwindigkeit in den nächsten fünf Jahren ein wesentlicher Bestandteil von Hochleistungsrechenzentren werden soll, besonders im KI-Kontext. Verschiedene Unternehmen treiben die Entwicklung voran:
- Q.ANT (Deutschland) mit seinem kommerziellen Prozessor auf Basis von Lithiumniobat
- Light Matter (USA) mit einem neuen lichtbasierten Computer für KI-Workloads und führend bei photonischen Interconnects
- Black Semiconductor (Deutschland), das an graphenbasierten optischen Chips für Rechenzentren arbeitet und eine eigene Graphenproduktionsanlage in Deutschland baut
- Auch Forschungseinrichtungen wie das MIT entwickeln photonische Chips.
- Große Chiphersteller wie TSMC, Intel und Samsung untersuchen die Integration von Graphen in zukünftige Interconnects.
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Das Leibniz-Rechenzentrum rechnet jetzt auch mit Licht. Dr. Michael Förtsch, CEO von Q-ANT (l.), und Prof. Dr. Dieter Kranzlmüller, Leiter des LRZ (r.), bei der feierlichen Inbetriebnahme des photonischen Computers. Foto: Q.ANT GmbH
Ein Vergleich zwischen Licht und Strom
Der Kernunterschied digitaler und optischer Recheneinheiten liegt im Medium der Informationsübertragung und -verarbeitung:
Elektronische (digitale) Chips …
- nutzen Strom (Elektronen), der durch feine Metallkabel, oft Kupfer, fließt.
- arbeiten digital mit zwei Zuständen: 0 oder 1.
- bestehen aus unzähligen Transistoren, die als Schalter den Stromfluss steuern.
Wesentlicher Nachteil ist, dass der Stromfluss Widerstand und Abwärme erzeugt, weshalb diese Chips Kühlung benötigen. Zudem wird der Datenfluss bei jedem Schaltvorgang, zum Beispiel von 0 auf 1, gestoppt, um Kondensatoren zu laden oder zu entladen, was die Geschwindigkeit begrenzt. Ihr Vorteil liegt in der Erreichung sehr hoher Präzision von typischerweise 15 bis 16 Nachkommastellen. Ihre Leistungssteigerung hing bisher stark von der Miniaturisierung ab, die inzwischen an physikalische Grenzen stößt.
Photonische (optische) Chips …
- nutzen Licht (Photonen), das sich nahezu widerstandslos ausbreitet.
- arbeiten analog mit kontinuierlichen Signalen und vielen Zuständen.
Dabei werden Informationen direkt in den Eigenschaften des Lichts, wie Amplitude, Phasenverschiebung, Polarisation, gespeichert und durch die Überlagerung von Lichtwellen (Interferenz) berechnet. Da Licht kaum Widerstand erfährt, entsteht keine Abwärme. Eine Kühlung ist deshalb nicht nötig. Dadurch sind photonische Chips extrem energieeffizient. Daten können parallel verarbeitet werden, da Licht auf vielfältige Weise manipuliert und mehrere Berechnungen gleichzeitig durchgeführt werden können, beispielsweise durch Nutzung verschiedener Wellenlängen. Licht muss nicht „anhalten“, um Kondensatoren zu laden oder zu entladen.
Mit Lichtgeschwindigkeit auf der Datenautobahn
Historisch waren photonische Computer ungenauer, doch Fortschritte – Q.ANT arbeitet mit vier Nachkommastellen, Light Matter mit nahezu sieben Nachkommastellen – machen sie für viele Anwendungen nutzbar. Zudem sind sie nicht auf extreme Miniaturisierung wie elektronische Chips angewiesen, können aber durch die Nutzung verschiedener Lichteigenschaften eine hohe Rechendichte erreichen.
Viele Daten, mit denen KI arbeitet, einschließlich Bild- und Audioinformationen, sind von Natur aus analog. Photonische Chips arbeiten ebenfalls analog, was die energieaufwendige Umwandlung in digitale Signale überflüssig macht. Oder um es bildlich zu formulieren: Stellen Sie sich photonische Computer als eine Datenautobahn vor. Während herkömmliche Computer auf Schotterpisten mit Stau und hohem Benzinverbrauch fahren, gleitet Licht nahezu widerstandslos dahin, ohne dass der Verkehr jemals anhalten muss oder Tankstellen benötigt werden.
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Ganz ohne Staugefahr geht es dann allerdings doch nicht. Da Datenspeicher und die meisten Computersysteme weiterhin elektrisch sind, erfordern photonische Recheneinheiten dennoch eine Umwandlung von elektrischen zu optischen Signalen und umgekehrt. Dies erfolgt quasi an den Auf- und Abfahrten der Datenautobahn. Q.ANT sieht dies jedoch nicht als großes Problem, da keine Zwischenspeicher nötig sind – sprich, die Datenautobahn weder Baustellen noch Rastplätze aufweist.
Vom Labor zum Rechenzentrum: Entwicklungsstand und Zukunftsperspektiven
Photonische Computer befinden sich in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium. Mit dem kommerziell verfügbaren Prozessor von Q.ANT wurde ein wichtiger Meilenstein erreicht.
Q.ANT hat bereits eine Pilotproduktionslinie in Stuttgart, und Black Semiconductor baut eine eigene Graphenproduktionsanlage in Deutschland, die ab 2026 in Betrieb gehen soll. Light Matter hat ebenfalls bereits einen neuen lichtbasierten Computer auf den Markt gebracht.
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Der Einsatz photonischer Chips wird in den meisten Fällen zunächst hybrid erfolgen:
- Q.ANT betont die Kompatibilität seiner Prozessoren mit bestehender Hardware und Software.
- Light Matter integriert sogenannte photonische „Tensor Cores“ mit elektronischen Chips. Tensor Cores beschleunigen mathematische Kernoperationen. Die elektronischen Chips übernehmen dabei Aufgaben wie die Kommunikation und nicht lineare mathematische Operationen, während die rechenintensiven linearen Operationen im Lichtbereich stattfinden.
- Ein weiterer wichtiger Bereich sind photonische Datenverbindungen, die Kupfer in Rechenzentren ersetzen sollen. Diese werden als erster Schritt zur flächendeckenden Einführung der Photonik gesehen.
- Für allgemeine Rechenaufgaben wie das Ausführen von Betriebssystemen, zum Beispiel Linux oder Windows, sind photonische Chips derzeit nicht geeignet, da sie Probleme mit logischen Operationen haben und keine integrierten Speicherlösungen bieten. Sie sind daher ideal als spezialisierte Beschleuniger.
Für den privaten Endanwender – etwa zum Zocken oder Arbeiten zu Hause – werden photonische Chips in den nächsten Jahren wahrscheinlich keine direkte Rolle spielen. Stattdessen ist zu erwarten, dass die Rechenleistung zukünftig verstärkt in der Cloud stattfindet und private Geräte vor allem als Verbindungspunkte dienen. Photonische Computer werden die Leistungsfähigkeit und Energieeffizienz der dafür notwendigen Hochleistungsrechenzentren revolutionieren.
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